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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienstpflicht.
des Dienstverhältnisses der Offiziere die Beendigungsarten in zwei
Kategorien gruppiren, die sich dadurch von einander unterscheiden,
daß bei der einen die Ehrenrechte und der Anspruch auf Lebens-
unterhalt (Pension) fortbestehen, ebenso aber auch eine subsidiäre
Dienstpflicht und die Pflicht eines der Standesehre entsprechenden
Verhaltens, bei der andern dagegen alle durch das Dienstverhält-
niß begründeten Rechte und Pflichten gänzlich erlöschen.

a) Mit Anspruch auf Pension und Ehrenrechte.
Die Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt durch die "Verab-
schiedung" mittelst eines Entlassungs-Patents; sie ist auf dem
militairischen Instanzenwege durch Gesuchsliste zu beantragen. Zur
Begründung des Antrages ist erforderlich, daß der Offizier oder
Militairarzt seine Invalidität nachweist, falls er nicht bereits das
60. Lebensjahr zurückgelegt hat 1). Auch wider den Willen des
Offiziers kann seine Verabschiedung mit Pension erfolgen, wenn
derselbe ungeachtet seiner körperlichen oder geistigen Unfähigkeit
zur Fortsetzung des Dienstes es unterläßt, den Abschied zu ver-
langen. Die Vorgesetzten sind verpflichtet darauf zu wachen, daß
solche Offiziere nicht zum Nachtheil des Dienstes in ihrer Stelle
verbleiben. Um aber gleichzeitig die Offiziere vor Willkür zu
sichern, ist angeordnet, daß unter den Vorgesetzten eine schriftliche
Berathung über die Dienstfähigkeit des Offiziers gehalten werde;
lautet das Urtheil auf Dienstunfähigkeit, so ist der Offizier durch
den Kommandeur, der die Berathung geleitet hat, aufzufordern,
seine Verabschiedung zu beantragen; im Weigerungsfalle ist Seitens
des Kommandeurs der Antrag darauf unter Beifügung des Be-
rathungsprotokolls und des ärztlichen Gutachtens im dienstlichen
Wege dem Kontingentsherrn einzureichen 2).

Die Befugniß, die Armee- resp. Regiments-Uniform zu tragen,
wird bei der Verabschiedung besonders verliehen; bestimmte Regeln,

1) Mil. Pensionsges. v. 27. Juni 1871 §. 27. 28.
2) Kabin.Ordre v. 7. Juli 1828 (bei v. Helldorff II, 1 S. 38). Daselbst
sind die näheren Anordnungen über die Zusammensetzung der Kommissionen
enthalten. Die Kabinets-Ordre ist ausgedehnt worden auf Landwehr-
Offiziere
, deren Beibehaltung dem dienstlichen Interesse nachtheilig sein
würde, durch Kab.Ordre v. 20. Okt. 1828 (ebenda S. 39) und auf Militair-
Aerzte
im Offiziersrang durch die Verordn. v. 6. Febr. 1873 §. 27 letzter
Abs. (Armee-V.Bl. 1873 S. 113).

§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.
des Dienſtverhältniſſes der Offiziere die Beendigungsarten in zwei
Kategorien gruppiren, die ſich dadurch von einander unterſcheiden,
daß bei der einen die Ehrenrechte und der Anſpruch auf Lebens-
unterhalt (Penſion) fortbeſtehen, ebenſo aber auch eine ſubſidiäre
Dienſtpflicht und die Pflicht eines der Standesehre entſprechenden
Verhaltens, bei der andern dagegen alle durch das Dienſtverhält-
niß begründeten Rechte und Pflichten gänzlich erlöſchen.

a) Mit Anſpruch auf Penſion und Ehrenrechte.
Die Auflöſung des Dienſtverhältniſſes erfolgt durch die „Verab-
ſchiedung“ mittelſt eines Entlaſſungs-Patents; ſie iſt auf dem
militairiſchen Inſtanzenwege durch Geſuchsliſte zu beantragen. Zur
Begründung des Antrages iſt erforderlich, daß der Offizier oder
Militairarzt ſeine Invalidität nachweiſt, falls er nicht bereits das
60. Lebensjahr zurückgelegt hat 1). Auch wider den Willen des
Offiziers kann ſeine Verabſchiedung mit Penſion erfolgen, wenn
derſelbe ungeachtet ſeiner körperlichen oder geiſtigen Unfähigkeit
zur Fortſetzung des Dienſtes es unterläßt, den Abſchied zu ver-
langen. Die Vorgeſetzten ſind verpflichtet darauf zu wachen, daß
ſolche Offiziere nicht zum Nachtheil des Dienſtes in ihrer Stelle
verbleiben. Um aber gleichzeitig die Offiziere vor Willkür zu
ſichern, iſt angeordnet, daß unter den Vorgeſetzten eine ſchriftliche
Berathung über die Dienſtfähigkeit des Offiziers gehalten werde;
lautet das Urtheil auf Dienſtunfähigkeit, ſo iſt der Offizier durch
den Kommandeur, der die Berathung geleitet hat, aufzufordern,
ſeine Verabſchiedung zu beantragen; im Weigerungsfalle iſt Seitens
des Kommandeurs der Antrag darauf unter Beifügung des Be-
rathungsprotokolls und des ärztlichen Gutachtens im dienſtlichen
Wege dem Kontingentsherrn einzureichen 2).

