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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
Art. 21 Abs. 2 ausdrücklich die Wahlkonsuln als eine Art der
Reichsbeamten; desgleichen sind die im auswärtigen Dienste des
Reiches unentgeldlich beschäftigten Attaches Reichsbeamte. An-
dererseits sind z. B. die Mitglieder der Reichs-Schulkommission,
obgleich sie aus Reichsmitteln eine Remuneration erhalten, nicht
Reichsbeamte.

Ebensowenig entscheidend ist die Dauer der Amts-Ueber-
tragung. Es kömmt sehr häufig vor, daß einem Beamten ein
amtlicher Wirkungskreis auf ganz kurze Zeit übertragen wird, daß
ein Amt überhaupt nur vorübergehend besteht oder nur interimi-
stisch von einer gewissen Person verwaltet wird. Die Beamten-
qualität der letzteren bleibt davon ganz unberührt 1).

Auch das ist unerheblich, ob die Geschäfte, welche einem Be-
amten obliegen, obrigkeitlicher Natur oder technischer Art sind.
Eine feste Grenze zwischen beiden Arten ist sehr schwer zu ziehen,
da bei sehr vielen Aemtern technische und obrigkeitliche Geschäfte mit
einander verbunden sind. Die ganze Unterscheidung, auf welche in

1) Sehr verbreitet ist in der neueren Staatsrechts-Theorie die Behaup-
tung, daß die dauernde Uebertragung eines Amtes für den Begriff des
Beamten wesentlich sei. Vgl. z. B. Zachariä II. §. 133. 134. v. Gerber
S. 109. Die Dauer ist nicht einmal für den Begriff des Amtes wesentlich;
es können vorübergehende Bedürfnisse des Staates vorübergehende Geschäfte
erzeugen, zu deren Erledigung zeitweilig Aemter eingerichtet werden. Wenn
man aber auch zugeben will, daß das Wort "Amt" nur einen dauernd ab-
gegränzten staatlichen Geschäftskreis bezeichnet, so ist es doch eine offenkun-
dige Begriffs-Verwechslung, wenn man für den Staatsdiener die dauernde
Uebertragung eines bestimmten Amtes erfordert. Alsdann wären der Regie-
rungsrath, welcher interimistisch als Hülfsarbeiter in das Ministerium berufen
wird, oder der Assessor, welcher mit der Vertretung eines in den Reichstag
gewählten Landrathes beauftragt wird, keine Beamten. Das Staatsdiener-
Verhältniß kann ein dauerndes, lebenslängliches sein; ebenso kann das Amt
ein dauerndes sein; ohne daß der Schluß daraus gerechtfertigt wäre, daß die
Uebertragung eines bestimmten Amtes an einen bestimmten Staatsdiener eine
dauernde sein müsse. Allein es ist auch nicht einmal zuzugeben, daß das
Staatsdiener-Verhältniß seiner Natur nach nothwendig ein dauerndes sei. Vgl.
Maurenbrecher §. 160. Grotefend §. 668. Zöpfl II. §. 516. Das
Staatsrecht aller Deutschen Staaten und insbesondere auch das Reichsbe-
amtengesetz
§. 32 kennt Beamte, welche auf Probe, Kündigung oder Wie-
derruf angestellt sind und im §. 38 sogar "Beamte, welche für ein seiner Natur
nach vorübergehendes Geschäft angenommen werden." Vgl. auch Strafgesetz-
buch §. 359.

§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
Art. 21 Abſ. 2 ausdrücklich die Wahlkonſuln als eine Art der
Reichsbeamten; desgleichen ſind die im auswärtigen Dienſte des
Reiches unentgeldlich beſchäftigten Attachés Reichsbeamte. An-
dererſeits ſind z. B. die Mitglieder der Reichs-Schulkommiſſion,
obgleich ſie aus Reichsmitteln eine Remuneration erhalten, nicht
Reichsbeamte.

Ebenſowenig entſcheidend iſt die Dauer der Amts-Ueber-
tragung. Es kömmt ſehr häufig vor, daß einem Beamten ein
amtlicher Wirkungskreis auf ganz kurze Zeit übertragen wird, daß
ein Amt überhaupt nur vorübergehend beſteht oder nur interimi-
ſtiſch von einer gewiſſen Perſon verwaltet wird. Die Beamten-
qualität der letzteren bleibt davon ganz unberührt 1).

Auch das iſt unerheblich, ob die Geſchäfte, welche einem Be-
amten obliegen, obrigkeitlicher Natur oder techniſcher Art ſind.
Eine feſte Grenze zwiſchen beiden Arten iſt ſehr ſchwer zu ziehen,
da bei ſehr vielen Aemtern techniſche und obrigkeitliche Geſchäfte mit
einander verbunden ſind. Die ganze Unterſcheidung, auf welche in

