brauchen. Unter der Amtsgewalt ist hier aber nicht nur die Exe- kutivgewalt verstanden, sondern auch die amtliche Funktion der richterlichen Beamten, durch Urtheile formelles Recht zu schaffen, und die amtliche Funktion Beamter, durch Notariats-Akte, Rechts- verhältnisse zu begründen oder zu bekunden oder rechtlich erhebliche Thatsachen festzustellen.
Darum ist mit Strafe bedroht die widerrechtliche Nöthigung Jemandes zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung durch Mißbrauch der Amtsgewalt oder durch Androhung eines bestimmten Mißbrauchs (§. 339); die Erpressung von Geständnißen in einer Untersuchung durch Anwendung von Zwangsmitteln (§. 343); die widerrechtliche Eröffnung einer Untersuchung (§. 344) oder die widerrechtliche Vollstreckung von Strafen, von denen der Beamte weiß, daß sie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maaße nach vollstreckt werden dürfen (§. 345); ebenso ein Beginnen, welches darauf abzielt, Jemanden rechtswidrig der gesetzlichen Strafe zu entziehen oder eine erkannte Strafe nicht dem Gesetz gemäß zum Vollzuge zu bringen (§. 346). Ferner aber die vorsätzliche Beugung des Rechts zu Gunsten oder zum Nachtheil einer Partei Seitens eines Beamten oder Schiedsrichters bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache (§. 336) und die vorsätzliche falsche Beurkundung einer rechtlich erheblichen Thatsache, wenn die Be- urkundung Seitens eines Beamten, welcher zur Aufnahme öffent- licher Urkunden befugt ist, innerhalb seiner Zuständigkeit erfolgt. §. 348. Hierher kann man auch die Fälle der §§. 337. 338. 351 stellen.
3) Kein Beamter soll die Gehorsamspflicht der ihm unterge- benen Beamten mißbrauchen.
Deshalb ist mit Strafe bedroht ein Amtsvorgesetzter, welcher diesen Grundsatz positiv dadurch verletzt, daß er seine Untergebenen zu einer strafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet oder zu verleiten unternimmt; ebenso ein Beamter, der ihn negativ d. h. durch Unterlassungen verletzt, indem er eine solche strafbare Handlung seiner Untergebenen wissentlich geschehen läßt oder durch Nichtausübung der ihm übertragenen Aufsicht oder Kontrole ermög- licht. §. 357 1).
1) Ueber das Verhältniß dieses Paragraphen zu §. 48 (Anstiftung) vgl. Meves a. a. O. S. 1012.
§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
brauchen. Unter der Amtsgewalt iſt hier aber nicht nur die Exe- kutivgewalt verſtanden, ſondern auch die amtliche Funktion der richterlichen Beamten, durch Urtheile formelles Recht zu ſchaffen, und die amtliche Funktion Beamter, durch Notariats-Akte, Rechts- verhältniſſe zu begründen oder zu bekunden oder rechtlich erhebliche Thatſachen feſtzuſtellen.
Darum iſt mit Strafe bedroht die widerrechtliche Nöthigung Jemandes zu einer Handlung, Duldung oder Unterlaſſung durch Mißbrauch der Amtsgewalt oder durch Androhung eines beſtimmten Mißbrauchs (§. 339); die Erpreſſung von Geſtändnißen in einer Unterſuchung durch Anwendung von Zwangsmitteln (§. 343); die widerrechtliche Eröffnung einer Unterſuchung (§. 344) oder die widerrechtliche Vollſtreckung von Strafen, von denen der Beamte weiß, daß ſie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maaße nach vollſtreckt werden dürfen (§. 345); ebenſo ein Beginnen, welches darauf abzielt, Jemanden rechtswidrig der geſetzlichen Strafe zu entziehen oder eine erkannte Strafe nicht dem Geſetz gemäß zum Vollzuge zu bringen (§. 346). Ferner aber die vorſätzliche Beugung des Rechts zu Gunſten oder zum Nachtheil einer Partei Seitens eines Beamten oder Schiedsrichters bei der Leitung oder Entſcheidung einer Rechtsſache (§. 336) und die vorſätzliche falſche Beurkundung einer rechtlich erheblichen Thatſache, wenn die Be- urkundung Seitens eines Beamten, welcher zur Aufnahme öffent- licher Urkunden befugt iſt, innerhalb ſeiner Zuſtändigkeit erfolgt. §. 348. Hierher kann man auch die Fälle der §§. 337. 338. 351 ſtellen.
