Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie. der Post- und Telegraphen-Beamten im Allgemeinen nicht geschütztabgesehen von den Strafen, welche auf Verletzung des Brief- geheimnisses und Unterdrückung der der Post anvertrauten Briefe oder Packete und Telegramme gesetzt sind 1). Eine bedeutsame Aus- nahme besteht jedoch hinsichtlich einiger Klassen von Telegraphen- Beamten. Denn Gefängniß bis zu einem Jahre oder Geldstrafe bis zu 900 Mark ist gegen die zur Beaufsichtigung und Bedienung der Telegraphenanstalten und ihrer Zubehörungen angestellten Per- sonen 2) angedroht, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten die Benutzung der Anstalt ver- hindern oder stören 3). In diesem einen Falle ist die bloße Thatsache der "Pflicht-Vernachlässigung"; welche im Uebrigen lediglich die Voraussetzung disciplinarischen Einschreitens bildet 4), zum Thatbestand eines strafrechtlichen Delicts erklärt worden, wenn sie einen gewissen Erfolg, nämlich die Verhinderung oder Störung der Benutzung der Telegraphen-Anstalt, hervorbringt 5). 4. Behufs Beaufsichtigung und Kontrole der unteren Beamten 1) R.-St.-G.-B. §. 354. 355. Vgl. oben S. 307. 2) Also nicht blos gegen die Beamten der Reichstelegraphie, resp. der Bayer. und Württemb. Telegraphen-Anstalten, sondern auch gegen die Tele- graphen-Beamten der Eisenbahnen. Abs. 1 des Art. 318 erfordert nur: "eine zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphen-Anstalt". Vgl. Dambach, Telegraphen-Strafrecht §. 4 (Gerichtssaal 1871 S. 250 ff.). Oppenhoff Note 2 zu §. 317. 3) R.-St.-G.-B. §. 318 Abs. 2. Auch kann auf Unfähigkeit zur Beschäf- tigung im Telegraphendienste erkannt werden. St.-G.-B. §. 319. 4) Vgl. oben Bd. I. S. 447 ff. bes. S. 451. 5) Ueber die unbilligen Härten, zu welchen die Anordnung des Art. 318 Abs. 2 führen kann, vgl. Dambach a. a. O. S. 277 ff. 6) Sehr detaillirte Vorschriften über ihren Geschäftskreis enthalten die
§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. der Poſt- und Telegraphen-Beamten im Allgemeinen nicht geſchütztabgeſehen von den Strafen, welche auf Verletzung des Brief- geheimniſſes und Unterdrückung der der Poſt anvertrauten Briefe oder Packete und Telegramme geſetzt ſind 1). Eine bedeutſame Aus- nahme beſteht jedoch hinſichtlich einiger Klaſſen von Telegraphen- Beamten. Denn Gefängniß bis zu einem Jahre oder Geldſtrafe bis zu 900 Mark iſt gegen die zur Beaufſichtigung und Bedienung der Telegraphenanſtalten und ihrer Zubehörungen angeſtellten Per- ſonen 2) angedroht, wenn ſie durch Vernachläſſigung der ihnen obliegenden Pflichten die Benutzung der Anſtalt ver- hindern oder ſtören 3). In dieſem einen Falle iſt die bloße Thatſache der „Pflicht-Vernachläſſigung“; welche im Uebrigen lediglich die Vorausſetzung disciplinariſchen Einſchreitens bildet 4), zum Thatbeſtand eines ſtrafrechtlichen Delicts erklärt worden, wenn ſie einen gewiſſen Erfolg, nämlich die Verhinderung oder Störung der Benutzung der Telegraphen-Anſtalt, hervorbringt 5). 4. Behufs Beaufſichtigung und Kontrole der unteren Beamten 1) R.-St.-G.-B. §. 354. 355. Vgl. oben S. 307. 