einige Vornehme drunter, die du noch nicht kennst. Ich darf dir nur Einen verrathen, das ist der Amtmann von Adelberg --
Was? rief der Angeworbene lustig lachend. Den Börtlingern bricht ihr eigener Amtmann ein? Das geht ja noch über den Pfarrer von Dinkeltheim. Geh', es wird auch wieder ein abgedankter sein.
Es ist der abgekommene Amtmann Hallwachs von Adelberg, den man wegen eines Rests oder so was abgesetzt hat. Du wirst ihn mit eigenen Augen sehen.
Gleichviel, ich hab's einmal versprochen und bin dabei, wenn auch der Amtmann von Ebersbach selber dazu käme.
Um zehn Uhr heut Nacht wollen wir im Walde beim Wäschen¬ schlößchen zusammenkommen und von dort den Zug antreten, sagte Bettelmelcher zu den Andern. Ist's euch recht?
Alle drei riefen: Ja! Der scheele Christianus zog den Hut über das blinde Auge herab und machte sich zum Aufbruch fertig. Ich will vorher noch ein wenig schlafen, sagte er. Bettelmelcher und Schwamen¬ jackel sprachen die gleiche Absicht aus und redeten ihrem dritten Ge¬ nossen zu, der Ruhe mit ihnen zu pflegen. Dieser aber erwiderte, er habe noch einen Gang zu thun.
Denk' doch dran, daß du die ganze Nacht aufgewesen bist, sagte die schwarze Christine zu ihm. Gönn' dir doch ein wenig Schlaf.
Bettelmelcher witzelte über diesen Zuspruch.
O, ich weiß wohl, wo er hingeht! rief sie.
Die Liebe brennt heiß, sagte Bettelmelcher, aber das Feuer der Eifersucht ist noch weit größer.
Ich, eifersüchtig? rief sie und war mit einem Sprung verschwun¬ den. Man hörte sie den Berg hinunter lachen.
Um zehn Uhr stoß' ich zu euch, sagte er zu den drei Männern, welche hierauf gleichfalls den Berg hinabstiegen.
Er wählte einen Fußweg, der, ohne das unter dem Gipfel lie¬ gende Dorf zu berühren, am Hohenstaufen hinführte und nach dem Walde hinablief. Unterwegs mußte er von Zeit zu Zeit unwillkürlich stehen bleiben und nach dem Orte hinblicken, der diese Nacht der Schauplatz einer That sein sollte, welche sich, das fühlte er wohl, von allen seinen bisherigen Uebertretungen stark unterschied. Das bedrohte Dorf lag, von Obstbäumen umgeben, wie im Schoße des Friedens
einige Vornehme drunter, die du noch nicht kennſt. Ich darf dir nur Einen verrathen, das iſt der Amtmann von Adelberg —
Was? rief der Angeworbene luſtig lachend. Den Börtlingern bricht ihr eigener Amtmann ein? Das geht ja noch über den Pfarrer von Dinkeltheim. Geh', es wird auch wieder ein abgedankter ſein.
Es iſt der abgekommene Amtmann Hallwachs von Adelberg, den man wegen eines Reſts oder ſo was abgeſetzt hat. Du wirſt ihn mit eigenen Augen ſehen.
Gleichviel, ich hab's einmal verſprochen und bin dabei, wenn auch der Amtmann von Ebersbach ſelber dazu käme.
Um zehn Uhr heut Nacht wollen wir im Walde beim Wäſchen¬ ſchlößchen zuſammenkommen und von dort den Zug antreten, ſagte Bettelmelcher zu den Andern. Iſt's euch recht?
Alle drei riefen: Ja! Der ſcheele Chriſtianus zog den Hut über das blinde Auge herab und machte ſich zum Aufbruch fertig. Ich will vorher noch ein wenig ſchlafen, ſagte er. Bettelmelcher und Schwamen¬ jackel ſprachen die gleiche Abſicht aus und redeten ihrem dritten Ge¬ noſſen zu, der Ruhe mit ihnen zu pflegen. Dieſer aber erwiderte, er habe noch einen Gang zu thun.
