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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens.

Die bei Erlaß des Bankgesetzes bestehenden Notenbanken hatten
bis zum 1. Januar 1876 demnach die Wahl entweder unter den
bisher für sie bestehenden Vorschriften, aber unter Beschränkung
auf das Gebiet des Staates, der sie privilegirt hat, ihr Geschäft
fortzubetreiben, oder für ihre Noten die Umlaufsfähigkeit im ganzen
Reichsgebiete zu erlangen, dafür aber sich den Beschränkungen des
§. 44 des Bankgesetzes zu unterwerfen.

Von den 32 Privatnotenbanken, welche bei Erlaß des Bank-
gesetzes bestanden, haben 14 Banken auf das Recht zur Ausgabe
von Banknoten ganz verzichtet 1); von den übrigen 18 Banken haben
sich 16 den Vorschriften des §. 44 des Bankgesetzes unterworfen 2),
so daß nur zwei Banken, nämlich die Rostocker und die Braun-
schweigische, sich für die erste der beiden Alternativen erklärt haben 3).

III. Aus den vorstehenden Erörterungen ergeben sich nun die
Prinzipien, aus denen sich die dem Reiche gegen die Privat-
banken zustehenden Hoheitsrechte
ableiten und erklären.
Sie beruhen auf zwei staatsrechtlichen Grundsätzen. Der erste
derselben besteht in dem Verbot an die Einzelstaaten, No-
tenprivilegien zu ertheilen oder die bestehenden zu erweitern, zu
verlängern, von Beschränkungen und Bedingungen zu befreien, sei
es ausdrücklich, sei es stillschweigend durch Nichtausübung des Auf-
sichtsrechtes. Der zweite besteht darin, daß alle Banken, deren
Noten im ganzen Reichsgebiet umlaufen dürfen, nicht blos von dem
Einzelstaat, in dem sie ihren Sitz haben, sondern zugleich von
dem Reich ihr Notenprivilegium erhalten haben
; denn
der Einzelstaat konnte dieses Privilegium nur für sein Gebiet er-
theilen; die Erweiterung des Umlaufsgebietes ist eine Erweiterung

Betrag des Grundkapitals eingeschränkt hat, welcher am 1. Januar
1874 eingezahlt war, so ist ihren Noten der Umlauf und ihr der Betrieb von
Bankgeschäften im ganzen Reichsgebiet unter erleichterten Bedingungen gestattet.
Bankges. §. 44 Abs. 4.
1) Reichsgesetzbl. 1876 S. 124. 170.
2) Bekanntmachungen des Reichskanzlers v. 29. Dez. 1875 (R.-G.-Bl.
S. 390) und vom 7. Januar 1876 (R.-G.-Bl. S. 2).
3) Die Rostocker Bank hört statutenmäßig am 1. Juli 1885 auf, die
Braunschweigische dagegen erst am 10. Mai 1952. (Motive zum Bankgesetz-
Entw. S. 61. 63.) Nachträglich hat nun auch die Rostocker Bank auf das
Recht zur Ausgabe von Banknoten verzichtet. Bekanntmachung des Reichs-
kanzlers vom 13. Oktob. 1877. R.-R.-Bl. S. 567.
§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.

Die bei Erlaß des Bankgeſetzes beſtehenden Notenbanken hatten
bis zum 1. Januar 1876 demnach die Wahl entweder unter den
bisher für ſie beſtehenden Vorſchriften, aber unter Beſchränkung
auf das Gebiet des Staates, der ſie privilegirt hat, ihr Geſchäft
fortzubetreiben, oder für ihre Noten die Umlaufsfähigkeit im ganzen
Reichsgebiete zu erlangen, dafür aber ſich den Beſchränkungen des
§. 44 des Bankgeſetzes zu unterwerfen.

Von den 32 Privatnotenbanken, welche bei Erlaß des Bank-
geſetzes beſtanden, haben 14 Banken auf das Recht zur Ausgabe
von Banknoten ganz verzichtet 1); von den übrigen 18 Banken haben
ſich 16 den Vorſchriften des §. 44 des Bankgeſetzes unterworfen 2),
ſo daß nur zwei Banken, nämlich die Roſtocker und die Braun-
ſchweigiſche, ſich für die erſte der beiden Alternativen erklärt haben 3).

