Die durch das Ges. v. 2. Mai 1874 §. 9 diesem Ausschuß zugewiesene Beschlußfassung über Abweichungen von dem gesetzlichen Maßstabe der Vertheilung des Rekrutenbedarfs, sowie die ihm in Gemeinschaft mit dem vierten Ausschuß zustehende Entscheidung über die Erweiterung von Festungs-Thoren etc. nach dem Ges. v. 30. Mai 1873 Art. IV sind bereits oben erwähnt worden.
2. Der Ausschuß für das Seewesen. (5 Mit- glieder.)
Die Mitglieder desselben werden vom Kaiser ernannt 1) und zwar ebenfalls in der Art, daß der Kaiser die Staaten be- zeichnet, welche in diesem Ausschuß vertreten sein sollen 2). Zu den Geschäften, welche diesem Ausschusse obliegen gehört nach §. 9 des Ges. vom 9. Nov. 1867 die Vertheilung der für die Kriegs- marine erforderlichen Rekruten auf die einzelnen Bundesstaaten.
Der Ausdruck "für das Seewesen" läßt eine Mißdeutung zu, indem er auch die Handelsmarine mit umfaßt. Es ist aber zwei- fellos, daß dieser Ausschuß für die Kriegs-Marine bestimmt ist, was schon daraus sich ergiebt, daß nach der Terminologie der Nordd. Bundesverfassung seine Mitglieder von dem "Bundesfeld- herrn" ernannt werden. Die Angelegenheiten der Handesmarine gehören im Allgemeinen zu dem Geschäftskreis des vierten Aus- schusses, was nicht ausschließt, daß bei den zahlreichen Berührungs- punkten zwischen der Kriegs- und Handels-Marine beide Ausschüsse vereinigt berathen 3).
3. Der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen. (7 Mitglieder, 1 Stellvertreter.)
Diesem Ausschuß ist durch die Reichsverf. Art. 36 eine Mit- wirkung bei der Ernennung der Reichsbeamten zur Controlle der Zoll- und Steuerverwaltung zugewiesen. Im Zusammenhange damit steht die Bestimmung der Gesch.-Ordn. §. 21 Abs. 1, daß der Ausschuß von dem Reichskanzler in fortlaufender Kenntniß von den Berichten dieser Reichsbeamten gehalten und über die Aenderungen in dem Personal dieser Beamten vernommen wird.
Der Ausschuß hat aber eine noch weiterreichende Kompetenz.
1) R.-V. Art. 8 Abs. 2.
2) Siehe S. 287 Note 3.
3) Vgl. Fürst Bismarck im verfassungber. Reichstag. Stenogr. Ber. S. 355.
§. 31. Die Bundesraths-Ausſchüſſe.
Die durch das Geſ. v. 2. Mai 1874 §. 9 dieſem Ausſchuß zugewieſene Beſchlußfaſſung über Abweichungen von dem geſetzlichen Maßſtabe der Vertheilung des Rekrutenbedarfs, ſowie die ihm in Gemeinſchaft mit dem vierten Ausſchuß zuſtehende Entſcheidung über die Erweiterung von Feſtungs-Thoren ꝛc. nach dem Geſ. v. 30. Mai 1873 Art. IV ſind bereits oben erwähnt worden.
2. Der Ausſchuß für das Seeweſen. (5 Mit- glieder.)
Die Mitglieder deſſelben werden vom Kaiſer ernannt 1) und zwar ebenfalls in der Art, daß der Kaiſer die Staaten be- zeichnet, welche in dieſem Ausſchuß vertreten ſein ſollen 2). Zu den Geſchäften, welche dieſem Ausſchuſſe obliegen gehört nach §. 9 des Geſ. vom 9. Nov. 1867 die Vertheilung der für die Kriegs- marine erforderlichen Rekruten auf die einzelnen Bundesſtaaten.
Der Ausdruck „für das Seeweſen“ läßt eine Mißdeutung zu, indem er auch die Handelsmarine mit umfaßt. Es iſt aber zwei- fellos, daß dieſer Ausſchuß für die Kriegs-Marine beſtimmt iſt, was ſchon daraus ſich ergiebt, daß nach der Terminologie der Nordd. Bundesverfaſſung ſeine Mitglieder von dem „Bundesfeld- herrn“ ernannt werden. Die Angelegenheiten der Handesmarine gehören im Allgemeinen zu dem Geſchäftskreis des vierten Aus- ſchuſſes, was nicht ausſchließt, daß bei den zahlreichen Berührungs- punkten zwiſchen der Kriegs- und Handels-Marine beide Ausſchüſſe vereinigt berathen 3).
