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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 67. Der Begriff der Verwaltung.
enthält Regeln des Privatrechts, Proceßrechts und Strafrechts,
welche ebenso gut, wie sie in dem Postgesetz, den Steuer- und
Zollgesetzen, der Gewerbe-Ordnung u. s. w. enthalten sind, in dem
bürgerlichen Gesetzbuch, der Proceß-Ordnung oder dem Strafgesetz-
buch ihren Platz haben könnten. Daß die speziellen Rechtssätze in
besonderen Gesetzen formulirt sind, beruht nicht auf ihrem juristi-
schen Wesen, sondern auf technischen Gründen der Gesetzgebungs-
kunst. Andererseits enthalten die privatrechtlichen Gesetze, die
Proceßordnungen und besonders das Strafgesetzbuch sehr viele
Bestimmungen, welche mit Rücksicht auf die Verwaltungsthätigkeit
des Staates die im Allgemeinen herrschenden Rechtsregeln abän-
dern oder ergänzen. Soweit aber spezielle Rechtssätze gesetzlich
nicht anerkannt sind, gelten die allgemeinen Rechtsregeln auch für
die durch die Verwaltungsthätigkeit des Staates hervorgerufenen
Rechtsverhältnisse. So wie die unter 1. besprochenen Gesetze keine
Verwaltungsvorschriften sondern staatsrechtliche Regeln enthalten,
so sind auch die hier in Rede stehenden Gesetze keine Verwaltungs-
vorschriften, sondern sie enthalten Rechtssätze des Privatrechts,
Strafrechts und Proceßrechts. Auch hier kann man nicht in dem
herkömmlichen Sinne sagen, daß die Verwaltung die Aufgabe habe,
die Gesetze auszuführen. Die Post, welche auf Grund des Post-
gesetzes Entschädigung leistet, führt das Postgesetz in keinem andern
Sinne aus, wie der Frachtführer, welcher für ein verlorenes Fracht-
gut Schadensersatz zahlt, das Handelsgesetzbuch ausführt. Dasselbe
gilt von den zahllosen Leistungen von Vermögenswerth, welche
die meisten Verwaltungsbehörden nach Maßgabe der Gesetze zu
erheben oder zu gewähren haben. Die Zoll- und Steuerbehörde,
welche im administrativen Wege Zahlungen eintreibt und Strafen
vollstreckt, führt die Zoll- und Steuergesetze in keinem andern
Sinne aus, wie man dies von den Gerichten hinsichtlich der Pro-
ceßordnungen sagen könnte; die Zollbehörde und das von ihr zu
beobachtende Verfahren tritt lediglich an die Stelle des ordentlichen
Gerichts und des gewöhnlichen Processes. Ebenso ist kein begriff-
licher Unterschied zwischen der Bestrafung desjenigen, welcher ein
im Strafgesetzbuch erwähntes Delict verübt hat, und der Bestra-
fung desjenigen, der eine im Zoll- oder Steuergesetz u. s. w. mit
Strafe bedrohte Handlung begangen hat.

III. Die beiden erwähnten Klassen von Gesetzen sind Gesetze

§. 67. Der Begriff der Verwaltung.
enthält Regeln des Privatrechts, Proceßrechts und Strafrechts,
welche ebenſo gut, wie ſie in dem Poſtgeſetz, den Steuer- und
Zollgeſetzen, der Gewerbe-Ordnung u. ſ. w. enthalten ſind, in dem
bürgerlichen Geſetzbuch, der Proceß-Ordnung oder dem Strafgeſetz-
buch ihren Platz haben könnten. Daß die ſpeziellen Rechtsſätze in
beſonderen Geſetzen formulirt ſind, beruht nicht auf ihrem juriſti-
ſchen Weſen, ſondern auf techniſchen Gründen der Geſetzgebungs-
kunſt. Andererſeits enthalten die privatrechtlichen Geſetze, die
Proceßordnungen und beſonders das Strafgeſetzbuch ſehr viele
Beſtimmungen, welche mit Rückſicht auf die Verwaltungsthätigkeit
des Staates die im Allgemeinen herrſchenden Rechtsregeln abän-
dern oder ergänzen. Soweit aber ſpezielle Rechtsſätze geſetzlich
nicht anerkannt ſind, gelten die allgemeinen Rechtsregeln auch für
die durch die Verwaltungsthätigkeit des Staates hervorgerufenen
Rechtsverhältniſſe. So wie die unter 1. beſprochenen Geſetze keine
Verwaltungsvorſchriften ſondern ſtaatsrechtliche Regeln enthalten,
ſo ſind auch die hier in Rede ſtehenden Geſetze keine Verwaltungs-
vorſchriften, ſondern ſie enthalten Rechtsſätze des Privatrechts,
Strafrechts und Proceßrechts. Auch hier kann man nicht in dem
herkömmlichen Sinne ſagen, daß die Verwaltung die Aufgabe habe,
die Geſetze auszuführen. Die Poſt, welche auf Grund des Poſt-
geſetzes Entſchädigung leiſtet, führt das Poſtgeſetz in keinem andern
Sinne aus, wie der Frachtführer, welcher für ein verlorenes Fracht-
gut Schadenserſatz zahlt, das Handelsgeſetzbuch ausführt. Daſſelbe
gilt von den zahlloſen Leiſtungen von Vermögenswerth, welche
die meiſten Verwaltungsbehörden nach Maßgabe der Geſetze zu
erheben oder zu gewähren haben. Die Zoll- und Steuerbehörde,
welche im adminiſtrativen Wege Zahlungen eintreibt und Strafen
vollſtreckt, führt die Zoll- und Steuergeſetze in keinem andern
Sinne aus, wie man dies von den Gerichten hinſichtlich der Pro-
ceßordnungen ſagen könnte; die Zollbehörde und das von ihr zu
beobachtende Verfahren tritt lediglich an die Stelle des ordentlichen
Gerichts und des gewöhnlichen Proceſſes. Ebenſo iſt kein begriff-
licher Unterſchied zwiſchen der Beſtrafung desjenigen, welcher ein
im Strafgeſetzbuch erwähntes Delict verübt hat, und der Beſtra-
fung desjenigen, der eine im Zoll- oder Steuergeſetz u. ſ. w. mit
Strafe bedrohte Handlung begangen hat.

