Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 54. Bundesglied und Reichsland. setzen: "Jeder Staatsangehörige von Elsaß-Lothringen", statt:"Jeder in Elsaß-Lothringen wohnende Deutsche", so käme man zu dem sonderbaren Resultate, daß wenn zwei Deutsche, welche ihren Wohnsitz im Reichsland haben, von denen aber nur einer die elsaß- lothringische Staatsangehörigkeit nach den Vorschriften des Gesetzes v. 1. Juni 1870 erworben hat, in Baden, der Pfalz oder Luxem- burg ein Vergehen oder eine Uebertretung gegen die Forstgesetze gemeinsam verübt haben, der Eine von dem elsässischen Gericht nach den strengen Vorschriften des französischen Forstgesetzes be- straft werden könnte, der Andere nicht. Endlich ist noch ein vom Reich erlassenes Gesetz zu erwähnen, 1) Ges.-Bl. f. Els.-Lothr. S. 85. 2) R.-G.-Bl. S. 64. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstages. II. Sess. 1874/75. S. 956. 3) Ob zur Zeit der Abtretung des Reichslandes oder zur Zeit des Erlasses jenes Gesetzes kann zweifelhaft sein. Eine Buchstaben-Interpretation des Ge- setzes würde zu der letzteren Ansicht führen; sachliche Gründe sprechen aber dafür, unter den Angehörigen v. Els.-Lothr. diejenigen Reichsangehörigen zu verstehen, welche zur Zeit der Abtretung des Reichslandes in demselben ihren Wohnsitz hatten und französische Unterthanen waren. 4) Ebenso wenig Zusammenhang mit einer elsaß-lothringischen Staats-
angehörigkeit hat die Anordnung im Ges. v. 24. Januar 1873 §. 3. c, daß das Wahlrecht und die Wählbarkeit ruht: "für Elsaß-Lothringer, welche sich für die französ. Nationalität erklärt haben, aber nicht ausgewandert sind". Es ist §. 54. Bundesglied und Reichsland. ſetzen: „Jeder Staatsangehörige von Elſaß-Lothringen“, ſtatt:„Jeder in Elſaß-Lothringen wohnende Deutſche“, ſo käme man zu dem ſonderbaren Reſultate, daß wenn zwei Deutſche, welche ihren Wohnſitz im Reichsland haben, von denen aber nur einer die elſaß- lothringiſche Staatsangehörigkeit nach den Vorſchriften des Geſetzes v. 1. Juni 1870 erworben hat, in Baden, der Pfalz oder Luxem- burg ein Vergehen oder eine Uebertretung gegen die Forſtgeſetze gemeinſam verübt haben, der Eine von dem elſäſſiſchen Gericht nach den ſtrengen Vorſchriften des franzöſiſchen Forſtgeſetzes be- ſtraft werden könnte, der Andere nicht. Endlich iſt noch ein vom Reich erlaſſenes Geſetz zu erwähnen, 1) Geſ.-Bl. f. Elſ.-Lothr. S. 85. 2) R.-G.-Bl. S. 64. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstages. II. Seſſ. 1874/75. S. 956. 3) Ob zur Zeit der Abtretung des Reichslandes oder zur Zeit des Erlaſſes jenes Geſetzes kann zweifelhaft ſein. Eine Buchſtaben-Interpretation des Ge- ſetzes würde zu der letzteren Anſicht führen; ſachliche Gründe ſprechen aber dafür, unter den Angehörigen v. Elſ.-Lothr. diejenigen Reichsangehörigen zu verſtehen, welche zur Zeit der Abtretung des Reichslandes in demſelben ihren Wohnſitz hatten und franzöſiſche Unterthanen waren. 4) Ebenſo wenig Zuſammenhang mit einer elſaß-lothringiſchen Staats-
