erklärt, demselben also die Kraft eines Reichsgesetzes beigelegt worden 1), jedoch sind die den preußischen Ministern und Gesand- ten übertragenen Befugnisse auf den Reichskanzler übergegangen 2).
Die Konsulargerichtsbarkeit wird von dem Vorsteher eines Konsulates ausgeübt; in Ermangelung eines Konsuls von dem Kanzler der Gesandtschaft, falls eine solche in dem Jurisdiktions- bezirk besteht 3). Auf die mit Gerichtsbarkeit versehenen Kon- suln und Gesandtschaftskanzler sind die für die richterlichen Beam- ten bestehenden Vorschriften über Befähigung, Ernennung, Dauer der Anstellung, Amtsverlust, Dienstentlassung, Versetzung in den Ruhestand und Amtssuspension nicht anwendbar 4).
Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt entweder von dem Kon- sul allein, oder von dem Konsulargericht. Dasselbe besteht aus dem Konsul als Vorsitzenden und zwei Beisitzern, welche der Kon- sul am Anfang jedes Jahres für die Dauer desselben aus den achtbaren Gerichtseingesessenen oder in Ermangelung solcher aus sonstigen achtbaren Einwohnern seines Bezirkes ernennt. Für die Beisitzer sind zugleich Stellvertreter zu ernennen. Die Beisitzer und deren Vertreter werden vor dem Antritt ihres Amtes auf unpar- teiische und gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten beeidigt. Den Beisitzern steht unbeschränktes Stimmrecht zu 5).
Der Konsul hat die Personen zu bestimmen und in ein Ver- zeichniß einzutragen, welche in den zu seiner Gerichtsbarkeit ge- hörigen Sachen die Funktionen der Rechtsanwalte auszuüben haben 6).
Sowohl für die materielle Entscheidung als für das Verfahren sind in Ermangelung von Reichsgesetzen die in dem Geltungsge- biete des Preuß. Allg. Landrechts erlassenen Preußischen Rechts- vorschriften zur Anwendung zu bringen 7).
1) Es ist abgedruckt im B.-G.-Bl. 1867 S. 144 ff. Zu diesem Gesetze ist eine Instruktion des Ministers der auswärt. Angel. und des Justiz-Mini- sters am 6. November 1865 ergangen, welche noch jetzt von Bedeutung ist. Sie ist gedruckt im Preuß. Just.-Minist.-Bl. 1865 S. 235 ff. u. bei Döhl Konsularwesen S. 194 ff.
2) Konsulatsgesetz §. 24.
3) Preuß. Gesetz vom 29. Juni 1865 §§. 3. 5.
4) ebenda §. 6.
5) ebenda §. 8--12.
6) ebenda §. 15.
7)Konsulatsgesetz §. 24 Abs. 2. Darnach beginnt die verbindliche
§. 26. Die richterlichen Reichsbehörden.
erklärt, demſelben alſo die Kraft eines Reichsgeſetzes beigelegt worden 1), jedoch ſind die den preußiſchen Miniſtern und Geſand- ten übertragenen Befugniſſe auf den Reichskanzler übergegangen 2).
Die Konſulargerichtsbarkeit wird von dem Vorſteher eines Konſulates ausgeübt; in Ermangelung eines Konſuls von dem Kanzler der Geſandtſchaft, falls eine ſolche in dem Jurisdiktions- bezirk beſteht 3). Auf die mit Gerichtsbarkeit verſehenen Kon- ſuln und Geſandtſchaftskanzler ſind die für die richterlichen Beam- ten beſtehenden Vorſchriften über Befähigung, Ernennung, Dauer der Anſtellung, Amtsverluſt, Dienſtentlaſſung, Verſetzung in den Ruheſtand und Amtsſuspenſion nicht anwendbar 4).
Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt entweder von dem Kon- ſul allein, oder von dem Konſulargericht. Daſſelbe beſteht aus dem Konſul als Vorſitzenden und zwei Beiſitzern, welche der Kon- ſul am Anfang jedes Jahres für die Dauer deſſelben aus den achtbaren Gerichtseingeſeſſenen oder in Ermangelung ſolcher aus ſonſtigen achtbaren Einwohnern ſeines Bezirkes ernennt. Für die Beiſitzer ſind zugleich Stellvertreter zu ernennen. Die Beiſitzer und deren Vertreter werden vor dem Antritt ihres Amtes auf unpar- teiiſche und gewiſſenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten beeidigt. Den Beiſitzern ſteht unbeſchränktes Stimmrecht zu 5).