III. Die beiden erwähnten Klaſſen von Geſetzen ſind Geſetze

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[206/0220] §. 67. Der Begriff der Verwaltung. enthält Regeln des Privatrechts, Proceßrechts und Strafrechts, welche ebenſo gut, wie ſie in dem Poſtgeſetz, den Steuer- und Zollgeſetzen, der Gewerbe-Ordnung u. ſ. w. enthalten ſind, in dem bürgerlichen Geſetzbuch, der Proceß-Ordnung oder dem Strafgeſetz- buch ihren Platz haben könnten. Daß die ſpeziellen Rechtsſätze in beſonderen Geſetzen formulirt ſind, beruht nicht auf ihrem juriſti- ſchen Weſen, ſondern auf techniſchen Gründen der Geſetzgebungs- kunſt. Andererſeits enthalten die privatrechtlichen Geſetze, die Proceßordnungen und beſonders das Strafgeſetzbuch ſehr viele Beſtimmungen, welche mit Rückſicht auf die Verwaltungsthätigkeit des Staates die im Allgemeinen herrſchenden Rechtsregeln abän- dern oder ergänzen. Soweit aber ſpezielle Rechtsſätze geſetzlich nicht anerkannt ſind, gelten die allgemeinen Rechtsregeln auch für die durch die Verwaltungsthätigkeit des Staates hervorgerufenen Rechtsverhältniſſe. So wie die unter 1. beſprochenen Geſetze keine Verwaltungsvorſchriften ſondern ſtaatsrechtliche Regeln enthalten, ſo ſind auch die hier in Rede ſtehenden Geſetze keine Verwaltungs- vorſchriften, ſondern ſie enthalten Rechtsſätze des Privatrechts, Strafrechts und Proceßrechts. Auch hier kann man nicht in dem herkömmlichen Sinne ſagen, daß die Verwaltung die Aufgabe habe, die Geſetze auszuführen. Die Poſt, welche auf Grund des Poſt- geſetzes Entſchädigung leiſtet, führt das Poſtgeſetz in keinem andern Sinne aus, wie der Frachtführer, welcher für ein verlorenes Fracht- gut Schadenserſatz zahlt, das Handelsgeſetzbuch ausführt. Daſſelbe gilt von den zahlloſen Leiſtungen von Vermögenswerth, welche die meiſten Verwaltungsbehörden nach Maßgabe der Geſetze zu erheben oder zu gewähren haben. Die Zoll- und Steuerbehörde, welche im adminiſtrativen Wege Zahlungen eintreibt und Strafen vollſtreckt, führt die Zoll- und Steuergeſetze in keinem andern Sinne aus, wie man dies von den Gerichten hinſichtlich der Pro- ceßordnungen ſagen könnte; die Zollbehörde und das von ihr zu beobachtende Verfahren tritt lediglich an die Stelle des ordentlichen Gerichts und des gewöhnlichen Proceſſes. Ebenſo iſt kein begriff- licher Unterſchied zwiſchen der Beſtrafung desjenigen, welcher ein im Strafgeſetzbuch erwähntes Delict verübt hat, und der Beſtra- fung desjenigen, der eine im Zoll- oder Steuergeſetz u. ſ. w. mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat. III. Die beiden erwähnten Klaſſen von Geſetzen ſind Geſetze

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/220>, abgerufen am 27.11.2024.