Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.seiner Seite war, wiegte sich ein wenig auf dem Stuhle hin und her, um seine Kräfte zu erproben, stand darin bolzgerade auf, blieb einen Augenblick unbeweglich stehen, und -- weg war er! Auch Eduard war eben so schnell den nacheilenden Blicken Wilhelm's entschwunden. Indessen hatte die poetische Gerechtigkeit ihren Weg auch zu dem kleinen Pfarrer gefunden, durch dessen Tücke dieser rasche Abgang bewirkt worden war. Er lag zappelnd mit dem Stuhl am Boden und streckte wehmüthig die Beinchen in die Höhe. Ob ihn der Pfarrer von Y . . . burg bei seinem kometenartigen Dahinstrahlen unwillkürlich oder aber absichtlich, zum Entgelt für seine freundnachbarliche Mittheilung zu Boden gerissen hatte, hierüber konnte man nur Muthmaßungen hegen; daß er es war, der ihn gefällt, das stand außer Zweifel. Nachdem der kleine Pfarrer wieder ajustirt war, erging sich die Gesellschaft in unverhohlenen Mißbilligungsäußerungen über den Abgegangenen, und zwar vor Allem und ganz insonderheitlich über seine Unart, ohne Gutenacht fortzugehen. Französische Abschiede waren dazumal noch etwas Seltenes. Alles war am Ende einig, er sei ein verkappter Jesuit. Indessen war und blieb die Stimmung gestört, der schöne Abend verdorben. Vergebens suchte man den Pfarrer von A . . . berg zu beschwichtigen. So oft er seiner Seite war, wiegte sich ein wenig auf dem Stuhle hin und her, um seine Kräfte zu erproben, stand darin bolzgerade auf, blieb einen Augenblick unbeweglich stehen, und — weg war er! Auch Eduard war eben so schnell den nacheilenden Blicken Wilhelm's entschwunden. Indessen hatte die poetische Gerechtigkeit ihren Weg auch zu dem kleinen Pfarrer gefunden, durch dessen Tücke dieser rasche Abgang bewirkt worden war. Er lag zappelnd mit dem Stuhl am Boden und streckte wehmüthig die Beinchen in die Höhe. Ob ihn der Pfarrer von Y . . . burg bei seinem kometenartigen Dahinstrahlen unwillkürlich oder aber absichtlich, zum Entgelt für seine freundnachbarliche Mittheilung zu Boden gerissen hatte, hierüber konnte man nur Muthmaßungen hegen; daß er es war, der ihn gefällt, das stand außer Zweifel. Nachdem der kleine Pfarrer wieder ajustirt war, erging sich die Gesellschaft in unverhohlenen Mißbilligungsäußerungen über den Abgegangenen, und zwar vor Allem und ganz insonderheitlich über seine Unart, ohne Gutenacht fortzugehen. Französische Abschiede waren dazumal noch etwas Seltenes. Alles war am Ende einig, er sei ein verkappter Jesuit. Indessen war und blieb die Stimmung gestört, der schöne Abend verdorben. Vergebens suchte man den Pfarrer von A . . . berg zu beschwichtigen. So oft er <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0119"/> seiner Seite war, wiegte sich ein wenig auf dem Stuhle hin und her, um seine Kräfte zu erproben, stand darin bolzgerade auf, blieb einen Augenblick unbeweglich stehen, und — weg war er!</p><lb/> <p>Auch Eduard war eben so schnell den nacheilenden Blicken Wilhelm's entschwunden.</p><lb/> <p>Indessen hatte die poetische Gerechtigkeit ihren Weg auch zu dem kleinen Pfarrer gefunden, durch dessen Tücke dieser rasche Abgang bewirkt worden war. Er lag zappelnd mit dem Stuhl am Boden und streckte wehmüthig die Beinchen in die Höhe. Ob ihn der Pfarrer von Y . . . burg bei seinem kometenartigen Dahinstrahlen unwillkürlich oder aber absichtlich, zum Entgelt für seine freundnachbarliche Mittheilung zu Boden gerissen hatte, hierüber konnte man nur Muthmaßungen hegen; daß er es war, der ihn gefällt, das stand außer Zweifel.</p><lb/> <p>Nachdem der kleine Pfarrer wieder ajustirt war, erging sich die Gesellschaft in unverhohlenen Mißbilligungsäußerungen über den Abgegangenen, und zwar vor Allem und ganz insonderheitlich über seine Unart, ohne Gutenacht fortzugehen. Französische Abschiede waren dazumal noch etwas Seltenes.</p><lb/> <p>Alles war am Ende einig, er sei ein verkappter Jesuit.</p><lb/> <p>Indessen war und blieb die Stimmung gestört, der schöne Abend verdorben. Vergebens suchte man den Pfarrer von A . . . berg zu beschwichtigen. So oft er<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0119]
seiner Seite war, wiegte sich ein wenig auf dem Stuhle hin und her, um seine Kräfte zu erproben, stand darin bolzgerade auf, blieb einen Augenblick unbeweglich stehen, und — weg war er!
Auch Eduard war eben so schnell den nacheilenden Blicken Wilhelm's entschwunden.
Indessen hatte die poetische Gerechtigkeit ihren Weg auch zu dem kleinen Pfarrer gefunden, durch dessen Tücke dieser rasche Abgang bewirkt worden war. Er lag zappelnd mit dem Stuhl am Boden und streckte wehmüthig die Beinchen in die Höhe. Ob ihn der Pfarrer von Y . . . burg bei seinem kometenartigen Dahinstrahlen unwillkürlich oder aber absichtlich, zum Entgelt für seine freundnachbarliche Mittheilung zu Boden gerissen hatte, hierüber konnte man nur Muthmaßungen hegen; daß er es war, der ihn gefällt, das stand außer Zweifel.
Nachdem der kleine Pfarrer wieder ajustirt war, erging sich die Gesellschaft in unverhohlenen Mißbilligungsäußerungen über den Abgegangenen, und zwar vor Allem und ganz insonderheitlich über seine Unart, ohne Gutenacht fortzugehen. Französische Abschiede waren dazumal noch etwas Seltenes.
Alles war am Ende einig, er sei ein verkappter Jesuit.
Indessen war und blieb die Stimmung gestört, der schöne Abend verdorben. Vergebens suchte man den Pfarrer von A . . . berg zu beschwichtigen. So oft er
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