3) Kein Beamter ſoll die Gehorſamspflicht der ihm unterge- benen Beamten mißbrauchen.
Deshalb iſt mit Strafe bedroht ein Amtsvorgeſetzter, welcher dieſen Grundſatz poſitiv dadurch verletzt, daß er ſeine Untergebenen zu einer ſtrafbaren Handlung im Amte vorſätzlich verleitet oder zu verleiten unternimmt; ebenſo ein Beamter, der ihn negativ d. h. durch Unterlaſſungen verletzt, indem er eine ſolche ſtrafbare Handlung ſeiner Untergebenen wiſſentlich geſchehen läßt oder durch Nichtausübung der ihm übertragenen Aufſicht oder Kontrole ermög- licht. §. 357 1).
1) Ueber das Verhältniß dieſes Paragraphen zu §. 48 (Anſtiftung) vgl. Meves a. a. O. S. 1012.
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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
brauchen. Unter der Amtsgewalt iſt hier aber nicht nur die Exe-
kutivgewalt verſtanden, ſondern auch die amtliche Funktion der
richterlichen Beamten, durch Urtheile formelles Recht zu ſchaffen,
und die amtliche Funktion Beamter, durch Notariats-Akte, Rechts-
verhältniſſe zu begründen oder zu bekunden oder rechtlich erhebliche
Thatſachen feſtzuſtellen.
Darum iſt mit Strafe bedroht die widerrechtliche Nöthigung
Jemandes zu einer Handlung, Duldung oder Unterlaſſung durch
Mißbrauch der Amtsgewalt oder durch Androhung eines beſtimmten
Mißbrauchs (§. 339); die Erpreſſung von Geſtändnißen in einer
Unterſuchung durch Anwendung von Zwangsmitteln (§. 343); die
widerrechtliche Eröffnung einer Unterſuchung (§. 344) oder die
widerrechtliche Vollſtreckung von Strafen, von denen der Beamte
weiß, daß ſie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maaße
nach vollſtreckt werden dürfen (§. 345); ebenſo ein Beginnen,
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zum Vollzuge zu bringen (§. 346). Ferner aber die vorſätzliche
Beugung des Rechts zu Gunſten oder zum Nachtheil einer Partei
Seitens eines Beamten oder Schiedsrichters bei der Leitung oder
Entſcheidung einer Rechtsſache (§. 336) und die vorſätzliche falſche
Beurkundung einer rechtlich erheblichen Thatſache, wenn die Be-
urkundung Seitens eines Beamten, welcher zur Aufnahme öffent-
licher Urkunden befugt iſt, innerhalb ſeiner Zuſtändigkeit erfolgt.
§. 348. Hierher kann man auch die Fälle der §§. 337. 338. 351
ſtellen.
3) Kein Beamter ſoll die Gehorſamspflicht der ihm unterge-
benen Beamten mißbrauchen.
Deshalb iſt mit Strafe bedroht ein Amtsvorgeſetzter, welcher
dieſen Grundſatz poſitiv dadurch verletzt, daß er ſeine Untergebenen
zu einer ſtrafbaren Handlung im Amte vorſätzlich verleitet oder
zu verleiten unternimmt; ebenſo ein Beamter, der ihn negativ
d. h. durch Unterlaſſungen verletzt, indem er eine ſolche ſtrafbare
Handlung ſeiner Untergebenen wiſſentlich geſchehen läßt oder durch
Nichtausübung der ihm übertragenen Aufſicht oder Kontrole ermög-
licht. §. 357 1).
1) Ueber das Verhältniß dieſes Paragraphen zu §. 48 (Anſtiftung) vgl.
Meves a. a. O. S. 1012.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/458>, abgerufen am 23.11.2024.
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