1) Sehr verbreitet iſt in der neueren Staatsrechts-Theorie die Behaup-
tung, daß die dauernde Uebertragung eines Amtes für den Begriff des
Beamten weſentlich ſei. Vgl. z. B. Zachariä II. §. 133. 134. v. Gerber
S. 109. Die Dauer iſt nicht einmal für den Begriff des Amtes weſentlich;
es können vorübergehende Bedürfniſſe des Staates vorübergehende Geſchäfte
erzeugen, zu deren Erledigung zeitweilig Aemter eingerichtet werden. Wenn
man aber auch zugeben will, daß das Wort „Amt“ nur einen dauernd ab-
gegränzten ſtaatlichen Geſchäftskreis bezeichnet, ſo iſt es doch eine offenkun-
dige Begriffs-Verwechslung, wenn man für den Staatsdiener die dauernde
Uebertragung eines beſtimmten Amtes erfordert. Alsdann wären der Regie-
rungsrath, welcher interimiſtiſch als Hülfsarbeiter in das Miniſterium berufen
wird, oder der Aſſeſſor, welcher mit der Vertretung eines in den Reichstag
gewählten Landrathes beauftragt wird, keine Beamten. Das Staatsdiener-
Verhältniß kann ein dauerndes, lebenslängliches ſein; ebenſo kann das Amt
ein dauerndes ſein; ohne daß der Schluß daraus gerechtfertigt wäre, daß die
Uebertragung eines beſtimmten Amtes an einen beſtimmten Staatsdiener eine
dauernde ſein müſſe. Allein es iſt auch nicht einmal zuzugeben, daß das
Staatsdiener-Verhältniß ſeiner Natur nach nothwendig ein dauerndes ſei. Vgl.
Maurenbrecher §. 160. Grotefend §. 668. Zöpfl II. §. 516. Das
Staatsrecht aller Deutſchen Staaten und insbeſondere auch das Reichsbe-
amtengeſetz
§. 32 kennt Beamte, welche auf Probe, Kündigung oder Wie-
derruf angeſtellt ſind und im §. 38 ſogar „Beamte, welche für ein ſeiner Natur
nach vorübergehendes Geſchäft angenommen werden.“ Vgl. auch Strafgeſetz-
buch §. 359.
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[389/0409] §. 37. Der Begriff der Reichsbeamten. Art. 21 Abſ. 2 ausdrücklich die Wahlkonſuln als eine Art der Reichsbeamten; desgleichen ſind die im auswärtigen Dienſte des Reiches unentgeldlich beſchäftigten Attachés Reichsbeamte. An- dererſeits ſind z. B. die Mitglieder der Reichs-Schulkommiſſion, obgleich ſie aus Reichsmitteln eine Remuneration erhalten, nicht Reichsbeamte. Ebenſowenig entſcheidend iſt die Dauer der Amts-Ueber- tragung. Es kömmt ſehr häufig vor, daß einem Beamten ein amtlicher Wirkungskreis auf ganz kurze Zeit übertragen wird, daß ein Amt überhaupt nur vorübergehend beſteht oder nur interimi- ſtiſch von einer gewiſſen Perſon verwaltet wird. Die Beamten- qualität der letzteren bleibt davon ganz unberührt 1). Auch das iſt unerheblich, ob die Geſchäfte, welche einem Be- amten obliegen, obrigkeitlicher Natur oder techniſcher Art ſind. Eine feſte Grenze zwiſchen beiden Arten iſt ſehr ſchwer zu ziehen, da bei ſehr vielen Aemtern techniſche und obrigkeitliche Geſchäfte mit einander verbunden ſind. Die ganze Unterſcheidung, auf welche in 1) Sehr verbreitet iſt in der neueren Staatsrechts-Theorie die Behaup- tung, daß die dauernde Uebertragung eines Amtes für den Begriff des Beamten weſentlich ſei. Vgl. z. B. Zachariä II. §. 133. 134. v. Gerber S. 109. Die Dauer iſt nicht einmal für den Begriff des Amtes weſentlich; es können vorübergehende Bedürfniſſe des Staates vorübergehende Geſchäfte erzeugen, zu deren Erledigung zeitweilig Aemter eingerichtet werden. Wenn man aber auch zugeben will, daß das Wort „Amt“ nur einen dauernd ab- gegränzten ſtaatlichen Geſchäftskreis bezeichnet, ſo iſt es doch eine offenkun- dige Begriffs-Verwechslung, wenn man für den Staatsdiener die dauernde Uebertragung eines beſtimmten Amtes erfordert. Alsdann wären der Regie- rungsrath, welcher interimiſtiſch als Hülfsarbeiter in das Miniſterium berufen wird, oder der Aſſeſſor, welcher mit der Vertretung eines in den Reichstag gewählten Landrathes beauftragt wird, keine Beamten. Das Staatsdiener- Verhältniß kann ein dauerndes, lebenslängliches ſein; ebenſo kann das Amt ein dauerndes ſein; ohne daß der Schluß daraus gerechtfertigt wäre, daß die Uebertragung eines beſtimmten Amtes an einen beſtimmten Staatsdiener eine dauernde ſein müſſe. Allein es iſt auch nicht einmal zuzugeben, daß das Staatsdiener-Verhältniß ſeiner Natur nach nothwendig ein dauerndes ſei. Vgl. Maurenbrecher §. 160. Grotefend §. 668. Zöpfl II. §. 516. Das Staatsrecht aller Deutſchen Staaten und insbeſondere auch das Reichsbe- amtengeſetz §. 32 kennt Beamte, welche auf Probe, Kündigung oder Wie- derruf angeſtellt ſind und im §. 38 ſogar „Beamte, welche für ein ſeiner Natur nach vorübergehendes Geſchäft angenommen werden.“ Vgl. auch Strafgeſetz- buch §. 359.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/409>, abgerufen am 22.11.2024.