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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 4. Die Gründung des Deutschen Reiches.
sprechen, und es wurde mir der Befehl zu Theil, mich zu
diesem Zwecke nach München zu begeben. Der Zweck war
nicht eine Verhandlung, sondern eine Anhörung der Vor-
schläge, die von der Königl. Bayerischen Regierung vorbe-
reitet waren, eine Besprechung dieser Vorschläge aus der
Kenntniß der Verhältnisse heraus, die mir meiner Stellung
nach beiwohnte; die einzige Instruktion, welche ich erhielt,
war die, mich jeder Aeußerung zu enthalten, welche gedeu-
tet werden könnte, als ob das Präsidium im jetzigen Mo-
ment gesonnen sei, auf die freien Entschließungen eines
treuen und bewährten Alliirten auch nur den entferntesten
Druck auszuüben. Die Besprechungen in München fanden
statt und wurden wesentlich gefördert dadurch, daß die
Königl. Württembergische Regierung durch eines ihrer Mit-
glieder an diesen Besprechungen theilnahm. Während das
Ergebniß dieser Besprechungen der Erwägung des Bundes-
Präsidiums unterlag, wurde von Stuttgart der Wunsch
ausgesprochen, die in München eingeleiteten Besprechungen
in Versailles fortzusetzen und zu ergänzen, namentlich nach
der militairischen Seite hin, indem der Königl. Württem-
bergische Vertreter in München nicht in der Lage gewesen
war, sich über diesen vorzugsweise wichtigen Theil der
Verfassung weiter, als in einigen allgemeinen Andeutungen
zu äußern. Gleichzeitig mit dieser Anregung erfolgte der
offizielle Antrag Badens auf Eintritt in den Norddeutschen
Bund.

Das Präsidium konnte nicht zögern, diesen Anregungen
zu entsprechen, und sowohl die Königl. Württembergische
als die Großherzogl. Badische Regierung zur Entsendung
von Bevollmächtigten nach Versailles einzuladen. Es gab
gleichzeitig davon nach München Nachricht, indem es zur
Wahl stellte, entweder ebenfalls in Versailles die Münche-
ner Besprechungen fortzusetzen, oder, wenn es vorgezogen
werden sollte, das Ergebniß der Verhandlungen mit den
anderen dort vertretenen Deutschen Staaten abzuwarten,
um sodann die Verhandlungen in München wieder aufzu-
nehmen. Endlich erklärte auch die Großherzogl. Hessische
Regierung ihren Entschluß, mit dem südlichen Theil ihres

§. 4. Die Gründung des Deutſchen Reiches.
ſprechen, und es wurde mir der Befehl zu Theil, mich zu
dieſem Zwecke nach München zu begeben. Der Zweck war
nicht eine Verhandlung, ſondern eine Anhörung der Vor-
ſchläge, die von der Königl. Bayeriſchen Regierung vorbe-
reitet waren, eine Beſprechung dieſer Vorſchläge aus der
Kenntniß der Verhältniſſe heraus, die mir meiner Stellung
nach beiwohnte; die einzige Inſtruktion, welche ich erhielt,
war die, mich jeder Aeußerung zu enthalten, welche gedeu-
tet werden könnte, als ob das Präſidium im jetzigen Mo-
ment geſonnen ſei, auf die freien Entſchließungen eines
treuen und bewährten Alliirten auch nur den entfernteſten
Druck auszuüben. Die Beſprechungen in München fanden
ſtatt und wurden weſentlich gefördert dadurch, daß die
Königl. Württembergiſche Regierung durch eines ihrer Mit-
glieder an dieſen Beſprechungen theilnahm. Während das
Ergebniß dieſer Beſprechungen der Erwägung des Bundes-
Präſidiums unterlag, wurde von Stuttgart der Wunſch
ausgeſprochen, die in München eingeleiteten Beſprechungen
in Verſailles fortzuſetzen und zu ergänzen, namentlich nach
der militairiſchen Seite hin, indem der Königl. Württem-
bergiſche Vertreter in München nicht in der Lage geweſen
war, ſich über dieſen vorzugsweiſe wichtigen Theil der
Verfaſſung weiter, als in einigen allgemeinen Andeutungen
zu äußern. Gleichzeitig mit dieſer Anregung erfolgte der
offizielle Antrag Badens auf Eintritt in den Norddeutſchen
Bund.

