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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 67. Der Begriff der Verwaltung.
des Privatrechts und des öffentlichen Rechts. Die Corporation
und der Aktienverein haben durch Rechtssätze und Statut gewisse
allgemeine und unentbehrliche Verwaltungs-Organe; dieselben kön-
nen aber durch Rechtsgeschäfte sich anderweitige Organe schaffen,
indem sie Bevollmächtigte, Gehülfen, Kontrolleure u. s. w. ernennen
und eine planmäßige Vertheilung der Geschäfte unter dieselben
vornehmen.

So kann auch im Staate das Recht sich möglicherweise auf
den einen Satz beschränken, daß der Monarch zu verwalten habe.
Alsdann ist die Herstellung des Verwaltungs-Apparates selbst eine
Verwaltungsthätigkeit, eine Summe von Rechtshandlungen.

Wie weit die Organisation des Verwaltungs-Apparates zum
Gegenstand der Rechtsordnung erhoben, wie weit dieselbe der Ge-
schäftsführung der durch das Recht gegebenen Organe überlassen
wird, ist demnach nicht durch juristische Gründe bestimmt, sondern
durch politische Erwägungen. Für gewisse Gebiete der Verwaltung
pflegt die Behörden-Organisation bis auf die Einzelheiten rechtlich
festgestellt zu sein, so insbesondere für die Rechtspflege und für
die Finanzverwaltung; für andere Gebiete besteht eine ausgedehnte
Handlungsfreiheit der Regierung 1).

Die Einrichtung und Verzweigung der Behörden und die Ab-
gränzung ihres Geschäftskreises, sowie die Veränderung oder Auf-
hebung bestehender Behörden kann daher an sich ebensowohl als
ein Akt der Gesetzgebung d. h. als Regelung der staatlichen Rechts-
ordnung, wie als ein Akt der staatlichen Verwaltung d. h. als
Bethätigung der Geschäftsführung gedacht werden und es ist ledig-
lich nach dem positiven Recht eines bestimmten Staates und eines
bestimmten Zeitpunktes zu beantworten, in welchem Maaße das
Eine oder das Andere der Fall ist. Die Entwicklung des moder-
nen Staates ist darauf gerichtet, das gesammte Behörden-System
und die Zuweisung bestimmter Geschäftskreise an die einzelnen
Aemter immer vollständiger und ausschließlicher durch die Gesetz-
gebung zu regeln und zur Rechtsinstitution zu erheben. Soweit
dies geschehen ist, ist die Handlungsfreiheit der Verwaltung be-
seitigt oder beschränkt; und dieselbe kann nur die gesetzlichen Vor-

1) Es wird hier selbstverständlich von der mittelbaren Beschränkung der-
selben durch den Staatshaushalts-Etat abgesehen. Vgl. oben Bd. I.
S. 301 ff.

§. 67. Der Begriff der Verwaltung.
des Privatrechts und des öffentlichen Rechts. Die Corporation
und der Aktienverein haben durch Rechtsſätze und Statut gewiſſe
allgemeine und unentbehrliche Verwaltungs-Organe; dieſelben kön-
nen aber durch Rechtsgeſchäfte ſich anderweitige Organe ſchaffen,
indem ſie Bevollmächtigte, Gehülfen, Kontrolleure u. ſ. w. ernennen
und eine planmäßige Vertheilung der Geſchäfte unter dieſelben
vornehmen.

So kann auch im Staate das Recht ſich möglicherweiſe auf
den einen Satz beſchränken, daß der Monarch zu verwalten habe.
Alsdann iſt die Herſtellung des Verwaltungs-Apparates ſelbſt eine
Verwaltungsthätigkeit, eine Summe von Rechtshandlungen.

Wie weit die Organiſation des Verwaltungs-Apparates zum
Gegenſtand der Rechtsordnung erhoben, wie weit dieſelbe der Ge-
ſchäftsführung der durch das Recht gegebenen Organe überlaſſen
wird, iſt demnach nicht durch juriſtiſche Gründe beſtimmt, ſondern
durch politiſche Erwägungen. Für gewiſſe Gebiete der Verwaltung
pflegt die Behörden-Organiſation bis auf die Einzelheiten rechtlich
feſtgeſtellt zu ſein, ſo insbeſondere für die Rechtspflege und für
die Finanzverwaltung; für andere Gebiete beſteht eine ausgedehnte
Handlungsfreiheit der Regierung 1).

