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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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abgefordert, auf dem Pferdt sitzend, vor die Oberamtey geführt, und
als er anfänglich von dem Oberamtsscribenten Heermann, und bald
darauf auch von mir, dem Oberamtmann selbsten, unter dem Hauß
gefragt wurde, wer er seye? wo er herkomme? und wohin er wolle?
darauff zur Antwortt gab: daß er ein Crämer: von Pforzheim komme:
bey dasigem Schwerdtwirth ein krankes Weib liegen habe, und nun,
um einen Doctor zu consuliren, nacher Schozach oder Hofen reutten
wolle! da aber Oberamtmann, seiner ganz unverdächtig geschienenen
Pässe ohngeachtet, (deren 2 unter dem großen Stadtsigill von Stra߬
burg, under dem 10. April und 14. Sept. 1759, der dritte aber
von Comburg und unterm 16. Januarii 1760 datirt und ausgefert¬
tiget waren) eine gewieße Alteration an ihm wahrgenommen zu haben
glaubte, und ihm deßwegen in faciem befahl, daß er absteigen und
mit ihm in die Amtsstube heraufgehen solle, alsogleich das Pferdt
umwandte und in vollem Galopp gegen dem Enzweihinger Thor zu¬
ritt, unter diesem Thor aber, auf das Rufen gedachten Scribentens,
der ihn durch einen nähern Weeg coupirt und mit ihm vor das Thor
kam, von dem Pferdt abstieg, gegen den Schlosser Mathäus Brechten
auf sein Zurufen: daß er ihm den Schmidhammer in Kopf werfe,
wann er nicht halten würde! eines seiner 2 unter dem Rock-Futher
versteckt - gehabt - scharffgeladenen Pistohlen hervorzog, solches, nach¬
dem ihm Brecht hierauf auf den Leib sprang, und von hinten her
umfasset, demselbigen an den untern Leib drückete, auch, nach seiner
ungezweiffelten Absicht, auf ihn abgefeuert haben würde, wo er nicht
den Hahnen zu spannen vergessen, und durch Hülffe des bald darauff
dazu gesprungenen Mezgersjungen, Schemels, und dessen Meisters,
Leonhardt Arlets, überwältiget worden wäre. Nach diesem Vorgang
wurde er in die Oberamtey geführet, stellte sich daselbst ganz betrunken,
beklagte sich über das harte Tractament der Leuthe, die ihn bey¬
gefangen, und ließ weiter keine verständliche Antwortt von sich kommen,
als daß er sagte, er sey ein kaiserlicher Deserteur, heiße Johannes
Klein, die Pässe und das Pferdt gehören einem Mann, der ihm letz¬
teres geliehen, etliche Stund vorausgegangen und heute frühe bey
Heilbronn Seiner erwartten werde; Weil man nun über alles dieses
nichts als: Kugeln, Pulver, Schwefelhölzlen, Feuerstahl, Stein, Zun¬
del, ein Fingerlanges Wax-Kerzlen und ein hebräisches Wörter¬

abgefordert, auf dem Pferdt ſitzend, vor die Oberamtey geführt, und
als er anfänglich von dem Oberamtsſcribenten Heermann, und bald
darauf auch von mir, dem Oberamtmann ſelbſten, unter dem Hauß
gefragt wurde, wer er ſeye? wo er herkomme? und wohin er wolle?
darauff zur Antwortt gab: daß er ein Crämer: von Pforzheim komme:
bey daſigem Schwerdtwirth ein krankes Weib liegen habe, und nun,
um einen Doctor zu conſuliren, nacher Schozach oder Hofen reutten
wolle! da aber Oberamtmann, ſeiner ganz unverdächtig geſchienenen
Päſſe ohngeachtet, (deren 2 unter dem großen Stadtſigill von Stra߬
burg, under dem 10. April und 14. Sept. 1759, der dritte aber
von Comburg und unterm 16. Januarii 1760 datirt und ausgefert¬
tiget waren) eine gewieße Alteration an ihm wahrgenommen zu haben
glaubte, und ihm deßwegen in faciem befahl, daß er abſteigen und
mit ihm in die Amtsſtube heraufgehen ſolle, alſogleich das Pferdt
umwandte und in vollem Galopp gegen dem Enzweihinger Thor zu¬
ritt, unter dieſem Thor aber, auf das Rufen gedachten Scribentens,
der ihn durch einen nähern Weeg coupirt und mit ihm vor das Thor
kam, von dem Pferdt abſtieg, gegen den Schloſſer Mathäus Brechten
auf ſein Zurufen: daß er ihm den Schmidhammer in Kopf werfe,
wann er nicht halten würde! eines ſeiner 2 unter dem Rock-Futher
verſteckt - gehabt - ſcharffgeladenen Piſtohlen hervorzog, ſolches, nach¬
dem ihm Brecht hierauf auf den Leib ſprang, und von hinten her
umfaſſet, demſelbigen an den untern Leib drückete, auch, nach ſeiner
ungezweiffelten Abſicht, auf ihn abgefeuert haben würde, wo er nicht
den Hahnen zu ſpannen vergeſſen, und durch Hülffe des bald darauff
dazu geſprungenen Mezgersjungen, Schemels, und deſſen Meiſters,
Leonhardt Arlets, überwältiget worden wäre. Nach dieſem Vorgang
wurde er in die Oberamtey geführet, ſtellte ſich daſelbſt ganz betrunken,
beklagte ſich über das harte Tractament der Leuthe, die ihn bey¬
gefangen, und ließ weiter keine verſtändliche Antwortt von ſich kommen,
als daß er ſagte, er ſey ein kaiſerlicher Deserteur, heiße Johannes
Klein, die Päſſe und das Pferdt gehören einem Mann, der ihm letz¬
teres geliehen, etliche Stund vorausgegangen und heute frühe bey
Heilbronn Seiner erwartten werde; Weil man nun über alles dieſes
nichts als: Kugeln, Pulver, Schwefelhölzlen, Feuerſtahl, Stein, Zun¬
del, ein Fingerlanges Wax-Kerzlen und ein hebräiſches Wörter¬

