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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens.
die aber im ganzen Bereiche des Rechtes ihres Gleichen nicht
hat 1).

1) Zunächst übernahm das Reich die Gründung. Dieselbe
erfolgte in der Art, daß das Reich von der Preußischen Regierung
die Preußische Bank erwarb 2), den Preußischen Fiskus und die
Antheilseigner der Preuß. Bank abfand, die Preußische Bank mit
allen Rechten und Verpflichtungen an die zu errichtende Reichsbank
abtrat und das Grundkapital der Reichsbank durch Aktienzeichnung
aufbrachte, zu welcher das Publikum unter Ausbedingung eines
erheblichen Agios aufgefordert wurde 3). Aber das Reich dispensirte
sich bei dieser Gründung von allen Vorschriften, welche das H.-G.-B.
Art. 209 fg. für die Errichtung von Aktienvereinen aufgestellt hat;
insbesondere auch von der Eintragung der Reichsbank und ihrer
Zweiganstalten in das Handelsregister 4).

2) Das Reich legte sich die Rechte bei, welche die Mit-
glieder
von Aktienvereinen haben, nämlich einen Antheil am
Reingewinn und im Falle der Auflösung einen Antheil am Kapital
(Reservefond) 5); dagegen leistete das Reich weder eine Einzahlung
zum Grundkapital der Reichsbank noch übernahm es eine Haftung
für die Schulden der letzteren, ja es verpflichtete nicht einmal die
Reichskassen zur Annahme der von der Reichsbank ausgegebenen
Banknoten 6). Die Leistung, die das Reich zu Gunsten der Reichs-
bank machte, bestand nicht in der Hergabe von Kapital, sondern in
der Ertheilung des Rechts zur unbeschränkten Ausgabe von Bank-

1) Die Verfassung und Einrichtung der Reichsbank schließt sich durchweg
sehr eng an die der ehemal. Preußischen Bank an, welche durch die
Bank-Ordnung v. 5. Oktober 1846 und das Gesetz v. 7. Mai 1856 geregelt
war, also aus der Zeit vor Abfassung des Allg. D. H.-G.-B.'s stammt. Dar-
aus erklärt sich wohl z. Th. die Thatsache, daß die Vorschriften des letzteren
im Bankgesetz und Bankstatut wenig Berücksichtigung gefunden haben.
2) Vertrag v. 17./18. Mai 1875. R.-G.-Bl. S. 215 ff.
3) Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 24. Mai 1875 betreffend die
Begebung von 20,000 Stück Reichsbank-Antheilsscheinen. Der Subscriptions-
preis war 130 %.
4) Bankges. §. 66.
5) Bankges. §. 24. 41.
6) Die Behauptung Thöl's, Handelsr. (5. Aufl. 1876) I. 2. S. 54, daß
die Reichsbanknoten und sonstigen Schuldscheine der Reichsbank Schuldscheine
des Reichsfiskus seien, steht mit dem Bankgesetz im Widerspruch.

§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.
die aber im ganzen Bereiche des Rechtes ihres Gleichen nicht
hat 1).

1) Zunächſt übernahm das Reich die Gründung. Dieſelbe
erfolgte in der Art, daß das Reich von der Preußiſchen Regierung
die Preußiſche Bank erwarb 2), den Preußiſchen Fiskus und die
Antheilseigner der Preuß. Bank abfand, die Preußiſche Bank mit
allen Rechten und Verpflichtungen an die zu errichtende Reichsbank
abtrat und das Grundkapital der Reichsbank durch Aktienzeichnung
aufbrachte, zu welcher das Publikum unter Ausbedingung eines
erheblichen Agios aufgefordert wurde 3). Aber das Reich dispenſirte
ſich bei dieſer Gründung von allen Vorſchriften, welche das H.-G.-B.
Art. 209 fg. für die Errichtung von Aktienvereinen aufgeſtellt hat;
insbeſondere auch von der Eintragung der Reichsbank und ihrer
Zweiganſtalten in das Handelsregiſter 4).