III. Aus den vorſtehenden Erörterungen ergeben ſich nun die
Prinzipien, aus denen ſich die dem Reiche gegen die Privat-
banken zuſtehenden Hoheitsrechte
ableiten und erklären.
Sie beruhen auf zwei ſtaatsrechtlichen Grundſätzen. Der erſte
derſelben beſteht in dem Verbot an die Einzelſtaaten, No-
tenprivilegien zu ertheilen oder die beſtehenden zu erweitern, zu
verlängern, von Beſchränkungen und Bedingungen zu befreien, ſei
es ausdrücklich, ſei es ſtillſchweigend durch Nichtausübung des Auf-
ſichtsrechtes. Der zweite beſteht darin, daß alle Banken, deren
Noten im ganzen Reichsgebiet umlaufen dürfen, nicht blos von dem
Einzelſtaat, in dem ſie ihren Sitz haben, ſondern zugleich von
dem Reich ihr Notenprivilegium erhalten haben
; denn
der Einzelſtaat konnte dieſes Privilegium nur für ſein Gebiet er-
theilen; die Erweiterung des Umlaufsgebietes iſt eine Erweiterung

Betrag des Grundkapitals eingeſchränkt hat, welcher am 1. Januar
1874 eingezahlt war, ſo iſt ihren Noten der Umlauf und ihr der Betrieb von
Bankgeſchäften im ganzen Reichsgebiet unter erleichterten Bedingungen geſtattet.
Bankgeſ. §. 44 Abſ. 4.
1) Reichsgeſetzbl. 1876 S. 124. 170.
2) Bekanntmachungen des Reichskanzlers v. 29. Dez. 1875 (R.-G.-Bl.
S. 390) und vom 7. Januar 1876 (R.-G.-Bl. S. 2).
3) Die Roſtocker Bank hört ſtatutenmäßig am 1. Juli 1885 auf, die
Braunſchweigiſche dagegen erſt am 10. Mai 1952. (Motive zum Bankgeſetz-
Entw. S. 61. 63.) Nachträglich hat nun auch die Roſtocker Bank auf das
Recht zur Ausgabe von Banknoten verzichtet. Bekanntmachung des Reichs-
kanzlers vom 13. Oktob. 1877. R.-R.-Bl. S. 567.
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[408/0422] §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. Die bei Erlaß des Bankgeſetzes beſtehenden Notenbanken hatten bis zum 1. Januar 1876 demnach die Wahl entweder unter den bisher für ſie beſtehenden Vorſchriften, aber unter Beſchränkung auf das Gebiet des Staates, der ſie privilegirt hat, ihr Geſchäft fortzubetreiben, oder für ihre Noten die Umlaufsfähigkeit im ganzen Reichsgebiete zu erlangen, dafür aber ſich den Beſchränkungen des §. 44 des Bankgeſetzes zu unterwerfen. Von den 32 Privatnotenbanken, welche bei Erlaß des Bank- geſetzes beſtanden, haben 14 Banken auf das Recht zur Ausgabe von Banknoten ganz verzichtet 1); von den übrigen 18 Banken haben ſich 16 den Vorſchriften des §. 44 des Bankgeſetzes unterworfen 2), ſo daß nur zwei Banken, nämlich die Roſtocker und die Braun- ſchweigiſche, ſich für die erſte der beiden Alternativen erklärt haben 3). III. Aus den vorſtehenden Erörterungen ergeben ſich nun die Prinzipien, aus denen ſich die dem Reiche gegen die Privat- banken zuſtehenden Hoheitsrechte ableiten und erklären. Sie beruhen auf zwei ſtaatsrechtlichen Grundſätzen. Der erſte derſelben beſteht in dem Verbot an die Einzelſtaaten, No- tenprivilegien zu ertheilen oder die beſtehenden zu erweitern, zu verlängern, von Beſchränkungen und Bedingungen zu befreien, ſei es ausdrücklich, ſei es ſtillſchweigend durch Nichtausübung des Auf- ſichtsrechtes. Der zweite beſteht darin, daß alle Banken, deren Noten im ganzen Reichsgebiet umlaufen dürfen, nicht blos von dem Einzelſtaat, in dem ſie ihren Sitz haben, ſondern zugleich von dem Reich ihr Notenprivilegium erhalten haben; denn der Einzelſtaat konnte dieſes Privilegium nur für ſein Gebiet er- theilen; die Erweiterung des Umlaufsgebietes iſt eine Erweiterung 2) 1) Reichsgeſetzbl. 1876 S. 124. 170. 2) Bekanntmachungen des Reichskanzlers v. 29. Dez. 1875 (R.-G.-Bl. S. 390) und vom 7. Januar 1876 (R.-G.-Bl. S. 2). 3) Die Roſtocker Bank hört ſtatutenmäßig am 1. Juli 1885 auf, die Braunſchweigiſche dagegen erſt am 10. Mai 1952. (Motive zum Bankgeſetz- Entw. S. 61. 63.) Nachträglich hat nun auch die Roſtocker Bank auf das Recht zur Ausgabe von Banknoten verzichtet. Bekanntmachung des Reichs- kanzlers vom 13. Oktob. 1877. R.-R.-Bl. S. 567. 2) Betrag des Grundkapitals eingeſchränkt hat, welcher am 1. Januar 1874 eingezahlt war, ſo iſt ihren Noten der Umlauf und ihr der Betrieb von Bankgeſchäften im ganzen Reichsgebiet unter erleichterten Bedingungen geſtattet. Bankgeſ. §. 44 Abſ. 4.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/422>, abgerufen am 26.11.2024.