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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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geschmissen worden. Nun möcht' ich doch wissen, ob ein abgedankter
Pfarrer auch noch copuliren kann.

Willst du dich denn in Ebersbach häuslich niederlassen und dem
Amt deinen Trauschein vorzeigen? fragte Bettelmelcher spöttisch.

Nein, das just nicht.

Nun, so gib dich zufrieden und sei froh, daß du's schwarz auf
weiß hast. Das Papier kann dir unter Umständen viel nutzen, es
kann dir statt eines Passes dienen, und wenn du dich mit deiner Frau
einmal in einem fremden Land irgendwo setzen willst, so kannst du
dich damit legitimiren. Meinst du denn, man frage überall so genau
darnach?

Ja, wenn's nur ein bisle etwas ist, bemerkte Christine, die es als
eine große Genugthuung empfand, endlich einmal urkundlich, wie auch
die Urkunde beschaffen sein mochte, verheirathet zu sein.

Friedrich beruhigte sich. Sie zahlten ihre Zeche und gingen bald
darauf zu Bette.

Morgens fanden sie sich beim Frühstück wieder zusammen, wie
Gäste, die sich zufällig in der gemeinsamen Herberge kennen gelernt
haben. Der hinzugekommene Genosse machte dem Ehepaar keine
Schande: er sah jetzt beim Tageslicht in seinem braun und blau
melirten Rocke sehr ehrbar und wohlhabend aus, und benahm sich
äußerst gesetzt. Man speiste eine Milchsuppe, zu welcher der Wirth
silberne Löffel auflegte. Christine schien sich bei dieser vornehmen Be¬
wirthung behaglich zu fühlen; sie trat ihrem Manne auf den Fuß
und flüsterte ihm zu: Das ist ein kostbarer Wirth!

Beim Fortgehen schlug Bettelmelcher den entgegengesetzten Weg
ein, gesellte sich aber bald auf der Straße wieder zu ihnen. Nun muß
man doch auch auf ein Hochzeitsgeschenk für die junge Frau mit dem
achtjährigen Copulationsschein denken, sagte er lächelnd. Was wär'
denn etwa nach ihrem Gusto?

Christine lachte, nicht ungeschmeichelt, und erwiderte, man dürfe
sich ihretwegen nicht in Unkosten stürzen. Als er aber freundlich in
sie drang, zu sagen, ob sie in ihrem neuen Stande nicht irgend etwas
wünsche, versetzte sie, weniger gegen ihn als ihren Mann gewendet:
E Bißle erquickt en Aederle; ich brauch' nicht viel; wenn ich nur ein klein's
Pfännle hätt', daß ich mir hier und da etwas Warm's machen könnt'!

geſchmiſſen worden. Nun möcht' ich doch wiſſen, ob ein abgedankter
Pfarrer auch noch copuliren kann.

Willſt du dich denn in Ebersbach häuslich niederlaſſen und dem
Amt deinen Trauſchein vorzeigen? fragte Bettelmelcher ſpöttiſch.

Nein, das juſt nicht.

Nun, ſo gib dich zufrieden und ſei froh, daß du's ſchwarz auf
weiß haſt. Das Papier kann dir unter Umſtänden viel nutzen, es
kann dir ſtatt eines Paſſes dienen, und wenn du dich mit deiner Frau
einmal in einem fremden Land irgendwo ſetzen willſt, ſo kannſt du
dich damit legitimiren. Meinſt du denn, man frage überall ſo genau
darnach?

Ja, wenn's nur ein bisle etwas iſt, bemerkte Chriſtine, die es als
eine große Genugthuung empfand, endlich einmal urkundlich, wie auch
die Urkunde beſchaffen ſein mochte, verheirathet zu ſein.

Friedrich beruhigte ſich. Sie zahlten ihre Zeche und gingen bald
darauf zu Bette.

Morgens fanden ſie ſich beim Frühſtück wieder zuſammen, wie
Gäſte, die ſich zufällig in der gemeinſamen Herberge kennen gelernt
haben. Der hinzugekommene Genoſſe machte dem Ehepaar keine
Schande: er ſah jetzt beim Tageslicht in ſeinem braun und blau
melirten Rocke ſehr ehrbar und wohlhabend aus, und benahm ſich
äußerſt geſetzt. Man ſpeiſte eine Milchſuppe, zu welcher der Wirth
ſilberne Löffel auflegte. Chriſtine ſchien ſich bei dieſer vornehmen Be¬
wirthung behaglich zu fühlen; ſie trat ihrem Manne auf den Fuß
und flüſterte ihm zu: Das iſt ein koſtbarer Wirth!

