Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 88. Die gesetzliche Wehrpflicht. der militairische Gehorsam gesichert ist, beruht die außerordentlicheIntensivität der staatlichen Militairgewalt. Die Erfüllung der militairischen Gehorsamspflicht ist durch a) Die Wehrpflichtigen leisten bei ihrer Einstellung in einen b) Das Militair-Strafgesetzbuch behandelt im sechsten c) Die Disciplinar-Strafordnung für das Heer vom liches oder militairisches Vergehen bezweckte. Führt der Untergebene trotzdem einen solchen Befehl aus, so trifft ihn die Strafe des Theilnehmers. Milit.Strafgesetzb. §. 47. Hieraus ergibt sich, daß ein solcher Befehl für den Untergebenen nicht rechtsverbindlich ist. 1) Vgl. oben §. 81 I S. 63. 2) M.St.G.B. §. 95, 97 Abs. 3, 107, 108. 3) Armee-Verordnungs-Bl. 1872 S. 330. Eingef. in Württemberg d. V. v. 27. Nov. 1872. Württ. M.V.Bl. S. 368. In Bayern V. v. 12. Dezemb. 1872 Bayer. Mil.V.Bl. S. 493. 4) Marine-V.Bl. 1872 Beilage zu Nro. 22. 5) Vgl. Bd. I S. 477 ff.
§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht. der militairiſche Gehorſam geſichert iſt, beruht die außerordentlicheIntenſivität der ſtaatlichen Militairgewalt. Die Erfüllung der militairiſchen Gehorſamspflicht iſt durch a) Die Wehrpflichtigen leiſten bei ihrer Einſtellung in einen b) Das Militair-Strafgeſetzbuch behandelt im ſechſten c) Die Disciplinar-Strafordnung für das Heer vom liches oder militairiſches Vergehen bezweckte. Führt der Untergebene trotzdem einen ſolchen Befehl aus, ſo trifft ihn die Strafe des Theilnehmers. Milit.Strafgeſetzb. §. 47. Hieraus ergibt ſich, daß ein ſolcher Befehl für den Untergebenen nicht rechtsverbindlich iſt. 1) Vgl. oben §. 81 I S. 63. 2) M.St.G.B. §. 95, 97 Abſ. 3, 107, 108. 3) Armee-Verordnungs-Bl. 1872 S. 330. Eingef. in Württemberg d. V. v. 27. Nov. 1872. Württ. M.V.Bl. S. 368. In Bayern V. v. 12. Dezemb. 1872 Bayer. Mil.V.Bl. S. 493. 4) Marine-V.Bl. 1872 Beilage zu Nro. 22. 5) Vgl. Bd. I S. 477 ff.
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§. 88. Die geſetzliche Wehrpflicht.
der militairiſche Gehorſam geſichert iſt, beruht die außerordentliche
Intenſivität der ſtaatlichen Militairgewalt.
Die Erfüllung der militairiſchen Gehorſamspflicht iſt durch
eine Reihe von Rechtsvorſchriften geſichert:
a) Die Wehrpflichtigen leiſten bei ihrer Einſtellung in einen
Truppentheil den Fahneneid, in welchem ſie die genaue Be-
folgung der ihnen ertheilten Befehle angeloben. In die Formel
iſt nach R.V. Art. 64 Abſ. 1 die Verpflichtung, „den Befehlen des
Kaiſers unbedingte Folge zu leiſten“, aufzunehmen 1).
b) Das Militair-Strafgeſetzbuch behandelt im ſechſten
Abſchnitt (§§. 89—113) Verletzungen der Pflicht der militairiſchen
Unterordnung. Die Strafen ſind je nach dem Thatbeſtande ab-
geſtuft; in ſchweren Fällen tritt die Todesſtrafe ein 2). Ganz all-
gemein aber beſtimmt §. 92: „Ungehorſam gegen einen Befehl in
Dienſtſachen durch Nichtbefolgung oder durch eigenmächtige Ab-
änderung oder Ueberſchreitung deſſelben wird mit Arreſt beſtraft.“
c) Die Disciplinar-Strafordnung für das Heer vom
31. Oktober 1872 3) und die Disciplinar-Verordnung für die
Kaiſerl. Marine vom 23. November 1872 4) enthalten ebenfalls
Vorſchriften über die Beſtrafung des Ungehorſams. Die Discipli-
narſtrafordnung geht über den Umfang, welchen die Disciplinar-
gewalt ihrem Begriffe nach ſonſt hat und der namentlich im Reichs-
beamten-Geſetz feſtgehalten iſt 5), weit hinaus; ſie läßt in weitem
Maße die Verhängung von Arreſtſtrafen zu; ſie iſt überhaupt ein
zweites Militair-Strafgeſetzbuch, das gleichſam für leichtere Fälle
die Ergänzung des eigentlichen vom 20. Juni 1872 bildet. Dieſe
Verwendung der Disciplinargewalt hat eine ausdrückliche geſetz-
liche Anerkennung gefunden im Einführungsgeſetz zum Militair-
3)
1) Vgl. oben §. 81 I S. 63.
2) M.St.G.B. §. 95, 97 Abſ. 3, 107, 108.
3) Armee-Verordnungs-Bl. 1872 S. 330. Eingef. in Württemberg d. V.
v. 27. Nov. 1872. Württ. M.V.Bl. S. 368. In Bayern V. v. 12. Dezemb.
1872 Bayer. Mil.V.Bl. S. 493.
4) Marine-V.Bl. 1872 Beilage zu Nro. 22.
5) Vgl. Bd. I S. 477 ff.
3) liches oder militairiſches Vergehen bezweckte. Führt der
Untergebene trotzdem einen ſolchen Befehl aus, ſo trifft ihn die Strafe des
Theilnehmers. Milit.Strafgeſetzb. §. 47. Hieraus ergibt ſich,
daß ein ſolcher Befehl für den Untergebenen nicht rechtsverbindlich iſt.
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