Denk' doch dran, daß du die ganze Nacht aufgeweſen biſt, ſagte die ſchwarze Chriſtine zu ihm. Gönn' dir doch ein wenig Schlaf.
Bettelmelcher witzelte über dieſen Zuſpruch.
O, ich weiß wohl, wo er hingeht! rief ſie.
Die Liebe brennt heiß, ſagte Bettelmelcher, aber das Feuer der Eiferſucht iſt noch weit größer.
Ich, eiferſüchtig? rief ſie und war mit einem Sprung verſchwun¬ den. Man hörte ſie den Berg hinunter lachen.
Um zehn Uhr ſtoß' ich zu euch, ſagte er zu den drei Männern, welche hierauf gleichfalls den Berg hinabſtiegen.
Er wählte einen Fußweg, der, ohne das unter dem Gipfel lie¬ gende Dorf zu berühren, am Hohenſtaufen hinführte und nach dem Walde hinablief. Unterwegs mußte er von Zeit zu Zeit unwillkürlich ſtehen bleiben und nach dem Orte hinblicken, der dieſe Nacht der Schauplatz einer That ſein ſollte, welche ſich, das fühlte er wohl, von allen ſeinen bisherigen Uebertretungen ſtark unterſchied. Das bedrohte Dorf lag, von Obſtbäumen umgeben, wie im Schoße des Friedens
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einige Vornehme drunter, die du noch nicht kennſt. Ich darf dir nur
Einen verrathen, das iſt der Amtmann von Adelberg —
Was? rief der Angeworbene luſtig lachend. Den Börtlingern
bricht ihr eigener Amtmann ein? Das geht ja noch über den Pfarrer
von Dinkeltheim. Geh', es wird auch wieder ein abgedankter ſein.
Es iſt der abgekommene Amtmann Hallwachs von Adelberg, den
man wegen eines Reſts oder ſo was abgeſetzt hat. Du wirſt ihn mit
eigenen Augen ſehen.
Gleichviel, ich hab's einmal verſprochen und bin dabei, wenn auch
der Amtmann von Ebersbach ſelber dazu käme.
Um zehn Uhr heut Nacht wollen wir im Walde beim Wäſchen¬
ſchlößchen zuſammenkommen und von dort den Zug antreten, ſagte
Bettelmelcher zu den Andern. Iſt's euch recht?
Alle drei riefen: Ja! Der ſcheele Chriſtianus zog den Hut über
das blinde Auge herab und machte ſich zum Aufbruch fertig. Ich will
vorher noch ein wenig ſchlafen, ſagte er. Bettelmelcher und Schwamen¬
jackel ſprachen die gleiche Abſicht aus und redeten ihrem dritten Ge¬
noſſen zu, der Ruhe mit ihnen zu pflegen. Dieſer aber erwiderte, er
habe noch einen Gang zu thun.
Denk' doch dran, daß du die ganze Nacht aufgeweſen biſt, ſagte
die ſchwarze Chriſtine zu ihm. Gönn' dir doch ein wenig Schlaf.
Bettelmelcher witzelte über dieſen Zuſpruch.
O, ich weiß wohl, wo er hingeht! rief ſie.
Die Liebe brennt heiß, ſagte Bettelmelcher, aber das Feuer der
Eiferſucht iſt noch weit größer.
Ich, eiferſüchtig? rief ſie und war mit einem Sprung verſchwun¬
den. Man hörte ſie den Berg hinunter lachen.
Um zehn Uhr ſtoß' ich zu euch, ſagte er zu den drei Männern,
welche hierauf gleichfalls den Berg hinabſtiegen.
Er wählte einen Fußweg, der, ohne das unter dem Gipfel lie¬
gende Dorf zu berühren, am Hohenſtaufen hinführte und nach dem
Walde hinablief. Unterwegs mußte er von Zeit zu Zeit unwillkürlich
ſtehen bleiben und nach dem Orte hinblicken, der dieſe Nacht der
Schauplatz einer That ſein ſollte, welche ſich, das fühlte er wohl, von
allen ſeinen bisherigen Uebertretungen ſtark unterſchied. Das bedrohte
Dorf lag, von Obſtbäumen umgeben, wie im Schoße des Friedens
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/425>, abgerufen am 13.06.2024.
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