Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 7. Das Reich als Rechtssubject. Es sind also zwei Gründe, auf welche diese Theorie sich stützt; Die Berufung auf die Entstehungsgeschichte des Norddeutschen 1) In dieser Hinsicht stimmt mit Seydel überein G. Meyer Staatsrechtl. Erörterungen S. 56 ff. 2) Studien zum Deutschen Staatsrechte I S. 31 fg. 68 fg. 3) Hänel S. 32 fg. besonders S. 34. 4) Vgl. oben S. 17 ff. 30. 5) Logisch ungenau ist die Ausdrucksweise v. Rönne's S. 36: "der Vertrag der Deutschen Staaten hat .... die rechtliche Natur einer paktirten Verfassung erhalten, wodurch die Vertragseigenschaft in die zweite Linie getreten ist." Der Vertrag kann nicht die Natur einer Ver- fassung erhalten; der Bund kann nicht in erster Linie Staatseigenschaft und in zweiter Linie Vertragseigenschaft haben. Das vertragsmäßige Verhält- niß (nicht der Vertrag selbst) hat vielmehr durch Erfüllung aufgehört. Vgl. Seydel S. 6. 6) a. a. O. S. 5.
§. 7. Das Reich als Rechtsſubject. Es ſind alſo zwei Gründe, auf welche dieſe Theorie ſich ſtützt; Die Berufung auf die Entſtehungsgeſchichte des Norddeutſchen 1) In dieſer Hinſicht ſtimmt mit Seydel überein G. Meyer Staatsrechtl. Erörterungen S. 56 ff. 2) Studien zum Deutſchen Staatsrechte I S. 31 fg. 68 fg. 3) Hänel S. 32 fg. beſonders S. 34. 4) Vgl. oben S. 17 ff. 30. 5) Logiſch ungenau iſt die Ausdrucksweiſe v. Rönne’s S. 36: „der Vertrag der Deutſchen Staaten hat .... die rechtliche Natur einer paktirten Verfaſſung erhalten, wodurch die Vertragseigenſchaft in die zweite Linie getreten iſt.“ Der Vertrag kann nicht die Natur einer Ver- faſſung erhalten; der Bund kann nicht in erſter Linie Staatseigenſchaft und in zweiter Linie Vertragseigenſchaft haben. Das vertragsmäßige Verhält- niß (nicht der Vertrag ſelbſt) hat vielmehr durch Erfüllung aufgehört. Vgl. Seydel S. 6. 6) a. a. O. S. 5.
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§. 7. Das Reich als Rechtsſubject.
Es ſind alſo zwei Gründe, auf welche dieſe Theorie ſich ſtützt;
erſtens die Entſtehungsart des Reiches 1) und zweitens die verfaſ-
ſungsmäßige Anerkennung der Bundesglieder als Staaten.
Die Berufung auf die Entſtehungsgeſchichte des Norddeutſchen
Bundes, beziehentl. des Deutſchen Reiches, iſt von Hänel 2) in
ſo trefflicher Weiſe widerlegt worden, daß ſeinen Ausführungen
kaum etwas Weſentliches hinzugefügt werden kann. Aus der That-
ſache, daß die Norddeutſchen Staaten durch einen völkerrechtlichen
Vertrag ſich gegenſeitig verpflichtet haben, einen Bund zu gründen,
folgt ebenſo wenig, daß dieſer Bund ſelbſt einen vertragsmäßigen
völkerrechtlichen Charakter habe, wie auf privatrechtlichem Gebiete
daraus, daß mehrere Perſonen behufs Gründung einer juriſtiſchen
Perſon, z. B. eines Actienvereins, einen Vertrag unter einander
abſchließen, die Folgerung gerechtfertigt wäre, daß dieſer Verein
ſelbſt ein obligatoriſches Verhältniß der Gründer ſei 3). Die Ent-
ſtehungsgeſchichte des Norddeutſchen Bundes läßt, wie oben aus-
geführt worden iſt 4), eine andere Auffaſſung nicht zu als die, daß
durch die Errichtung des Norddeutſchen Bundes der Vertrag vom
18. Auguſt 1866 erfüllt wurde. Damit hörte das vertrags-
mäßige Verhältniß auf und die ſtaatsrechtliche Organiſa-
tion trat an ſeine Stelle 5). Wenn Seydel 6) behauptet, der
Bündnißvertrag ſei nicht auf eine einmalige Leiſtung, ſondern
auf Begründung immerwährender gegenſeitiger Verpflichtungen
gegangen; durch das Zuſtandekommen der Verfaſſung ſei der Ver-
trag daher keineswegs vollſtändig erfüllt worden, er habe im Ge-
gentheil nun erſt thatſächliche Bedeutung erlangt, — ſo hat er
1) In dieſer Hinſicht ſtimmt mit Seydel überein G. Meyer Staatsrechtl.
Erörterungen S. 56 ff.
2) Studien zum Deutſchen Staatsrechte I S. 31 fg. 68 fg.
3) Hänel S. 32 fg. beſonders S. 34.
4) Vgl. oben S. 17 ff. 30.
5) Logiſch ungenau iſt die Ausdrucksweiſe v. Rönne’s S. 36: „der
Vertrag der Deutſchen Staaten hat .... die rechtliche Natur einer
paktirten Verfaſſung erhalten, wodurch die Vertragseigenſchaft in die
zweite Linie getreten iſt.“ Der Vertrag kann nicht die Natur einer Ver-
faſſung erhalten; der Bund kann nicht in erſter Linie Staatseigenſchaft und
in zweiter Linie Vertragseigenſchaft haben. Das vertragsmäßige Verhält-
niß (nicht der Vertrag ſelbſt) hat vielmehr durch Erfüllung aufgehört. Vgl.
Seydel S. 6.
6) a. a. O. S. 5.
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