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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.
begründet sind. Die Einzelstaaten dürfen demnach von keiner
dieser Voraussetzungen einen Ausländer dispensiren; es ist ihnen
vom Reich verboten, das Staatsbürgerrecht an Personen zu
ertheilen, welche den Erfordernissen des §. 8 nicht genügen 1). Da-
gegen ist es ihnen unbenommen, die Voraussetzungen der Aufnahme
durch partikuläre Gesetze oder Verwaltungsvorschriften zu er-
schweren
oder auch das Gesuch des Ausländers ohne Angabe
von Gründen abzuweisen; da kein Ausländer ein Recht auf Natu-
ralisation, kein Bundesstaat eine Pflicht zur Ertheilung derselben
hat 2).

Die Voraussetzungen der Naturalisation sind

a) Dispositionsfähigkeit des Aufzunehmenden nach dem Recht
seiner bisherigen Heimath.

Der Mangel der Dispositionsfähigkeit kann ergänzt werden durch
die Zustimmung des Vaters, Vormunds oder Kurators.


1) Der Grund ist der, daß die Staatsangehörigkeit in einem Bundes-
staate das Recht begründet, in jedem andern Bundesstaate die Aufnahme
zu verlangen; der Ausländer könnte sich daher in einem Bundesstaate unter
erleichterten Bedingungen naturalisiren, und dann in einem anderen Bun-
desstaate aufnehmen lassen. Deshalb ist das im §. 8 des Ges. aufgeführte
Minimum von Erfordernissen ius cogens.
2) Riedel S. 259. 260. Thatsächlich wird ein Staat von dieser Be-
fugniß nicht leicht Gebrauch machen, da die von ihm eingeführten Erschwerun-
gen der Naturalisation auf dem in der vorigen Note angegebenen Wege um-
gangen werden können. Indeß ist es z. B. einem Staate unverwehrt, für die
Ertheilung von Naturalisations-Urkunden Stempel- und Ausfertigungs-
gebühren zu erheben, während die Ertheilung von Aufnahme-Urkunden
kostenfrei erfolgen muß. §. 24 Abs. 1. Ueber die Höhe der für die Natu-
ralisation zu zahlenden Kosten, sagt das Gesetz Nichts; ihre Normirung ist
daher den Einzelstaaten überlassen. Die Annahme von Landgraff S. 648,
daß die Naturalisations-Urkunde wie die Entlassungsurkunde zu behandeln sei,
weil die Nichterwähnung der dafür zulässigen Gebühren angeblich auf einem
Redaktionsversehen beruht, ist unbegründet. Auch ist zu beachten, daß beide
Fälle nicht analog sind; denn hohe Gebühren für die Entlassungs-Ur-
kunde kämen einer Auswanderungs-Steuer gleich; hier handelt es sich um
Zahlungen, die Inländer leisten, bei der Naturalisation um Zahlungen, welche
von Ausländern erhoben werden. In Bayern ist von der Befugniß, die
Naturalisation von Ausländern an erschwerende Bedingungen zu knüpfen in-
sofern Gebrauch gemacht worden, als der Minist.-Erl. vom 9. Mai 1871
Nr. 5 (bei Riedel S. 274) verfügt, daß Ausländern die Naturalisation in der
Regel nur dann zu ertheilen sei, wenn sie nachweisen, daß sie für den Fall
der Naturalisation, sofort die Heimat in einer bayerischen Gemeinde erhalten.

§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.
begründet ſind. Die Einzelſtaaten dürfen demnach von keiner
dieſer Vorausſetzungen einen Ausländer dispenſiren; es iſt ihnen
vom Reich verboten, das Staatsbürgerrecht an Perſonen zu
ertheilen, welche den Erforderniſſen des §. 8 nicht genügen 1). Da-
gegen iſt es ihnen unbenommen, die Vorausſetzungen der Aufnahme
durch partikuläre Geſetze oder Verwaltungsvorſchriften zu er-
ſchweren
oder auch das Geſuch des Ausländers ohne Angabe
von Gründen abzuweiſen; da kein Ausländer ein Recht auf Natu-
raliſation, kein Bundesſtaat eine Pflicht zur Ertheilung derſelben
hat 2).

Die Vorausſetzungen der Naturaliſation ſind

a) Dispoſitionsfähigkeit des Aufzunehmenden nach dem Recht
ſeiner bisherigen Heimath.

Der Mangel der Dispoſitionsfähigkeit kann ergänzt werden durch
die Zuſtimmung des Vaters, Vormunds oder Kurators.