Die Befugniß, die Armee- reſp. Regiments-Uniform zu tragen,
wird bei der Verabſchiedung beſonders verliehen; beſtimmte Regeln,

1) Mil. Penſionsgeſ. v. 27. Juni 1871 §. 27. 28.
2) Kabin.Ordre v. 7. Juli 1828 (bei v. Helldorff II, 1 S. 38). Daſelbſt
ſind die näheren Anordnungen über die Zuſammenſetzung der Kommiſſionen
enthalten. Die Kabinets-Ordre iſt ausgedehnt worden auf Landwehr-
Offiziere
, deren Beibehaltung dem dienſtlichen Intereſſe nachtheilig ſein
würde, durch Kab.Ordre v. 20. Okt. 1828 (ebenda S. 39) und auf Militair-
Aerzte
im Offiziersrang durch die Verordn. v. 6. Febr. 1873 §. 27 letzter
Abſ. (Armee-V.Bl. 1873 S. 113).
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[234/0244] §. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht. des Dienſtverhältniſſes der Offiziere die Beendigungsarten in zwei Kategorien gruppiren, die ſich dadurch von einander unterſcheiden, daß bei der einen die Ehrenrechte und der Anſpruch auf Lebens- unterhalt (Penſion) fortbeſtehen, ebenſo aber auch eine ſubſidiäre Dienſtpflicht und die Pflicht eines der Standesehre entſprechenden Verhaltens, bei der andern dagegen alle durch das Dienſtverhält- niß begründeten Rechte und Pflichten gänzlich erlöſchen. a) Mit Anſpruch auf Penſion und Ehrenrechte. Die Auflöſung des Dienſtverhältniſſes erfolgt durch die „Verab- ſchiedung“ mittelſt eines Entlaſſungs-Patents; ſie iſt auf dem militairiſchen Inſtanzenwege durch Geſuchsliſte zu beantragen. Zur Begründung des Antrages iſt erforderlich, daß der Offizier oder Militairarzt ſeine Invalidität nachweiſt, falls er nicht bereits das 60. Lebensjahr zurückgelegt hat 1). Auch wider den Willen des Offiziers kann ſeine Verabſchiedung mit Penſion erfolgen, wenn derſelbe ungeachtet ſeiner körperlichen oder geiſtigen Unfähigkeit zur Fortſetzung des Dienſtes es unterläßt, den Abſchied zu ver- langen. Die Vorgeſetzten ſind verpflichtet darauf zu wachen, daß ſolche Offiziere nicht zum Nachtheil des Dienſtes in ihrer Stelle verbleiben. Um aber gleichzeitig die Offiziere vor Willkür zu ſichern, iſt angeordnet, daß unter den Vorgeſetzten eine ſchriftliche Berathung über die Dienſtfähigkeit des Offiziers gehalten werde; lautet das Urtheil auf Dienſtunfähigkeit, ſo iſt der Offizier durch den Kommandeur, der die Berathung geleitet hat, aufzufordern, ſeine Verabſchiedung zu beantragen; im Weigerungsfalle iſt Seitens des Kommandeurs der Antrag darauf unter Beifügung des Be- rathungsprotokolls und des ärztlichen Gutachtens im dienſtlichen Wege dem Kontingentsherrn einzureichen 2). Die Befugniß, die Armee- reſp. Regiments-Uniform zu tragen, wird bei der Verabſchiedung beſonders verliehen; beſtimmte Regeln, 1) Mil. Penſionsgeſ. v. 27. Juni 1871 §. 27. 28. 2) Kabin.Ordre v. 7. Juli 1828 (bei v. Helldorff II, 1 S. 38). Daſelbſt ſind die näheren Anordnungen über die Zuſammenſetzung der Kommiſſionen enthalten. Die Kabinets-Ordre iſt ausgedehnt worden auf Landwehr- Offiziere, deren Beibehaltung dem dienſtlichen Intereſſe nachtheilig ſein würde, durch Kab.Ordre v. 20. Okt. 1828 (ebenda S. 39) und auf Militair- Aerzte im Offiziersrang durch die Verordn. v. 6. Febr. 1873 §. 27 letzter Abſ. (Armee-V.Bl. 1873 S. 113).

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/244>, abgerufen am 23.11.2024.