Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie.
hörde zu richten. Dem ausdrücklichen Antrage steht es gleich,
wenn der Angeschuldigte auf die Vorladung der Postbehörde nicht
erscheint oder die Auslassung vor derselben verweigert 1). Wird
gegen einen erlassenen Strafbescheid die Berufung auf rechtliches
Gehör rechtzeitig angemeldet, so ist der Strafbescheid als nicht er-
gangen anzusehen.

3. Rekurs-Resolut 2). Der Angeschuldigte hat binnen 10
Tagen präklusivischer Frist nach Eröffnung des Strafbescheides die
Wahl, entweder auf richterliches Gehör anzutragen, oder an die
der Ober-Postdirektion vorgesetzte Behörde den Rekurs zu ergreifen 3).
Der Rekurs ist durch Anmeldung bei jeder beliebigen inländischen
Postbehörde gewahrt. Er schließt fernerhin jedes gerichtliche Ver-
fahren aus. Für die Rechtfertigung des Rekurses ist eine Frist
von höchstens vier Wochen zu gewähren; sie ist in dem anzusetzenden
Termin zu Protokoll zu erklären oder bis dahin schriftlich einzu-
reichen. Führt der Angeschuldigte neue Thatsachen oder Beweis-
mittel an, deren Aufnahme erheblich befunden wird, so wird mit
der Instruktion nach den für die erste Instanz gegebenen Bestim-
mungen verfahren. Das Rekursresolut ist von der obersten Post-
behörde abzufassen, mit Entscheidungsgründen zu versehen, an die
betreffende Postbehörde zur Publikation oder Insinuation zu be-
fördern und vollstreckbar.

4. Die Vollstreckung der Strafbescheide und Re-
kursresolute
4) geschieht von der Postbehörde nach denjenigen
landesgesetzlichen Vorschriften, welche für die Exekution der im Ver-
waltungswege festgesetzten Geldstrafen bestehen. Nach den Landes-
gesetzen ist demnach auch die Frage zu entscheiden, ob die Voll-
streckung durch die eigenen Beamten der Postverwaltung erfolgen

Postgesetzes durch die im §. 459 erwähnte Frist von einer Woche nicht aufge-
hoben. Einf.-Ges. zur St.-Pr.-Ordn. §. 5.
1) Wenn der Angeschuldigte, anstatt persönlich zu erscheinen, eine schrift-
liche Erklärung einsendet, so braucht die Sache nicht an das Gericht abgegeben
zu werden. Dambach S. 101 Nro. 4.
2) Postges. §§. 42--44.
3) Ein Recht, die getroffene Wahl wieder zu verändern, steht dem Ange-
schuldigten nicht zu; insbesondere ist in der Einlegung des Rekurses ein Ver-
zicht auf richterliches Gehör enthalten. Meves S. 392. 400.
4) Postges. §. 46. Die Vollstreckung richterlicher Erkenntnisse in Post-
defraudations-Fällen ist Sache der Gerichte.

§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
hörde zu richten. Dem ausdrücklichen Antrage ſteht es gleich,
wenn der Angeſchuldigte auf die Vorladung der Poſtbehörde nicht
erſcheint oder die Auslaſſung vor derſelben verweigert 1). Wird
gegen einen erlaſſenen Strafbeſcheid die Berufung auf rechtliches
Gehör rechtzeitig angemeldet, ſo iſt der Strafbeſcheid als nicht er-
gangen anzuſehen.

3. Rekurs-Reſolut 2). Der Angeſchuldigte hat binnen 10
Tagen präkluſiviſcher Friſt nach Eröffnung des Strafbeſcheides die
Wahl, entweder auf richterliches Gehör anzutragen, oder an die
der Ober-Poſtdirektion vorgeſetzte Behörde den Rekurs zu ergreifen 3).
Der Rekurs iſt durch Anmeldung bei jeder beliebigen inländiſchen
Poſtbehörde gewahrt. Er ſchließt fernerhin jedes gerichtliche Ver-
fahren aus. Für die Rechtfertigung des Rekurſes iſt eine Friſt
von höchſtens vier Wochen zu gewähren; ſie iſt in dem anzuſetzenden
Termin zu Protokoll zu erklären oder bis dahin ſchriftlich einzu-
reichen. Führt der Angeſchuldigte neue Thatſachen oder Beweis-
mittel an, deren Aufnahme erheblich befunden wird, ſo wird mit
der Inſtruktion nach den für die erſte Inſtanz gegebenen Beſtim-
mungen verfahren. Das Rekursreſolut iſt von der oberſten Poſt-
behörde abzufaſſen, mit Entſcheidungsgründen zu verſehen, an die
betreffende Poſtbehörde zur Publikation oder Inſinuation zu be-
fördern und vollſtreckbar.