Der Konſul hat die Perſonen zu beſtimmen und in ein Ver- zeichniß einzutragen, welche in den zu ſeiner Gerichtsbarkeit ge- hörigen Sachen die Funktionen der Rechtsanwalte auszuüben haben 6).
Sowohl für die materielle Entſcheidung als für das Verfahren ſind in Ermangelung von Reichsgeſetzen die in dem Geltungsge- biete des Preuß. Allg. Landrechts erlaſſenen Preußiſchen Rechts- vorſchriften zur Anwendung zu bringen 7).
1) Es iſt abgedruckt im B.-G.-Bl. 1867 S. 144 ff. Zu dieſem Geſetze iſt eine Inſtruktion des Miniſters der auswärt. Angel. und des Juſtiz-Mini- ſters am 6. November 1865 ergangen, welche noch jetzt von Bedeutung iſt. Sie iſt gedruckt im Preuß. Juſt.-Miniſt.-Bl. 1865 S. 235 ff. u. bei Döhl Konſularweſen S. 194 ff.
2) Konſulatsgeſetz §. 24.
3) Preuß. Geſetz vom 29. Juni 1865 §§. 3. 5.
4) ebenda §. 6.
5) ebenda §. 8—12.
6) ebenda §. 15.
7)Konſulatsgeſetz §. 24 Abſ. 2. Darnach beginnt die verbindliche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0387"n="367"/><fwplace="top"type="header">§. 26. Die richterlichen Reichsbehörden.</fw><lb/>
erklärt, demſelben alſo die Kraft eines Reichsgeſetzes beigelegt<lb/>
worden <noteplace="foot"n="1)">Es iſt abgedruckt im B.-G.-Bl. 1867 S. 144 ff. Zu dieſem Geſetze<lb/>
iſt eine Inſtruktion des Miniſters der auswärt. Angel. und des Juſtiz-Mini-<lb/>ſters am 6. November 1865 ergangen, welche noch jetzt von Bedeutung iſt.<lb/>
Sie iſt gedruckt im <hirendition="#g">Preuß. Juſt.-Miniſt.-Bl.</hi> 1865 S. 235 ff. u. bei<lb/><hirendition="#g">Döhl</hi> Konſularweſen S. 194 ff.</note>, jedoch ſind die den preußiſchen Miniſtern und Geſand-<lb/>
ten übertragenen Befugniſſe auf den Reichskanzler übergegangen <noteplace="foot"n="2)">Konſulatsgeſetz §. 24.</note>.</p><lb/><p>Die Konſulargerichtsbarkeit wird von dem Vorſteher eines<lb/>
Konſulates ausgeübt; in Ermangelung eines Konſuls von dem<lb/>
Kanzler der Geſandtſchaft, falls eine ſolche in dem Jurisdiktions-<lb/>
bezirk beſteht <noteplace="foot"n="3)">Preuß. Geſetz vom 29. Juni 1865 §§. 3. 5.</note>. Auf die mit Gerichtsbarkeit verſehenen Kon-<lb/>ſuln und Geſandtſchaftskanzler ſind die für die richterlichen Beam-<lb/>
ten beſtehenden Vorſchriften über Befähigung, Ernennung, Dauer<lb/>
der Anſtellung, Amtsverluſt, Dienſtentlaſſung, Verſetzung in den<lb/>
Ruheſtand und Amtsſuspenſion <hirendition="#g">nicht</hi> anwendbar <noteplace="foot"n="4)">ebenda §. 6.</note>.</p><lb/><p>Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt entweder von dem Kon-<lb/>ſul allein, oder von dem Konſulargericht. Daſſelbe beſteht aus<lb/>
dem Konſul als Vorſitzenden und zwei Beiſitzern, welche der Kon-<lb/>ſul am Anfang jedes Jahres für die Dauer deſſelben aus den<lb/>
achtbaren Gerichtseingeſeſſenen oder in Ermangelung ſolcher aus<lb/>ſonſtigen achtbaren Einwohnern ſeines Bezirkes ernennt. Für die<lb/>
Beiſitzer ſind zugleich Stellvertreter zu ernennen. Die Beiſitzer und<lb/>
deren Vertreter werden vor dem Antritt ihres Amtes auf unpar-<lb/>
teiiſche und gewiſſenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten beeidigt.<lb/>
Den Beiſitzern ſteht unbeſchränktes Stimmrecht zu <noteplace="foot"n="5)">ebenda §. 8—12.</note>.</p><lb/><p>Der Konſul hat die Perſonen zu beſtimmen und in ein Ver-<lb/>
zeichniß einzutragen, welche in den zu ſeiner Gerichtsbarkeit ge-<lb/>
hörigen Sachen die Funktionen der Rechtsanwalte auszuüben haben <noteplace="foot"n="6)">ebenda §. 15.</note>.</p><lb/><p>Sowohl für die materielle Entſcheidung als für das Verfahren<lb/>ſind in Ermangelung von Reichsgeſetzen die in dem Geltungsge-<lb/>
biete des Preuß. Allg. Landrechts erlaſſenen Preußiſchen Rechts-<lb/>
vorſchriften zur Anwendung zu bringen <notexml:id="seg2pn_39_1"next="#seg2pn_39_2"place="foot"n="7)"><hirendition="#g">Konſulats</hi>geſetz §. 24 Abſ. 2. Darnach beginnt die verbindliche</note>.</p><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[367/0387]
§. 26. Die richterlichen Reichsbehörden.
