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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
deten Dienstverhältnisses. Sie bestehen entweder in Ordnungs-
strafen oder in Entfernung aus dem Amte. (§. 73) 1).

a) Die Ordnungsstrafen (§. 74) sind in aufsteigender
Reihenfolge Warnung, Verweis und Geldstrafe. Warnung und
Verweis sind zu unterscheiden von Ermahnungen, Zurechtweisungen
oder Rügen, welche der Vorgesetzte gegen den untergebenen Be-
amten kraft der ihm zustehenden Geschäftsleitung und Oberaufsicht
ausspricht 2). Warnung und Verweis unterscheiden sich hiervon
dadurch, daß sie dem Unterbeamten gegenüber eine von ihm be-
gangene Verletzung der Dienstpflicht constatiren und sich als Folge
dieser Verletzung, als Reaktion dagegen, kundgeben; während bei
der kraft der Oberaufsicht ertheilten Ermahnung oder Rüge grade
die formelle Constatirung des Dienstvergehens dem Unterbeamten
erlassen wird.

Für Geldstrafen ist ein Maximum gesetzt, welches bei besolde-
ten Beamten in dem Betrage des einmonatlichen Dienstein-
kommens
, bei unbesoldeten Beamten im Betrage von 30 Thlr.
besteht 3).

Geldstrafe kann mit Verweis verbunden werden.

b) Die Entfernung aus dem Amte (§. 75) ist entweder
Strafversetzung oder Dienstentlassung 4). Die Strafversetzung
erfolgt durch Uebertragung eines anderen Amtes von gleichem

1) Mit Rücksicht hierauf unterscheidet man gewöhnlich die niedere oder
blos correktive und die höhere oder reinigende Disciplinargewalt. So Heffter
a. a. O. S. 75. Buddeus Rechtslexikon I. S. 223, Schaper in von
Holtzendorff's Rechtslex. I. S. 389. Auch die Motive zu §. §. 72 bis
124 des R.Beamtengesetzes unterscheiden die "korrektive" und die "epurirende"
Disciplin vermittelst Strafen, "die außerhalb des Gebietes der Kriminalität
liegen".
2) In der Literatur werden Ermahnungen und Verwarnungen öfters gar
nicht unterschieden, z. B. Heffter a. a. O. S. 73. 79. Buddeus a. a.
S. 224. Vgl. dagegen Kanngießer S. 157.
3) Da der Regel nach die Reichsbeamten besoldet sind, so ist durch das
Maximum auch die Geldstrafe in rechtliche Beziehung zu dem durch die An-
stellung begründeten Rechtsverhälnisse gesetzt.
4) Eine scholastisch-canonistische Darstellung der Arten der Amtsentsetzung
bei Heffter a. a. O. S. 53 ff. Buddeus S. 225. Vgl. ferner Bülau
im Staatswörterb. III. S. 141. 142 und v. Pözl ebendas. IX. S. 713 ff.

§. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung.
deten Dienſtverhältniſſes. Sie beſtehen entweder in Ordnungs-
ſtrafen oder in Entfernung aus dem Amte. (§. 73) 1).

a) Die Ordnungsſtrafen (§. 74) ſind in aufſteigender
Reihenfolge Warnung, Verweis und Geldſtrafe. Warnung und
Verweis ſind zu unterſcheiden von Ermahnungen, Zurechtweiſungen
oder Rügen, welche der Vorgeſetzte gegen den untergebenen Be-
amten kraft der ihm zuſtehenden Geſchäftsleitung und Oberaufſicht
ausſpricht 2). Warnung und Verweis unterſcheiden ſich hiervon
dadurch, daß ſie dem Unterbeamten gegenüber eine von ihm be-
gangene Verletzung der Dienſtpflicht conſtatiren und ſich als Folge
dieſer Verletzung, als Reaktion dagegen, kundgeben; während bei
der kraft der Oberaufſicht ertheilten Ermahnung oder Rüge grade
die formelle Conſtatirung des Dienſtvergehens dem Unterbeamten
erlaſſen wird.

Für Geldſtrafen iſt ein Maximum geſetzt, welches bei beſolde-
ten Beamten in dem Betrage des einmonatlichen Dienſtein-
kommens
, bei unbeſoldeten Beamten im Betrage von 30 Thlr.
beſteht 3).