1) Der Grund iſt der, daß die Staatsangehörigkeit in einem Bundes-
ſtaate das Recht begründet, in jedem andern Bundesſtaate die Aufnahme
zu verlangen; der Ausländer könnte ſich daher in einem Bundesſtaate unter
erleichterten Bedingungen naturaliſiren, und dann in einem anderen Bun-
desſtaate aufnehmen laſſen. Deshalb iſt das im §. 8 des Geſ. aufgeführte
Minimum von Erforderniſſen ius cogens.
2) Riedel S. 259. 260. Thatſächlich wird ein Staat von dieſer Be-
fugniß nicht leicht Gebrauch machen, da die von ihm eingeführten Erſchwerun-
gen der Naturaliſation auf dem in der vorigen Note angegebenen Wege um-
gangen werden können. Indeß iſt es z. B. einem Staate unverwehrt, für die
Ertheilung von Naturaliſations-Urkunden Stempel- und Ausfertigungs-
gebühren zu erheben, während die Ertheilung von Aufnahme-Urkunden
koſtenfrei erfolgen muß. §. 24 Abſ. 1. Ueber die Höhe der für die Natu-
raliſation zu zahlenden Koſten, ſagt das Geſetz Nichts; ihre Normirung iſt
daher den Einzelſtaaten überlaſſen. Die Annahme von Landgraff S. 648,
daß die Naturaliſations-Urkunde wie die Entlaſſungsurkunde zu behandeln ſei,
weil die Nichterwähnung der dafür zuläſſigen Gebühren angeblich auf einem
Redaktionsverſehen beruht, iſt unbegründet. Auch iſt zu beachten, daß beide
Fälle nicht analog ſind; denn hohe Gebühren für die Entlaſſungs-Ur-
kunde kämen einer Auswanderungs-Steuer gleich; hier handelt es ſich um
Zahlungen, die Inländer leiſten, bei der Naturaliſation um Zahlungen, welche
von Ausländern erhoben werden. In Bayern iſt von der Befugniß, die
Naturaliſation von Ausländern an erſchwerende Bedingungen zu knüpfen in-
ſofern Gebrauch gemacht worden, als der Miniſt.-Erl. vom 9. Mai 1871
Nr. 5 (bei Riedel S. 274) verfügt, daß Ausländern die Naturaliſation in der
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der Naturaliſation, ſofort die Heimat in einer bayeriſchen Gemeinde erhalten.
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[169/0189] §. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit. begründet ſind. Die Einzelſtaaten dürfen demnach von keiner dieſer Vorausſetzungen einen Ausländer dispenſiren; es iſt ihnen vom Reich verboten, das Staatsbürgerrecht an Perſonen zu ertheilen, welche den Erforderniſſen des §. 8 nicht genügen 1). Da- gegen iſt es ihnen unbenommen, die Vorausſetzungen der Aufnahme durch partikuläre Geſetze oder Verwaltungsvorſchriften zu er- ſchweren oder auch das Geſuch des Ausländers ohne Angabe von Gründen abzuweiſen; da kein Ausländer ein Recht auf Natu- raliſation, kein Bundesſtaat eine Pflicht zur Ertheilung derſelben hat 2). Die Vorausſetzungen der Naturaliſation ſind a) Dispoſitionsfähigkeit des Aufzunehmenden nach dem Recht ſeiner bisherigen Heimath. Der Mangel der Dispoſitionsfähigkeit kann ergänzt werden durch die Zuſtimmung des Vaters, Vormunds oder Kurators. 1) Der Grund iſt der, daß die Staatsangehörigkeit in einem Bundes- ſtaate das Recht begründet, in jedem andern Bundesſtaate die Aufnahme zu verlangen; der Ausländer könnte ſich daher in einem Bundesſtaate unter erleichterten Bedingungen naturaliſiren, und dann in einem anderen Bun- desſtaate aufnehmen laſſen. Deshalb iſt das im §. 8 des Geſ. aufgeführte Minimum von Erforderniſſen ius cogens. 2) Riedel S. 259. 260. Thatſächlich wird ein Staat von dieſer Be- fugniß nicht leicht Gebrauch machen, da die von ihm eingeführten Erſchwerun- gen der Naturaliſation auf dem in der vorigen Note angegebenen Wege um- gangen werden können. Indeß iſt es z. B. einem Staate unverwehrt, für die Ertheilung von Naturaliſations-Urkunden Stempel- und Ausfertigungs- gebühren zu erheben, während die Ertheilung von Aufnahme-Urkunden koſtenfrei erfolgen muß. §. 24 Abſ. 1. Ueber die Höhe der für die Natu- raliſation zu zahlenden Koſten, ſagt das Geſetz Nichts; ihre Normirung iſt daher den Einzelſtaaten überlaſſen. Die Annahme von Landgraff S. 648, daß die Naturaliſations-Urkunde wie die Entlaſſungsurkunde zu behandeln ſei, weil die Nichterwähnung der dafür zuläſſigen Gebühren angeblich auf einem Redaktionsverſehen beruht, iſt unbegründet. Auch iſt zu beachten, daß beide Fälle nicht analog ſind; denn hohe Gebühren für die Entlaſſungs-Ur- kunde kämen einer Auswanderungs-Steuer gleich; hier handelt es ſich um Zahlungen, die Inländer leiſten, bei der Naturaliſation um Zahlungen, welche von Ausländern erhoben werden. In Bayern iſt von der Befugniß, die Naturaliſation von Ausländern an erſchwerende Bedingungen zu knüpfen in- ſofern Gebrauch gemacht worden, als der Miniſt.-Erl. vom 9. Mai 1871 Nr. 5 (bei Riedel S. 274) verfügt, daß Ausländern die Naturaliſation in der Regel nur dann zu ertheilen ſei, wenn ſie nachweiſen, daß ſie für den Fall der Naturaliſation, ſofort die Heimat in einer bayeriſchen Gemeinde erhalten.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/189>, abgerufen am 24.11.2024.