4. Die Vollſtreckung der Strafbeſcheide und Re-
kursreſolute
4) geſchieht von der Poſtbehörde nach denjenigen
landesgeſetzlichen Vorſchriften, welche für die Exekution der im Ver-
waltungswege feſtgeſetzten Geldſtrafen beſtehen. Nach den Landes-
geſetzen iſt demnach auch die Frage zu entſcheiden, ob die Voll-
ſtreckung durch die eigenen Beamten der Poſtverwaltung erfolgen

Poſtgeſetzes durch die im §. 459 erwähnte Friſt von einer Woche nicht aufge-
hoben. Einf.-Geſ. zur St.-Pr.-Ordn. §. 5.
1) Wenn der Angeſchuldigte, anſtatt perſönlich zu erſcheinen, eine ſchrift-
liche Erklärung einſendet, ſo braucht die Sache nicht an das Gericht abgegeben
zu werden. Dambach S. 101 Nro. 4.
2) Poſtgeſ. §§. 42—44.
3) Ein Recht, die getroffene Wahl wieder zu verändern, ſteht dem Ange-
ſchuldigten nicht zu; insbeſondere iſt in der Einlegung des Rekurſes ein Ver-
zicht auf richterliches Gehör enthalten. Meves S. 392. 400.
4) Poſtgeſ. §. 46. Die Vollſtreckung richterlicher Erkenntniſſe in Poſt-
defraudations-Fällen iſt Sache der Gerichte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0364" n="350"/><fw place="top" type="header">§. 71. Die Verwaltung der Po&#x017F;t und Telegraphie.</fw><lb/>
hörde zu richten. Dem ausdrücklichen Antrage &#x017F;teht es gleich,<lb/>
wenn der Ange&#x017F;chuldigte auf die Vorladung der Po&#x017F;tbehörde nicht<lb/>
er&#x017F;cheint oder die Ausla&#x017F;&#x017F;ung vor der&#x017F;elben verweigert <note place="foot" n="1)">Wenn der Ange&#x017F;chuldigte, an&#x017F;tatt per&#x017F;önlich zu er&#x017F;cheinen, eine &#x017F;chrift-<lb/>
liche Erklärung ein&#x017F;endet, &#x017F;o braucht die Sache nicht an das Gericht abgegeben<lb/>
zu werden. <hi rendition="#g">Dambach</hi> S. 101 Nro. 4.</note>. Wird<lb/>
gegen einen erla&#x017F;&#x017F;enen Strafbe&#x017F;cheid die Berufung auf rechtliches<lb/>
Gehör rechtzeitig angemeldet, &#x017F;o i&#x017F;t der Strafbe&#x017F;cheid als nicht er-<lb/>
gangen anzu&#x017F;ehen.</p><lb/>
              <p>3. <hi rendition="#g">Rekurs-Re&#x017F;olut</hi> <note place="foot" n="2)">Po&#x017F;tge&#x017F;. §§. 42&#x2014;44.</note>. Der Ange&#x017F;chuldigte hat binnen 10<lb/>
Tagen präklu&#x017F;ivi&#x017F;cher Fri&#x017F;t nach Eröffnung des Strafbe&#x017F;cheides die<lb/>
Wahl, entweder auf richterliches Gehör anzutragen, oder an die<lb/>
der Ober-Po&#x017F;tdirektion vorge&#x017F;etzte Behörde den Rekurs zu ergreifen <note place="foot" n="3)">Ein Recht, die getroffene Wahl wieder zu verändern, &#x017F;teht dem Ange-<lb/>
&#x017F;chuldigten nicht zu; insbe&#x017F;ondere i&#x017F;t in der Einlegung des Rekur&#x017F;es ein Ver-<lb/>
zicht auf richterliches Gehör enthalten. <hi rendition="#g">Meves</hi> S. 392. 400.</note>.<lb/>
Der Rekurs i&#x017F;t durch Anmeldung bei jeder beliebigen inländi&#x017F;chen<lb/>
Po&#x017F;tbehörde gewahrt. Er &#x017F;chließt fernerhin jedes gerichtliche Ver-<lb/>
fahren aus. Für die Rechtfertigung des Rekur&#x017F;es i&#x017F;t eine Fri&#x017F;t<lb/>
von höch&#x017F;tens vier Wochen zu gewähren; &#x017F;ie i&#x017F;t in dem anzu&#x017F;etzenden<lb/>
Termin zu Protokoll zu erklären oder bis dahin &#x017F;chriftlich einzu-<lb/>
reichen. Führt der Ange&#x017F;chuldigte neue That&#x017F;achen oder Beweis-<lb/>
mittel an, deren Aufnahme erheblich befunden wird, &#x017F;o wird mit<lb/>
der In&#x017F;truktion nach den für die er&#x017F;te In&#x017F;tanz gegebenen Be&#x017F;tim-<lb/>
mungen verfahren. Das Rekursre&#x017F;olut i&#x017F;t von der ober&#x017F;ten Po&#x017F;t-<lb/>
behörde abzufa&#x017F;&#x017F;en, mit Ent&#x017F;cheidungsgründen zu ver&#x017F;ehen, an die<lb/>
betreffende Po&#x017F;tbehörde zur Publikation oder In&#x017F;inuation zu be-<lb/>