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[442/0458] abgefordert, auf dem Pferdt ſitzend, vor die Oberamtey geführt, und als er anfänglich von dem Oberamtsſcribenten Heermann, und bald darauf auch von mir, dem Oberamtmann ſelbſten, unter dem Hauß gefragt wurde, wer er ſeye? wo er herkomme? und wohin er wolle? darauff zur Antwortt gab: daß er ein Crämer: von Pforzheim komme: bey daſigem Schwerdtwirth ein krankes Weib liegen habe, und nun, um einen Doctor zu conſuliren, nacher Schozach oder Hofen reutten wolle! da aber Oberamtmann, ſeiner ganz unverdächtig geſchienenen Päſſe ohngeachtet, (deren 2 unter dem großen Stadtſigill von Stra߬ burg, under dem 10. April und 14. Sept. 1759, der dritte aber von Comburg und unterm 16. Januarii 1760 datirt und ausgefert¬ tiget waren) eine gewieße Alteration an ihm wahrgenommen zu haben glaubte, und ihm deßwegen in faciem befahl, daß er abſteigen und mit ihm in die Amtsſtube heraufgehen ſolle, alſogleich das Pferdt umwandte und in vollem Galopp gegen dem Enzweihinger Thor zu¬ ritt, unter dieſem Thor aber, auf das Rufen gedachten Scribentens, der ihn durch einen nähern Weeg coupirt und mit ihm vor das Thor kam, von dem Pferdt abſtieg, gegen den Schloſſer Mathäus Brechten auf ſein Zurufen: daß er ihm den Schmidhammer in Kopf werfe, wann er nicht halten würde! eines ſeiner 2 unter dem Rock-Futher verſteckt - gehabt - ſcharffgeladenen Piſtohlen hervorzog, ſolches, nach¬ dem ihm Brecht hierauf auf den Leib ſprang, und von hinten her umfaſſet, demſelbigen an den untern Leib drückete, auch, nach ſeiner ungezweiffelten Abſicht, auf ihn abgefeuert haben würde, wo er nicht den Hahnen zu ſpannen vergeſſen, und durch Hülffe des bald darauff dazu geſprungenen Mezgersjungen, Schemels, und deſſen Meiſters, Leonhardt Arlets, überwältiget worden wäre. Nach dieſem Vorgang wurde er in die Oberamtey geführet, ſtellte ſich daſelbſt ganz betrunken, beklagte ſich über das harte Tractament der Leuthe, die ihn bey¬ gefangen, und ließ weiter keine verſtändliche Antwortt von ſich kommen, als daß er ſagte, er ſey ein kaiſerlicher Deserteur, heiße Johannes Klein, die Päſſe und das Pferdt gehören einem Mann, der ihm letz¬ teres geliehen, etliche Stund vorausgegangen und heute frühe bey Heilbronn Seiner erwartten werde; Weil man nun über alles dieſes nichts als: Kugeln, Pulver, Schwefelhölzlen, Feuerſtahl, Stein, Zun¬ del, ein Fingerlanges Wax-Kerzlen und ein hebräiſches Wörter¬

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/458>, abgerufen am 22.11.2024.