Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 20. Begriff und staatsrechtliche Natur des Bundesgebietes. Wenn man von diesem Begriffe ausgeht, so ergiebt sich daß Es sind zwei hiervon, nach verschiedenen Richtungen abwei- "Bei den Worten "Reichsgebiet" und "Bundesgebiet" gebe Auf diese Aeußerung berufen sich manche Schriftsteller für die Andererseits geht die Behauptung, daß "das Bundesgebiet ein Eigenthum und Gebietshoheit damit widerlegt werden, daß das Gebiet ein wesentliches Moment im Begriff des Staates sei und daß deshalb es kein Recht des Staates an seinem Gebiet geben könne. (S. 17 fg. 23 fg.) Grade dieses ausschließliche Herrschaftsrecht am Gebiet ist für den Staatsbegriff we- sentlich. 1) Vgl. auch Rüttimann Nordamerik. Bundesstaatsr. I. §. 58. 2) Stenogr. Ber. S. 95. 3) So besonders Seydel Comment. S. 28 fg. 4) So äußert sich z. B. Schulze Einleit. S. 441. Ganz ähnlich "Das
§. 20. Begriff und ſtaatsrechtliche Natur des Bundesgebietes. Wenn man von dieſem Begriffe ausgeht, ſo ergiebt ſich daß Es ſind zwei hiervon, nach verſchiedenen Richtungen abwei- „Bei den Worten „Reichsgebiet“ und „Bundesgebiet“ gebe Auf dieſe Aeußerung berufen ſich manche Schriftſteller für die Andererſeits geht die Behauptung, daß „das Bundesgebiet ein Eigenthum und Gebietshoheit damit widerlegt werden, daß das Gebiet ein weſentliches Moment im Begriff des Staates ſei und daß deshalb es kein Recht des Staates an ſeinem Gebiet geben könne. (S. 17 fg. 23 fg.) Grade dieſes ausſchließliche Herrſchaftsrecht am Gebiet iſt für den Staatsbegriff we- ſentlich. 1) Vgl. auch Rüttimann Nordamerik. Bundesſtaatsr. I. §. 58. 2) Stenogr. Ber. S. 95. 3) So beſonders Seydel Comment. S. 28 fg. 4) So äußert ſich z. B. Schulze Einleit. S. 441. Ganz ähnlich „Das
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§. 20. Begriff und ſtaatsrechtliche Natur des Bundesgebietes.
Wenn man von dieſem Begriffe ausgeht, ſo ergiebt ſich daß
im Reiche in ähnlicher Weiſe eine doppelte Gebietshoheit beſteht,
wie eine doppelte Unterthanen-Hoheit. Die Staaten ſind mit Land
und Leuten der Reichsgewalt unterthan. Ihre Gebietshoheit haben
ſie in ſoweit behalten, als ihnen Herrſchaftsrechte geblieben ſind;
ſie iſt auf das Reich übergegangen, ſo weit das Reich die Hoheits-
rechte der Einzelſtaaten auf ſich vereinigt hat 1). Die Kompetenz-
Grenze zwiſchen Reich und Einzelſtaat iſt zugleich
die Grenze, welche die Gebietshoheit des Reiches
am Reichsgebiet von der Gebietshoheit der Staaten
am Staatsgebiet ſcheidet.
Es ſind zwei hiervon, nach verſchiedenen Richtungen abwei-
chende Anſichten geltend gemacht worden. Bei der Berathung der
neuen Redaktion der Reichsverf. äußerte Fürſt Bismarck in der
Sitzung des Reichstages v. 1. April 1871 2) hinſichtlich des An-
trages anſtatt Bundesgebiet den Ausdruck Reichsgebiet in der
Verf. zu ſetzen:
„Bei den Worten „Reichsgebiet“ und „Bundesgebiet“ gebe
ich gern zu, daß der Unterſchied ſich nicht nothwendig und ſcharf
fühlbar macht. Es kommt aber auf den ſprachlichen Begriff an,
den man mit „Reich“ und „Gebiet“ verbindet. Wir haben geglaubt,
daß auch da, weil die Souveränität, die Landeshoheit,
die Territorialhoheit bei den einzelnen Staaten
verblieben iſt, bei Bezeichnung des Geſammtgebietes der Be-
griff des Bundesverhältniſſes in den Vordergrund zu ſtellen ſei.“
Auf dieſe Aeußerung berufen ſich manche Schriftſteller für die
Behauptung, daß das Reich als ſolches keine Gebietshoheit habe 3).
Andererſeits geht die Behauptung, daß „das Bundesgebiet ein
wahres einheitliches Staatsgebiet ſei, innerhalb deſſen von Aus-
land und Inland nicht mehr die Rede ſein könne“ 4), viel zu weit.
3)
1) Vgl. auch Rüttimann Nordamerik. Bundesſtaatsr. I. §. 58.
2) Stenogr. Ber. S. 95.
3) So beſonders Seydel Comment. S. 28 fg.
4) So äußert ſich z. B. Schulze Einleit. S. 441. Ganz ähnlich „Das
3) Eigenthum und Gebietshoheit damit widerlegt werden, daß das Gebiet ein
weſentliches Moment im Begriff des Staates ſei und daß deshalb es kein
Recht des Staates an ſeinem Gebiet geben könne. (S. 17 fg. 23 fg.) Grade
dieſes ausſchließliche Herrſchaftsrecht am Gebiet iſt für den Staatsbegriff we-
ſentlich.
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