wollten, wurde er immer noch mehr verhetzt, und so kam er von einem Schabernack zum andern. Die ärgsten Streiche erfuhr der Alte gar nicht, die sind von der Mutter vertuscht worden. Da ist mancher Sechsbätzner, mancher Krug Wein als Schmerzengeld hinter seinem Rücken aus der Sonne gewandert.
Wenn man dem Ding nachdenkt, sagte der obere Müller, so hat es mit so einem verzogenen Söhnle eigentlich nicht anders kommen können. Ich glaub', ein Anderer wär' auch so geworden.
Vielleicht lauft er sich die Hörner noch ab, versetzte der Jüngere. Wiewohl, es wird schwer halten. Er ist eben einmal an die Ge¬ waltthätigkeit gewöhnt. Wenn man ihm irgendwie einen Riegel vor die Thür' schiebt, so muß er mit dem Kopf durch die Wand, das thut er nicht anders.
Ja und sein Hochmuth wird ihn auch nicht anders werden lassen, sagte der Fischer: denn das ist der Hauptteufel, der ihn reitet.
Der steckt in der ganzen Sippschaft. Ist die Magdalene vorhin wieder hereingekommen? Nein, weil man sich einen kleinen Spaß mit ihr herausgenommen hat, so hat sie den Wein durch die Mutter geschickt.
Aha! sagte der ältere Müller leise, dem Fischer zuwinkend: hast ihn hören trappen?
Immer hat er sich für was Besonderes gehalten, fuhr dieser fort, ohne auf die Bemerkung Acht zu geben. Ha, wenn ich nur daran denke, was er mir einmal für eine Zumuthung gemacht hat! Das war das einzige Mal, daß ich was Apartes in die Schule mitbrachte, wo ich mir was drauf zu gut thun konnte. Der Herzog war eben vorher durch den Flecken gefahren, und da fand meine Mutter auf der Straße ein kleines Stück hellblauen Sammet, Gott weiß, woher und wie er auf den Boden gefallen war. Meine Mutter wußte nicht was damit thun, nun zerschnitt sie's in Läpplein und machte mir eine Windmühle, wißt ihr, wie's die Buben an Stecken haben; wenn sie damit springen, so dreht sich's herum. Das Ding sah hof¬ färtig aus und die ganze Schule hatte Respect davor. Den Sonnen¬ wirthle aber verdroß es, daß er mir's zum ersten Mal nicht gleich thun konnte; er ließ sich aber nichts anmerken, sondern verspottete mich und schalt mich den herzoglichen Windmüller. Da war's auch bei den
wollten, wurde er immer noch mehr verhetzt, und ſo kam er von einem Schabernack zum andern. Die ärgſten Streiche erfuhr der Alte gar nicht, die ſind von der Mutter vertuſcht worden. Da iſt mancher Sechsbätzner, mancher Krug Wein als Schmerzengeld hinter ſeinem Rücken aus der Sonne gewandert.
Wenn man dem Ding nachdenkt, ſagte der obere Müller, ſo hat es mit ſo einem verzogenen Söhnle eigentlich nicht anders kommen können. Ich glaub', ein Anderer wär' auch ſo geworden.
Vielleicht lauft er ſich die Hörner noch ab, verſetzte der Jüngere. Wiewohl, es wird ſchwer halten. Er iſt eben einmal an die Ge¬ waltthätigkeit gewöhnt. Wenn man ihm irgendwie einen Riegel vor die Thür' ſchiebt, ſo muß er mit dem Kopf durch die Wand, das thut er nicht anders.
Ja und ſein Hochmuth wird ihn auch nicht anders werden laſſen, ſagte der Fiſcher: denn das iſt der Hauptteufel, der ihn reitet.
Der ſteckt in der ganzen Sippſchaft. Iſt die Magdalene vorhin wieder hereingekommen? Nein, weil man ſich einen kleinen Spaß mit ihr herausgenommen hat, ſo hat ſie den Wein durch die Mutter geſchickt.