Die Einrichtung und Verzweigung der Behörden und die Ab-
gränzung ihres Geſchäftskreiſes, ſowie die Veränderung oder Auf-
hebung beſtehender Behörden kann daher an ſich ebenſowohl als
ein Akt der Geſetzgebung d. h. als Regelung der ſtaatlichen Rechts-
ordnung, wie als ein Akt der ſtaatlichen Verwaltung d. h. als
Bethätigung der Geſchäftsführung gedacht werden und es iſt ledig-
lich nach dem poſitiven Recht eines beſtimmten Staates und eines
beſtimmten Zeitpunktes zu beantworten, in welchem Maaße das
Eine oder das Andere der Fall iſt. Die Entwicklung des moder-
nen Staates iſt darauf gerichtet, das geſammte Behörden-Syſtem
und die Zuweiſung beſtimmter Geſchäftskreiſe an die einzelnen
Aemter immer vollſtändiger und ausſchließlicher durch die Geſetz-
gebung zu regeln und zur Rechtsinſtitution zu erheben. Soweit
dies geſchehen iſt, iſt die Handlungsfreiheit der Verwaltung be-
ſeitigt oder beſchränkt; und dieſelbe kann nur die geſetzlichen Vor-

1) Es wird hier ſelbſtverſtändlich von der mittelbaren Beſchränkung der-
ſelben durch den Staatshaushalts-Etat abgeſehen. Vgl. oben Bd. I.
S. 301 ff.
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[208/0222] §. 67. Der Begriff der Verwaltung. des Privatrechts und des öffentlichen Rechts. Die Corporation und der Aktienverein haben durch Rechtsſätze und Statut gewiſſe allgemeine und unentbehrliche Verwaltungs-Organe; dieſelben kön- nen aber durch Rechtsgeſchäfte ſich anderweitige Organe ſchaffen, indem ſie Bevollmächtigte, Gehülfen, Kontrolleure u. ſ. w. ernennen und eine planmäßige Vertheilung der Geſchäfte unter dieſelben vornehmen. So kann auch im Staate das Recht ſich möglicherweiſe auf den einen Satz beſchränken, daß der Monarch zu verwalten habe. Alsdann iſt die Herſtellung des Verwaltungs-Apparates ſelbſt eine Verwaltungsthätigkeit, eine Summe von Rechtshandlungen. Wie weit die Organiſation des Verwaltungs-Apparates zum Gegenſtand der Rechtsordnung erhoben, wie weit dieſelbe der Ge- ſchäftsführung der durch das Recht gegebenen Organe überlaſſen wird, iſt demnach nicht durch juriſtiſche Gründe beſtimmt, ſondern durch politiſche Erwägungen. Für gewiſſe Gebiete der Verwaltung pflegt die Behörden-Organiſation bis auf die Einzelheiten rechtlich feſtgeſtellt zu ſein, ſo insbeſondere für die Rechtspflege und für die Finanzverwaltung; für andere Gebiete beſteht eine ausgedehnte Handlungsfreiheit der Regierung 1). Die Einrichtung und Verzweigung der Behörden und die Ab- gränzung ihres Geſchäftskreiſes, ſowie die Veränderung oder Auf- hebung beſtehender Behörden kann daher an ſich ebenſowohl als ein Akt der Geſetzgebung d. h. als Regelung der ſtaatlichen Rechts- ordnung, wie als ein Akt der ſtaatlichen Verwaltung d. h. als Bethätigung der Geſchäftsführung gedacht werden und es iſt ledig- lich nach dem poſitiven Recht eines beſtimmten Staates und eines beſtimmten Zeitpunktes zu beantworten, in welchem Maaße das Eine oder das Andere der Fall iſt. Die Entwicklung des moder- nen Staates iſt darauf gerichtet, das geſammte Behörden-Syſtem und die Zuweiſung beſtimmter Geſchäftskreiſe an die einzelnen Aemter immer vollſtändiger und ausſchließlicher durch die Geſetz- gebung zu regeln und zur Rechtsinſtitution zu erheben. Soweit dies geſchehen iſt, iſt die Handlungsfreiheit der Verwaltung be- ſeitigt oder beſchränkt; und dieſelbe kann nur die geſetzlichen Vor- 1) Es wird hier ſelbſtverſtändlich von der mittelbaren Beſchränkung der- ſelben durch den Staatshaushalts-Etat abgeſehen. Vgl. oben Bd. I. S. 301 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/222>, abgerufen am 27.11.2024.