angehörigkeit hat die Anordnung im Geſ. v. 24. Januar 1873 §. 3. c, daß das Wahlrecht und die Wählbarkeit ruht: „für Elſaß-Lothringer, welche ſich für die franzöſ. Nationalität erklärt haben, aber nicht ausgewandert ſind“. Es iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0623" n="603"/><fw place="top" type="header">§. 54. Bundesglied und Reichsland.</fw><lb/> ſetzen: „Jeder Staatsangehörige von Elſaß-Lothringen“, ſtatt:<lb/> „Jeder in Elſaß-Lothringen wohnende Deutſche“, ſo käme man zu<lb/> dem ſonderbaren Reſultate, daß wenn zwei Deutſche, welche ihren<lb/> Wohnſitz im Reichsland haben, von denen aber nur einer die elſaß-<lb/> lothringiſche Staatsangehörigkeit nach den Vorſchriften des Geſetzes<lb/> v. 1. Juni 1870 erworben hat, in Baden, der Pfalz oder Luxem-<lb/> burg ein Vergehen oder eine Uebertretung gegen die Forſtgeſetze<lb/> gemeinſam verübt haben, der Eine von dem elſäſſiſchen Gericht<lb/> nach den ſtrengen Vorſchriften des franzöſiſchen Forſtgeſetzes be-<lb/> ſtraft werden könnte, der Andere nicht.</p><lb/> <p>Endlich iſt noch ein vom Reich erlaſſenes Geſetz zu erwähnen,<lb/> in welchem der Ausdruck „Angehörige von Elſaß-Lothringen“ vor-<lb/> kömmt, aber ebenfalls ohne alle Beziehung auf die <hi rendition="#g">Staats</hi>-An-<lb/> gehörigkeit. Nach dem Geſ. v. 23. Januar 1872 §. 2 <note place="foot" n="1)">Geſ.-Bl. f. Elſ.-Lothr. S. 85.</note> findet<lb/> das Geſetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienſte „auf die vor<lb/> dem 1. Januar 1851 geborenen Angehörigen von Elſaß-Lothringen“<lb/> keine Anwendung; ebenſo wenig das Landſturmgeſetz v. 12. Febr.<lb/> 1875 gemäß der im §. 9 deſſelben enthaltenen Anordnung <note place="foot" n="2)">R.-G.-Bl. S. 64. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstages. <hi rendition="#aq">II.</hi> Seſſ.<lb/> 1874/75. S. 956.</note>.<lb/> Dieſes Geſetz ertheilt dieſe Begünſtigung aber nur denjenigen Per-<lb/> ſonen, welche bereits <hi rendition="#g">damals</hi> Elſaß-Lothringen angehörten <note place="foot" n="3)">Ob zur Zeit der Abtretung des Reichslandes oder zur Zeit des Erlaſſes<lb/> jenes Geſetzes kann zweifelhaft ſein. Eine Buchſtaben-Interpretation des Ge-<lb/> ſetzes würde zu der letzteren Anſicht führen; ſachliche Gründe ſprechen aber<lb/> dafür, unter den Angehörigen v. Elſ.-Lothr. diejenigen Reichsangehörigen zu<lb/> verſtehen, welche zur Zeit der <hi rendition="#g">Abtretung</hi> des Reichslandes in demſelben<lb/> ihren Wohnſitz hatten und franzöſiſche Unterthanen waren.</note>.<lb/> Weder wird von Deutſchen, welche nach Elſaß-Lothringen über-<lb/> wandern und ſich dort eine Aufnahme-Urkunde ertheilen laſſen,<lb/> dieſe Begünſtigung erworben, noch geht ſie denjenigen Perſonen,<lb/> denen ſie nach dem Geſetz zuſteht, durch Ueberwanderung in einen<lb/> deutſchen Staat und Erwerbung des Staatsbürgerrechts in dem-<lb/> ſelben verloren <note xml:id="seg2pn_72_1" next="#seg2pn_72_2" place="foot" n="4)">Ebenſo wenig Zuſammenhang mit einer elſaß-lothringiſchen Staats-<lb/> angehörigkeit hat die Anordnung im Geſ. v. 24. Januar 1873 §. 3. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#sup">c</hi></hi>, daß das<lb/> Wahlrecht und die <choice><sic>Wählharkeit</sic><corr>Wählbarkeit</corr></choice> ruht: „für Elſaß-Lothringer, welche ſich für die<lb/> franzöſ. Nationalität erklärt haben, aber nicht ausgewandert ſind“. Es iſt</note></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [603/0623]
§. 54. Bundesglied und Reichsland.