fördern und voll&#x017F;treckbar.</p><lb/>
              <p>4. <hi rendition="#g">Die Voll&#x017F;treckung der Strafbe&#x017F;cheide und Re-<lb/>
kursre&#x017F;olute</hi> <note place="foot" n="4)">Po&#x017F;tge&#x017F;. §. 46. Die Voll&#x017F;treckung richterlicher Erkenntni&#x017F;&#x017F;e in Po&#x017F;t-<lb/>
defraudations-Fällen i&#x017F;t Sache der Gerichte.</note> ge&#x017F;chieht von der Po&#x017F;tbehörde nach denjenigen<lb/>
landesge&#x017F;etzlichen Vor&#x017F;chriften, welche für die Exekution der im Ver-<lb/>
waltungswege fe&#x017F;tge&#x017F;etzten Geld&#x017F;trafen be&#x017F;tehen. Nach den Landes-<lb/>
ge&#x017F;etzen i&#x017F;t demnach auch die Frage zu ent&#x017F;cheiden, ob die Voll-<lb/>
&#x017F;treckung durch die eigenen Beamten der Po&#x017F;tverwaltung erfolgen<lb/><note xml:id="seg2pn_53_2" prev="#seg2pn_53_1" place="foot" n="5)">Po&#x017F;tge&#x017F;etzes durch die im §. 459 erwähnte Fri&#x017F;t von einer Woche nicht aufge-<lb/>
hoben. Einf.-Ge&#x017F;. zur St.-Pr.-Ordn. §. 5.</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[350/0364] §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. hörde zu richten. Dem ausdrücklichen Antrage ſteht es gleich, wenn der Angeſchuldigte auf die Vorladung der Poſtbehörde nicht erſcheint oder die Auslaſſung vor derſelben verweigert 1). Wird gegen einen erlaſſenen Strafbeſcheid die Berufung auf rechtliches Gehör rechtzeitig angemeldet, ſo iſt der Strafbeſcheid als nicht er- gangen anzuſehen. 3. Rekurs-Reſolut 2). Der Angeſchuldigte hat binnen 10 Tagen präkluſiviſcher Friſt nach Eröffnung des Strafbeſcheides die Wahl, entweder auf richterliches Gehör anzutragen, oder an die der Ober-Poſtdirektion vorgeſetzte Behörde den Rekurs zu ergreifen 3). Der Rekurs iſt durch Anmeldung bei jeder beliebigen inländiſchen Poſtbehörde gewahrt. Er ſchließt fernerhin jedes gerichtliche Ver- fahren aus. Für die Rechtfertigung des Rekurſes iſt eine Friſt von höchſtens vier Wochen zu gewähren; ſie iſt in dem anzuſetzenden Termin zu Protokoll zu erklären oder bis dahin ſchriftlich einzu- reichen. Führt der Angeſchuldigte neue Thatſachen oder Beweis- mittel an, deren Aufnahme erheblich befunden wird, ſo wird mit der Inſtruktion nach den für die erſte Inſtanz gegebenen Beſtim- mungen verfahren. Das Rekursreſolut iſt von der oberſten Poſt- behörde abzufaſſen, mit Entſcheidungsgründen zu verſehen, an die betreffende Poſtbehörde zur Publikation oder Inſinuation zu be- fördern und vollſtreckbar. 4. Die Vollſtreckung der Strafbeſcheide und Re- kursreſolute 4) geſchieht von der Poſtbehörde nach denjenigen landesgeſetzlichen Vorſchriften, welche für die Exekution der im Ver- waltungswege feſtgeſetzten Geldſtrafen beſtehen. Nach den Landes- geſetzen iſt demnach auch die Frage zu entſcheiden, ob die Voll- ſtreckung durch die eigenen Beamten der Poſtverwaltung erfolgen 5) 1) Wenn der Angeſchuldigte, anſtatt perſönlich zu erſcheinen, eine ſchrift- liche Erklärung einſendet, ſo braucht die Sache nicht an das Gericht abgegeben zu werden. Dambach S. 101 Nro. 4. 2) Poſtgeſ. §§. 42—44. 3) Ein Recht, die getroffene Wahl wieder zu verändern, ſteht dem Ange- ſchuldigten nicht zu; insbeſondere iſt in der Einlegung des Rekurſes ein Ver- zicht auf richterliches Gehör enthalten. Meves S. 392. 400. 4) Poſtgeſ. §. 46. Die Vollſtreckung richterlicher Erkenntniſſe in Poſt- defraudations-Fällen iſt Sache der Gerichte. 5) Poſtgeſetzes durch die im §. 459 erwähnte Friſt von einer Woche nicht aufge- hoben. Einf.-Geſ. zur St.-Pr.-Ordn. §. 5.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/364
Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/364>, abgerufen am 21.06.2024.