2) Das Reich legte ſich die Rechte bei, welche die Mit-
glieder
von Aktienvereinen haben, nämlich einen Antheil am
Reingewinn und im Falle der Auflöſung einen Antheil am Kapital
(Reſervefond) 5); dagegen leiſtete das Reich weder eine Einzahlung
zum Grundkapital der Reichsbank noch übernahm es eine Haftung
für die Schulden der letzteren, ja es verpflichtete nicht einmal die
Reichskaſſen zur Annahme der von der Reichsbank ausgegebenen
Banknoten 6). Die Leiſtung, die das Reich zu Gunſten der Reichs-
bank machte, beſtand nicht in der Hergabe von Kapital, ſondern in
der Ertheilung des Rechts zur unbeſchränkten Ausgabe von Bank-

1) Die Verfaſſung und Einrichtung der Reichsbank ſchließt ſich durchweg
ſehr eng an die der ehemal. Preußiſchen Bank an, welche durch die
Bank-Ordnung v. 5. Oktober 1846 und das Geſetz v. 7. Mai 1856 geregelt
war, alſo aus der Zeit vor Abfaſſung des Allg. D. H.-G.-B.’s ſtammt. Dar-
aus erklärt ſich wohl z. Th. die Thatſache, daß die Vorſchriften des letzteren
im Bankgeſetz und Bankſtatut wenig Berückſichtigung gefunden haben.
2) Vertrag v. 17./18. Mai 1875. R.-G.-Bl. S. 215 ff.
3) Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 24. Mai 1875 betreffend die
Begebung von 20,000 Stück Reichsbank-Antheilsſcheinen. Der Subſcriptions-
preis war 130 %.
4) Bankgeſ. §. 66.
5) Bankgeſ. §. 24. 41.
6) Die Behauptung Thöl’s, Handelsr. (5. Aufl. 1876) I. 2. S. 54, daß
die Reichsbanknoten und ſonſtigen Schuldſcheine der Reichsbank Schuldſcheine
des Reichsfiskus ſeien, ſteht mit dem Bankgeſetz im Widerſpruch.
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[384/0398] §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. die aber im ganzen Bereiche des Rechtes ihres Gleichen nicht hat 1). 1) Zunächſt übernahm das Reich die Gründung. Dieſelbe erfolgte in der Art, daß das Reich von der Preußiſchen Regierung die Preußiſche Bank erwarb 2), den Preußiſchen Fiskus und die Antheilseigner der Preuß. Bank abfand, die Preußiſche Bank mit allen Rechten und Verpflichtungen an die zu errichtende Reichsbank abtrat und das Grundkapital der Reichsbank durch Aktienzeichnung aufbrachte, zu welcher das Publikum unter Ausbedingung eines erheblichen Agios aufgefordert wurde 3). Aber das Reich dispenſirte ſich bei dieſer Gründung von allen Vorſchriften, welche das H.-G.-B. Art. 209 fg. für die Errichtung von Aktienvereinen aufgeſtellt hat; insbeſondere auch von der Eintragung der Reichsbank und ihrer Zweiganſtalten in das Handelsregiſter 4). 2) Das Reich legte ſich die Rechte bei, welche die Mit- glieder von Aktienvereinen haben, nämlich einen Antheil am Reingewinn und im Falle der Auflöſung einen Antheil am Kapital (Reſervefond) 5); dagegen leiſtete das Reich weder eine Einzahlung zum Grundkapital der Reichsbank noch übernahm es eine Haftung für die Schulden der letzteren, ja es verpflichtete nicht einmal die Reichskaſſen zur Annahme der von der Reichsbank ausgegebenen Banknoten 6). Die Leiſtung, die das Reich zu Gunſten der Reichs- bank machte, beſtand nicht in der Hergabe von Kapital, ſondern in der Ertheilung des Rechts zur unbeſchränkten Ausgabe von Bank- 1) Die Verfaſſung und Einrichtung der Reichsbank ſchließt ſich durchweg ſehr eng an die der ehemal. Preußiſchen Bank an, welche durch die Bank-Ordnung v. 5. Oktober 1846 und das Geſetz v. 7. Mai 1856 geregelt war, alſo aus der Zeit vor Abfaſſung des Allg. D. H.-G.-B.’s ſtammt. Dar- aus erklärt ſich wohl z. Th. die Thatſache, daß die Vorſchriften des letzteren im Bankgeſetz und Bankſtatut wenig Berückſichtigung gefunden haben. 2) Vertrag v. 17./18. Mai 1875. R.-G.-Bl. S. 215 ff. 3) Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 24. Mai 1875 betreffend die Begebung von 20,000 Stück Reichsbank-Antheilsſcheinen. Der Subſcriptions- preis war 130 %. 4) Bankgeſ. §. 66. 5) Bankgeſ. §. 24. 41. 6) Die Behauptung Thöl’s, Handelsr. (5. Aufl. 1876) I. 2. S. 54, daß die Reichsbanknoten und ſonſtigen Schuldſcheine der Reichsbank Schuldſcheine des Reichsfiskus ſeien, ſteht mit dem Bankgeſetz im Widerſpruch.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/398>, abgerufen am 27.11.2024.