Beim Fortgehen ſchlug Bettelmelcher den entgegengeſetzten Weg
ein, geſellte ſich aber bald auf der Straße wieder zu ihnen. Nun muß
man doch auch auf ein Hochzeitsgeſchenk für die junge Frau mit dem
achtjährigen Copulationsſchein denken, ſagte er lächelnd. Was wär'
denn etwa nach ihrem Guſto?

Chriſtine lachte, nicht ungeſchmeichelt, und erwiderte, man dürfe
ſich ihretwegen nicht in Unkoſten ſtürzen. Als er aber freundlich in
ſie drang, zu ſagen, ob ſie in ihrem neuen Stande nicht irgend etwas
wünſche, verſetzte ſie, weniger gegen ihn als ihren Mann gewendet:
E Bißle erquickt en Aederle; ich brauch' nicht viel; wenn ich nur ein klein's
Pfännle hätt', daß ich mir hier und da etwas Warm's machen könnt'!

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[396/0412] geſchmiſſen worden. Nun möcht' ich doch wiſſen, ob ein abgedankter Pfarrer auch noch copuliren kann. Willſt du dich denn in Ebersbach häuslich niederlaſſen und dem Amt deinen Trauſchein vorzeigen? fragte Bettelmelcher ſpöttiſch. Nein, das juſt nicht. Nun, ſo gib dich zufrieden und ſei froh, daß du's ſchwarz auf weiß haſt. Das Papier kann dir unter Umſtänden viel nutzen, es kann dir ſtatt eines Paſſes dienen, und wenn du dich mit deiner Frau einmal in einem fremden Land irgendwo ſetzen willſt, ſo kannſt du dich damit legitimiren. Meinſt du denn, man frage überall ſo genau darnach? Ja, wenn's nur ein bisle etwas iſt, bemerkte Chriſtine, die es als eine große Genugthuung empfand, endlich einmal urkundlich, wie auch die Urkunde beſchaffen ſein mochte, verheirathet zu ſein. Friedrich beruhigte ſich. Sie zahlten ihre Zeche und gingen bald darauf zu Bette. Morgens fanden ſie ſich beim Frühſtück wieder zuſammen, wie Gäſte, die ſich zufällig in der gemeinſamen Herberge kennen gelernt haben. Der hinzugekommene Genoſſe machte dem Ehepaar keine Schande: er ſah jetzt beim Tageslicht in ſeinem braun und blau melirten Rocke ſehr ehrbar und wohlhabend aus, und benahm ſich äußerſt geſetzt. Man ſpeiſte eine Milchſuppe, zu welcher der Wirth ſilberne Löffel auflegte. Chriſtine ſchien ſich bei dieſer vornehmen Be¬ wirthung behaglich zu fühlen; ſie trat ihrem Manne auf den Fuß und flüſterte ihm zu: Das iſt ein koſtbarer Wirth! Beim Fortgehen ſchlug Bettelmelcher den entgegengeſetzten Weg ein, geſellte ſich aber bald auf der Straße wieder zu ihnen. Nun muß man doch auch auf ein Hochzeitsgeſchenk für die junge Frau mit dem achtjährigen Copulationsſchein denken, ſagte er lächelnd. Was wär' denn etwa nach ihrem Guſto? Chriſtine lachte, nicht ungeſchmeichelt, und erwiderte, man dürfe ſich ihretwegen nicht in Unkoſten ſtürzen. Als er aber freundlich in ſie drang, zu ſagen, ob ſie in ihrem neuen Stande nicht irgend etwas wünſche, verſetzte ſie, weniger gegen ihn als ihren Mann gewendet: E Bißle erquickt en Aederle; ich brauch' nicht viel; wenn ich nur ein klein's Pfännle hätt', daß ich mir hier und da etwas Warm's machen könnt'!

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/412>, abgerufen am 21.11.2024.