Geldſtrafe kann mit Verweis verbunden werden.

b) Die Entfernung aus dem Amte (§. 75) iſt entweder
Strafverſetzung oder Dienſtentlaſſung 4). Die Strafverſetzung
erfolgt durch Uebertragung eines anderen Amtes von gleichem

1) Mit Rückſicht hierauf unterſcheidet man gewöhnlich die niedere oder
blos correktive und die höhere oder reinigende Disciplinargewalt. So Heffter
a. a. O. S. 75. Buddeus Rechtslexikon I. S. 223, Schaper in von
Holtzendorff’s Rechtslex. I. S. 389. Auch die Motive zu §. §. 72 bis
124 des R.Beamtengeſetzes unterſcheiden die „korrektive“ und die „epurirende„
Disciplin vermittelſt Strafen, „die außerhalb des Gebietes der Kriminalität
liegen“.
2) In der Literatur werden Ermahnungen und Verwarnungen öfters gar
nicht unterſchieden, z. B. Heffter a. a. O. S. 73. 79. Buddeus a. a.
S. 224. Vgl. dagegen Kanngießer S. 157.
3) Da der Regel nach die Reichsbeamten beſoldet ſind, ſo iſt durch das
Maximum auch die Geldſtrafe in rechtliche Beziehung zu dem durch die An-
ſtellung begründeten Rechtsverhälniſſe geſetzt.
4) Eine ſcholaſtiſch-canoniſtiſche Darſtellung der Arten der Amtsentſetzung
bei Heffter a. a. O. S. 53 ff. Buddeus S. 225. Vgl. ferner Bülau
im Staatswörterb. III. S. 141. 142 und v. Pözl ebendaſ. IX. S. 713 ff.
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[453/0473] §. 41. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. deten Dienſtverhältniſſes. Sie beſtehen entweder in Ordnungs- ſtrafen oder in Entfernung aus dem Amte. (§. 73) 1). a) Die Ordnungsſtrafen (§. 74) ſind in aufſteigender Reihenfolge Warnung, Verweis und Geldſtrafe. Warnung und Verweis ſind zu unterſcheiden von Ermahnungen, Zurechtweiſungen oder Rügen, welche der Vorgeſetzte gegen den untergebenen Be- amten kraft der ihm zuſtehenden Geſchäftsleitung und Oberaufſicht ausſpricht 2). Warnung und Verweis unterſcheiden ſich hiervon dadurch, daß ſie dem Unterbeamten gegenüber eine von ihm be- gangene Verletzung der Dienſtpflicht conſtatiren und ſich als Folge dieſer Verletzung, als Reaktion dagegen, kundgeben; während bei der kraft der Oberaufſicht ertheilten Ermahnung oder Rüge grade die formelle Conſtatirung des Dienſtvergehens dem Unterbeamten erlaſſen wird. Für Geldſtrafen iſt ein Maximum geſetzt, welches bei beſolde- ten Beamten in dem Betrage des einmonatlichen Dienſtein- kommens, bei unbeſoldeten Beamten im Betrage von 30 Thlr. beſteht 3). Geldſtrafe kann mit Verweis verbunden werden. b) Die Entfernung aus dem Amte (§. 75) iſt entweder Strafverſetzung oder Dienſtentlaſſung 4). Die Strafverſetzung erfolgt durch Uebertragung eines anderen Amtes von gleichem 1) Mit Rückſicht hierauf unterſcheidet man gewöhnlich die niedere oder blos correktive und die höhere oder reinigende Disciplinargewalt. So Heffter a. a. O. S. 75. Buddeus Rechtslexikon I. S. 223, Schaper in von Holtzendorff’s Rechtslex. I. S. 389. Auch die Motive zu §. §. 72 bis 124 des R.Beamtengeſetzes unterſcheiden die „korrektive“ und die „epurirende„ Disciplin vermittelſt Strafen, „die außerhalb des Gebietes der Kriminalität liegen“. 2) In der Literatur werden Ermahnungen und Verwarnungen öfters gar nicht unterſchieden, z. B. Heffter a. a. O. S. 73. 79. Buddeus a. a. S. 224. Vgl. dagegen Kanngießer S. 157. 3) Da der Regel nach die Reichsbeamten beſoldet ſind, ſo iſt durch das Maximum auch die Geldſtrafe in rechtliche Beziehung zu dem durch die An- ſtellung begründeten Rechtsverhälniſſe geſetzt. 4) Eine ſcholaſtiſch-canoniſtiſche Darſtellung der Arten der Amtsentſetzung bei Heffter a. a. O. S. 53 ff. Buddeus S. 225. Vgl. ferner Bülau im Staatswörterb. III. S. 141. 142 und v. Pözl ebendaſ. IX. S. 713 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/473>, abgerufen am 24.11.2024.