Aha! ſagte der ältere Müller leiſe, dem Fiſcher zuwinkend: haſt ihn hören trappen?
Immer hat er ſich für was Beſonderes gehalten, fuhr dieſer fort, ohne auf die Bemerkung Acht zu geben. Ha, wenn ich nur daran denke, was er mir einmal für eine Zumuthung gemacht hat! Das war das einzige Mal, daß ich was Apartes in die Schule mitbrachte, wo ich mir was drauf zu gut thun konnte. Der Herzog war eben vorher durch den Flecken gefahren, und da fand meine Mutter auf der Straße ein kleines Stück hellblauen Sammet, Gott weiß, woher und wie er auf den Boden gefallen war. Meine Mutter wußte nicht was damit thun, nun zerſchnitt ſie's in Läpplein und machte mir eine Windmühle, wißt ihr, wie's die Buben an Stecken haben; wenn ſie damit ſpringen, ſo dreht ſich's herum. Das Ding ſah hof¬ färtig aus und die ganze Schule hatte Reſpect davor. Den Sonnen¬ wirthle aber verdroß es, daß er mir's zum erſten Mal nicht gleich thun konnte; er ließ ſich aber nichts anmerken, ſondern verſpottete mich und ſchalt mich den herzoglichen Windmüller. Da war's auch bei den
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einem Schabernack zum andern. Die ärgſten Streiche erfuhr der
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mancher Sechsbätzner, mancher Krug Wein als Schmerzengeld hinter
ſeinem Rücken aus der Sonne gewandert.
Wenn man dem Ding nachdenkt, ſagte der obere Müller, ſo hat
es mit ſo einem verzogenen Söhnle eigentlich nicht anders kommen
können. Ich glaub', ein Anderer wär' auch ſo geworden.
Vielleicht lauft er ſich die Hörner noch ab, verſetzte der Jüngere.
Wiewohl, es wird ſchwer halten. Er iſt eben einmal an die Ge¬
waltthätigkeit gewöhnt. Wenn man ihm irgendwie einen Riegel
vor die Thür' ſchiebt, ſo muß er mit dem Kopf durch die Wand,
das thut er nicht anders.
Ja und ſein Hochmuth wird ihn auch nicht anders werden laſſen,
ſagte der Fiſcher: denn das iſt der Hauptteufel, der ihn reitet.
Der ſteckt in der ganzen Sippſchaft. Iſt die Magdalene vorhin
wieder hereingekommen? Nein, weil man ſich einen kleinen Spaß
mit ihr herausgenommen hat, ſo hat ſie den Wein durch die
Mutter geſchickt.
Aha! ſagte der ältere Müller leiſe, dem Fiſcher zuwinkend: haſt
ihn hören trappen?
Immer hat er ſich für was Beſonderes gehalten, fuhr dieſer fort,
ohne auf die Bemerkung Acht zu geben. Ha, wenn ich nur daran
denke, was er mir einmal für eine Zumuthung gemacht hat! Das
war das einzige Mal, daß ich was Apartes in die Schule mitbrachte,
wo ich mir was drauf zu gut thun konnte. Der Herzog war eben
vorher durch den Flecken gefahren, und da fand meine Mutter auf
der Straße ein kleines Stück hellblauen Sammet, Gott weiß, woher
und wie er auf den Boden gefallen war. Meine Mutter wußte
nicht was damit thun, nun zerſchnitt ſie's in Läpplein und machte
mir eine Windmühle, wißt ihr, wie's die Buben an Stecken haben;
wenn ſie damit ſpringen, ſo dreht ſich's herum. Das Ding ſah hof¬
färtig aus und die ganze Schule hatte Reſpect davor. Den Sonnen¬
wirthle aber verdroß es, daß er mir's zum erſten Mal nicht gleich thun
konnte; er ließ ſich aber nichts anmerken, ſondern verſpottete mich
und ſchalt mich den herzoglichen Windmüller. Da war's auch bei den
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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