3. Der Ausſchuß für Zoll- und Steuerweſen. (7 Mitglieder, 1 Stellvertreter.)
Dieſem Ausſchuß iſt durch die Reichsverf. Art. 36 eine Mit- wirkung bei der Ernennung der Reichsbeamten zur Controlle der Zoll- und Steuerverwaltung zugewieſen. Im Zuſammenhange damit ſteht die Beſtimmung der Geſch.-Ordn. §. 21 Abſ. 1, daß der Ausſchuß von dem Reichskanzler in fortlaufender Kenntniß von den Berichten dieſer Reichsbeamten gehalten und über die Aenderungen in dem Perſonal dieſer Beamten vernommen wird.
Der Ausſchuß hat aber eine noch weiterreichende Kompetenz.
1) R.-V. Art. 8 Abſ. 2.
2) Siehe S. 287 Note 3.
3) Vgl. Fürſt Bismarck im verfaſſungber. Reichstag. Stenogr. Ber. S. 355.
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§. 31. Die Bundesraths-Ausſchüſſe.
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zugewieſene Beſchlußfaſſung über Abweichungen von dem geſetzlichen
Maßſtabe der Vertheilung des Rekrutenbedarfs, ſowie die ihm in
Gemeinſchaft mit dem vierten Ausſchuß zuſtehende Entſcheidung
über die Erweiterung von Feſtungs-Thoren ꝛc. nach dem Geſ. v.
30. Mai 1873 Art. IV ſind bereits oben erwähnt worden.
2. Der Ausſchuß für das Seeweſen. (5 Mit-
glieder.)
Die Mitglieder deſſelben werden vom Kaiſer ernannt 1) und
zwar ebenfalls in der Art, daß der Kaiſer die Staaten be-
zeichnet, welche in dieſem Ausſchuß vertreten ſein ſollen 2). Zu
den Geſchäften, welche dieſem Ausſchuſſe obliegen gehört nach §. 9
des Geſ. vom 9. Nov. 1867 die Vertheilung der für die Kriegs-
marine erforderlichen Rekruten auf die einzelnen Bundesſtaaten.
Der Ausdruck „für das Seeweſen“ läßt eine Mißdeutung zu,
indem er auch die Handelsmarine mit umfaßt. Es iſt aber zwei-
fellos, daß dieſer Ausſchuß für die Kriegs-Marine beſtimmt iſt,
was ſchon daraus ſich ergiebt, daß nach der Terminologie der
Nordd. Bundesverfaſſung ſeine Mitglieder von dem „Bundesfeld-
herrn“ ernannt werden. Die Angelegenheiten der Handesmarine
gehören im Allgemeinen zu dem Geſchäftskreis des vierten Aus-
ſchuſſes, was nicht ausſchließt, daß bei den zahlreichen Berührungs-
punkten zwiſchen der Kriegs- und Handels-Marine beide Ausſchüſſe
vereinigt berathen 3).
3. Der Ausſchuß für Zoll- und Steuerweſen.
(7 Mitglieder, 1 Stellvertreter.)
Dieſem Ausſchuß iſt durch die Reichsverf. Art. 36 eine Mit-
wirkung bei der Ernennung der Reichsbeamten zur Controlle der
Zoll- und Steuerverwaltung zugewieſen. Im Zuſammenhange
damit ſteht die Beſtimmung der Geſch.-Ordn. §. 21 Abſ. 1, daß
der Ausſchuß von dem Reichskanzler in fortlaufender Kenntniß
von den Berichten dieſer Reichsbeamten gehalten und über die
Aenderungen in dem Perſonal dieſer Beamten vernommen wird.
Der Ausſchuß hat aber eine noch weiterreichende Kompetenz.
1) R.-V. Art. 8 Abſ. 2.
2) Siehe S. 287 Note 3.
3) Vgl. Fürſt Bismarck im verfaſſungber. Reichstag. Stenogr. Ber.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/308>, abgerufen am 24.11.2024.
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