erklärt, demſelben alſo die Kraft eines Reichsgeſetzes beigelegt
worden 1), jedoch ſind die den preußiſchen Miniſtern und Geſand-
ten übertragenen Befugniſſe auf den Reichskanzler übergegangen 2).
Die Konſulargerichtsbarkeit wird von dem Vorſteher eines
Konſulates ausgeübt; in Ermangelung eines Konſuls von dem
Kanzler der Geſandtſchaft, falls eine ſolche in dem Jurisdiktions-
bezirk beſteht 3). Auf die mit Gerichtsbarkeit verſehenen Kon-
ſuln und Geſandtſchaftskanzler ſind die für die richterlichen Beam-
ten beſtehenden Vorſchriften über Befähigung, Ernennung, Dauer
der Anſtellung, Amtsverluſt, Dienſtentlaſſung, Verſetzung in den
Ruheſtand und Amtsſuspenſion nicht anwendbar 4).
Die Gerichtsbarkeit wird ausgeübt entweder von dem Kon-
ſul allein, oder von dem Konſulargericht. Daſſelbe beſteht aus
dem Konſul als Vorſitzenden und zwei Beiſitzern, welche der Kon-
ſul am Anfang jedes Jahres für die Dauer deſſelben aus den
achtbaren Gerichtseingeſeſſenen oder in Ermangelung ſolcher aus
ſonſtigen achtbaren Einwohnern ſeines Bezirkes ernennt. Für die
Beiſitzer ſind zugleich Stellvertreter zu ernennen. Die Beiſitzer und
deren Vertreter werden vor dem Antritt ihres Amtes auf unpar-
teiiſche und gewiſſenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten beeidigt.
Den Beiſitzern ſteht unbeſchränktes Stimmrecht zu 5).
Der Konſul hat die Perſonen zu beſtimmen und in ein Ver-
zeichniß einzutragen, welche in den zu ſeiner Gerichtsbarkeit ge-
hörigen Sachen die Funktionen der Rechtsanwalte auszuüben haben 6).
Sowohl für die materielle Entſcheidung als für das Verfahren
ſind in Ermangelung von Reichsgeſetzen die in dem Geltungsge-
biete des Preuß. Allg. Landrechts erlaſſenen Preußiſchen Rechts-
vorſchriften zur Anwendung zu bringen 7).
1) Es iſt abgedruckt im B.-G.-Bl. 1867 S. 144 ff. Zu dieſem Geſetze
iſt eine Inſtruktion des Miniſters der auswärt. Angel. und des Juſtiz-Mini-
ſters am 6. November 1865 ergangen, welche noch jetzt von Bedeutung iſt.
Sie iſt gedruckt im Preuß. Juſt.-Miniſt.-Bl. 1865 S. 235 ff. u. bei
Döhl Konſularweſen S. 194 ff.
2) Konſulatsgeſetz §. 24.
3) Preuß. Geſetz vom 29. Juni 1865 §§. 3. 5.
4) ebenda §. 6.
5) ebenda §. 8—12.
6) ebenda §. 15.
7) Konſulatsgeſetz §. 24 Abſ. 2. Darnach beginnt die verbindliche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/387>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.