ſetzen: „Jeder Staatsangehörige von Elſaß-Lothringen“, ſtatt:
„Jeder in Elſaß-Lothringen wohnende Deutſche“, ſo käme man zu
dem ſonderbaren Reſultate, daß wenn zwei Deutſche, welche ihren
Wohnſitz im Reichsland haben, von denen aber nur einer die elſaß-
lothringiſche Staatsangehörigkeit nach den Vorſchriften des Geſetzes
v. 1. Juni 1870 erworben hat, in Baden, der Pfalz oder Luxem-
burg ein Vergehen oder eine Uebertretung gegen die Forſtgeſetze
gemeinſam verübt haben, der Eine von dem elſäſſiſchen Gericht
nach den ſtrengen Vorſchriften des franzöſiſchen Forſtgeſetzes be-
ſtraft werden könnte, der Andere nicht.
Endlich iſt noch ein vom Reich erlaſſenes Geſetz zu erwähnen,
in welchem der Ausdruck „Angehörige von Elſaß-Lothringen“ vor-
kömmt, aber ebenfalls ohne alle Beziehung auf die Staats-An-
gehörigkeit. Nach dem Geſ. v. 23. Januar 1872 §. 2 1) findet
das Geſetz über die Verpflichtung zum Kriegsdienſte „auf die vor
dem 1. Januar 1851 geborenen Angehörigen von Elſaß-Lothringen“
keine Anwendung; ebenſo wenig das Landſturmgeſetz v. 12. Febr.
1875 gemäß der im §. 9 deſſelben enthaltenen Anordnung 2).
Dieſes Geſetz ertheilt dieſe Begünſtigung aber nur denjenigen Per-
ſonen, welche bereits damals Elſaß-Lothringen angehörten 3).
Weder wird von Deutſchen, welche nach Elſaß-Lothringen über-
wandern und ſich dort eine Aufnahme-Urkunde ertheilen laſſen,
dieſe Begünſtigung erworben, noch geht ſie denjenigen Perſonen,
denen ſie nach dem Geſetz zuſteht, durch Ueberwanderung in einen
deutſchen Staat und Erwerbung des Staatsbürgerrechts in dem-
ſelben verloren 4)
1) Geſ.-Bl. f. Elſ.-Lothr. S. 85.
2) R.-G.-Bl. S. 64. Vgl. Stenogr. Berichte des Reichstages. II. Seſſ.
1874/75. S. 956.
3) Ob zur Zeit der Abtretung des Reichslandes oder zur Zeit des Erlaſſes
jenes Geſetzes kann zweifelhaft ſein. Eine Buchſtaben-Interpretation des Ge-
ſetzes würde zu der letzteren Anſicht führen; ſachliche Gründe ſprechen aber
dafür, unter den Angehörigen v. Elſ.-Lothr. diejenigen Reichsangehörigen zu
verſtehen, welche zur Zeit der Abtretung des Reichslandes in demſelben
ihren Wohnſitz hatten und franzöſiſche Unterthanen waren.
4) Ebenſo wenig Zuſammenhang mit einer elſaß-lothringiſchen Staats-
angehörigkeit hat die Anordnung im Geſ. v. 24. Januar 1873 §. 3. c, daß das
Wahlrecht und die Wählbarkeit ruht: „für Elſaß-Lothringer, welche ſich für die
franzöſ. Nationalität erklärt haben, aber nicht ausgewandert ſind“. Es iſt
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