Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 9. Das Subject der Reichsgewalt. Einheiten gedacht, das Subject der Staatsgewalt und alssolche Mitglieder des Reiches 1). In diesem Sinne kann man daher sagen, daß die Deut- 1) Der Hamburger ist sowenig wie der Anhaltiner Reichsmitglied; die Hamburger Bürgerschaft ist es in derselben Weise wie der Fürst von Anhalt. 2) So v. Martitz 45 ff. G. Meyer Nordd. Bundesr. 60 (vgl. dessen Er- örterungen S. 43.). Grotefend § 751 S. 785. 3) Thudichum Verf.-R. des Nordd. B. S. 60 Note 1 spricht dieses Mißverständniß ausdrücklich aus, indem er sagt, daß unter den Bundesglie- dern oder Mitgliedern des Bundes nicht die Bundesstaaten, sondern die Bundesfürsten und die Senate der 3 Hansestädte zu verstehen seien. (Vgl. jedoch denselben im Jahrb. I. S. 21 Note 3). Ebenso sagt Meyer S. 65 Note 1, die preuß. Vertreter im Bundesrathe seien "keine Vertreter des Staates Preußen, sondern des Königs von Preußen" (!). Auch Seydel S. 15 u. 97 verwerthet dieses Mißverständniß zu Schlußfolgerungen. Richtig und treffend v. Held S. 103. 104. 4) Vgl. v. Mohl Reichsstaatsr. S. 10.
§. 9. Das Subject der Reichsgewalt. Einheiten gedacht, das Subject der Staatsgewalt und alsſolche Mitglieder des Reiches 1). In dieſem Sinne kann man daher ſagen, daß die Deut- 1) Der Hamburger iſt ſowenig wie der Anhaltiner Reichsmitglied; die Hamburger Bürgerſchaft iſt es in derſelben Weiſe wie der Fürſt von Anhalt. 2) So v. Martitz 45 ff. G. Meyer Nordd. Bundesr. 60 (vgl. deſſen Er- örterungen S. 43.). Grotefend § 751 S. 785. 3) Thudichum Verf.-R. des Nordd. B. S. 60 Note 1 ſpricht dieſes Mißverſtändniß ausdrücklich aus, indem er ſagt, daß unter den Bundesglie- dern oder Mitgliedern des Bundes nicht die Bundesſtaaten, ſondern die Bundesfürſten und die Senate der 3 Hanſeſtädte zu verſtehen ſeien. (Vgl. jedoch denſelben im Jahrb. I. S. 21 Note 3). Ebenſo ſagt Meyer S. 65 Note 1, die preuß. Vertreter im Bundesrathe ſeien „keine Vertreter des Staates Preußen, ſondern des Königs von Preußen“ (!). Auch Seydel S. 15 u. 97 verwerthet dieſes Mißverſtändniß zu Schlußfolgerungen. Richtig und treffend v. Held S. 103. 104. 4) Vgl. v. Mohl Reichsſtaatsr. S. 10.
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§. 9. Das Subject der Reichsgewalt.
Einheiten gedacht, das Subject der Staatsgewalt und als
ſolche Mitglieder des Reiches 1).
In dieſem Sinne kann man daher ſagen, daß die Deut-
ſchen Fürſten und freien Städte in ihrer Geſammt-
heit die Träger oder Inhaber der Reichsſouveränetät ſind 2).
Der Ausdruck kann aber zu einer mißverſtändlichen Auffaſſung
führen 3). Denn die Deutſchen Fürſten ſind nicht für ihre Perſon,
ſondern nur als Oberhäupter und Vertreter ihrer Staaten
Mit-Träger der Reichsgewalt. Wenn ein Deutſcher Landesherr
abdankt oder ſonſt in rechtlicher Weiſe die Vertretung ſeines Staa-
tes verliert, ſo verliert er zugleich den Antheil an der Reichsge-
walt; im Falle einer Regentſchaft iſt nicht der nominelle Monarch
ſondern der Regent Mitſouverän des Reiches. Es kann im Deut-
ſchen Reiche keine Perſonaliſten geben 4). Das Deutſche Reich
iſt kein Fürſtenbund, ſondern ein aus den Deutſchen Staaten ge-
bildeter Staat. Daß nach dem Eingange der Verfaſſung die
Fürſten den Bund geſchloſſen haben, iſt ein Einwand, der
kaum ernſthaft erhoben werden kann, denn bei Errichtung des
Norddeutſchen Bundes und des Deutſchen Reiches handelten die
Deutſchen Souveräne nicht als Privatperſonen, ſondern als Staats-
Oberhäupter und die Deutſchen Staaten wurden, wie es in Mo-
narchien nicht anders ſein kann, durch ihre Landesherren vertreten.
Sollte in irgend einem Deutſchen Staate einmal eine Aenderung
der Verfaſſungsform eintreten, ſo bleibt der Staat mitberechtigt
an der Reichsgewalt, wenngleich er keinen Fürſten mehr hat, und
1) Der Hamburger iſt ſowenig wie der Anhaltiner Reichsmitglied; die
Hamburger Bürgerſchaft iſt es in derſelben Weiſe wie der Fürſt von Anhalt.
2) So v. Martitz 45 ff. G. Meyer Nordd. Bundesr. 60 (vgl. deſſen Er-
örterungen S. 43.). Grotefend § 751 S. 785.
3) Thudichum Verf.-R. des Nordd. B. S. 60 Note 1 ſpricht dieſes
Mißverſtändniß ausdrücklich aus, indem er ſagt, daß unter den Bundesglie-
dern oder Mitgliedern des Bundes nicht die Bundesſtaaten, ſondern
die Bundesfürſten und die Senate der 3 Hanſeſtädte zu verſtehen ſeien. (Vgl.
jedoch denſelben im Jahrb. I. S. 21 Note 3). Ebenſo ſagt Meyer
S. 65 Note 1, die preuß. Vertreter im Bundesrathe ſeien „keine Vertreter
des Staates Preußen, ſondern des Königs von Preußen“ (!). Auch Seydel
S. 15 u. 97 verwerthet dieſes Mißverſtändniß zu Schlußfolgerungen. Richtig
und treffend v. Held S. 103. 104.
4) Vgl. v. Mohl Reichsſtaatsr. S. 10.
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