Das Präſidium konnte nicht zögern, dieſen Anregungen
zu entſprechen, und ſowohl die Königl. Württembergiſche
als die Großherzogl. Badiſche Regierung zur Entſendung
von Bevollmächtigten nach Verſailles einzuladen. Es gab
gleichzeitig davon nach München Nachricht, indem es zur
Wahl ſtellte, entweder ebenfalls in Verſailles die Münche-
ner Beſprechungen fortzuſetzen, oder, wenn es vorgezogen
werden ſollte, das Ergebniß der Verhandlungen mit den
anderen dort vertretenen Deutſchen Staaten abzuwarten,
um ſodann die Verhandlungen in München wieder aufzu-
nehmen. Endlich erklärte auch die Großherzogl. Heſſiſche
Regierung ihren Entſchluß, mit dem ſüdlichen Theil ihres

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[38/0058] §. 4. Die Gründung des Deutſchen Reiches. ſprechen, und es wurde mir der Befehl zu Theil, mich zu dieſem Zwecke nach München zu begeben. Der Zweck war nicht eine Verhandlung, ſondern eine Anhörung der Vor- ſchläge, die von der Königl. Bayeriſchen Regierung vorbe- reitet waren, eine Beſprechung dieſer Vorſchläge aus der Kenntniß der Verhältniſſe heraus, die mir meiner Stellung nach beiwohnte; die einzige Inſtruktion, welche ich erhielt, war die, mich jeder Aeußerung zu enthalten, welche gedeu- tet werden könnte, als ob das Präſidium im jetzigen Mo- ment geſonnen ſei, auf die freien Entſchließungen eines treuen und bewährten Alliirten auch nur den entfernteſten Druck auszuüben. Die Beſprechungen in München fanden ſtatt und wurden weſentlich gefördert dadurch, daß die Königl. Württembergiſche Regierung durch eines ihrer Mit- glieder an dieſen Beſprechungen theilnahm. Während das Ergebniß dieſer Beſprechungen der Erwägung des Bundes- Präſidiums unterlag, wurde von Stuttgart der Wunſch ausgeſprochen, die in München eingeleiteten Beſprechungen in Verſailles fortzuſetzen und zu ergänzen, namentlich nach der militairiſchen Seite hin, indem der Königl. Württem- bergiſche Vertreter in München nicht in der Lage geweſen war, ſich über dieſen vorzugsweiſe wichtigen Theil der Verfaſſung weiter, als in einigen allgemeinen Andeutungen zu äußern. Gleichzeitig mit dieſer Anregung erfolgte der offizielle Antrag Badens auf Eintritt in den Norddeutſchen Bund. Das Präſidium konnte nicht zögern, dieſen Anregungen zu entſprechen, und ſowohl die Königl. Württembergiſche als die Großherzogl. Badiſche Regierung zur Entſendung von Bevollmächtigten nach Verſailles einzuladen. Es gab gleichzeitig davon nach München Nachricht, indem es zur Wahl ſtellte, entweder ebenfalls in Verſailles die Münche- ner Beſprechungen fortzuſetzen, oder, wenn es vorgezogen werden ſollte, das Ergebniß der Verhandlungen mit den anderen dort vertretenen Deutſchen Staaten abzuwarten, um ſodann die Verhandlungen in München wieder aufzu- nehmen. Endlich erklärte auch die Großherzogl. Heſſiſche Regierung ihren Entſchluß, mit dem ſüdlichen Theil ihres

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/58>, abgerufen am 21.11.2024.