2) Alſo nicht blos gegen die Beamten der Reichstelegraphie, reſp. der Bayer. und Württemb. Telegraphen-Anſtalten, ſondern auch gegen die Tele- graphen-Beamten der Eiſenbahnen. Abſ. 1 des Art. 318 erfordert nur: „eine zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphen-Anſtalt“. Vgl. Dambach, Telegraphen-Strafrecht §. 4 (Gerichtsſaal 1871 S. 250 ff.). Oppenhoff Note 2 zu §. 317. 3) R.-St.-G.-B. §. 318 Abſ. 2. Auch kann auf Unfähigkeit zur Beſchäf- tigung im Telegraphendienſte erkannt werden. St.-G.-B. §. 319. 4) Vgl. oben Bd. I. S. 447 ff. beſ. S. 451. 5) Ueber die unbilligen Härten, zu welchen die Anordnung des Art. 318 Abſ. 2 führen kann, vgl. Dambach a. a. O. S. 277 ff. 6) Sehr detaillirte Vorſchriften über ihren Geſchäftskreis enthalten die
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§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
der Poſt- und Telegraphen-Beamten im Allgemeinen nicht geſchützt
abgeſehen von den Strafen, welche auf Verletzung des Brief-
geheimniſſes und Unterdrückung der der Poſt anvertrauten Briefe
oder Packete und Telegramme geſetzt ſind 1). Eine bedeutſame Aus-
nahme beſteht jedoch hinſichtlich einiger Klaſſen von Telegraphen-
Beamten. Denn Gefängniß bis zu einem Jahre oder Geldſtrafe
bis zu 900 Mark iſt gegen die zur Beaufſichtigung und Bedienung
der Telegraphenanſtalten und ihrer Zubehörungen angeſtellten Per-
ſonen 2) angedroht, wenn ſie durch Vernachläſſigung der
ihnen obliegenden Pflichten die Benutzung der Anſtalt ver-
hindern oder ſtören 3). In dieſem einen Falle iſt die bloße Thatſache
der „Pflicht-Vernachläſſigung“; welche im Uebrigen lediglich die
Vorausſetzung disciplinariſchen Einſchreitens bildet 4), zum
Thatbeſtand eines ſtrafrechtlichen Delicts erklärt worden, wenn
ſie einen gewiſſen Erfolg, nämlich die Verhinderung oder Störung
der Benutzung der Telegraphen-Anſtalt, hervorbringt 5).
4. Behufs Beaufſichtigung und Kontrole der unteren Beamten
iſt für jeden Bezirk einer Oberpoſtdirektion ein Poſt-Inſpektor
und ein Telegraphen-Inſpektor angeſtellt. Sie haben den
Dienſt in allen ſeinen Theilen perſönlich zu beaufſichtigen, insbe-
ſondere auch die geſammten Rechnungs- und Kaſſengeſchäfte bei
den Poſt- reſp. Telegraphen-Anſtalten zu überwachen, und zu dieſem
Zwecke regelmäßige Inſpektionsreiſen in ihrem Gebiete vorzunehmen.
Sie ſind dem Ober-Poſtdirektor des Bezirks, für welchen ſie an-
geſtellt ſind, unmittelbar untergeordnet und gelten als beſtändige
Beauftragte des Ober-Poſtdirektors 6). Alle Beamten des Bezirks
1) R.-St.-G.-B. §. 354. 355. Vgl. oben S. 307.
2) Alſo nicht blos gegen die Beamten der Reichstelegraphie, reſp. der
Bayer. und Württemb. Telegraphen-Anſtalten, ſondern auch gegen die Tele-
graphen-Beamten der Eiſenbahnen. Abſ. 1 des Art. 318 erfordert nur: „eine
zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphen-Anſtalt“. Vgl. Dambach,
Telegraphen-Strafrecht §. 4 (Gerichtsſaal 1871 S. 250 ff.). Oppenhoff
Note 2 zu §. 317.
3) R.-St.-G.-B. §. 318 Abſ. 2. Auch kann auf Unfähigkeit zur Beſchäf-
tigung im Telegraphendienſte erkannt werden. St.-G.-B. §. 319.
4) Vgl. oben Bd. I. S. 447 ff. beſ. S. 451.
5) Ueber die unbilligen Härten, zu welchen die Anordnung des Art. 318
Abſ. 2 führen kann, vgl. Dambach a. a. O. S. 277 ff.
6) Sehr detaillirte Vorſchriften über ihren Geſchäftskreis enthalten die
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