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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienstpflicht.
Kommando's hierzu eingeholt worden ist 1). Kapitulanten, deren
Kapitulation während des mobilen Zustandes oder einer vom
Kaiser angeordneten außergewöhnlichen Verstärkung ihres Truppen-
theils abläuft, dürfen ihre Entlassung aus dem Dienst erst bei der
Demobilmachung oder Ueberführung ihres Truppentheils auf den
Friedensstand fordern 2).

b) Durch Uebereinkunft zwischen dem Truppentheil und dem
Kapitulanten, wenn die häuslichen Verhältnisse desselben seine Ent-
lassung dringend wünschenswerth machen. Eine solche Ueberein-
kunft bedarf aber der Bestätigung Seitens des Generalkommandos 3).

c) Von Rechtswegen hört das Dienstverhältniß auf durch
Verurtheilung des Kapitulanten zur Entfernung aus dem Heere
oder der Marine. Auf diese Strafe muß gegen Unteroffiziere und
Gemeine neben Zuchthaus stets, neben dem Verluste der bürger-
lichen Ehrenrechte dann erkannt werden, wenn die Dauer dieses
Verlustes drei Jahre übersteigt. Auf diese Strafe kann erkannt
werden neben Gefängniß von längerer als fünfjähriger Dauer 4).
Die Wirkungen dieser Strafe sind bei Kapitulanten dieselben wie
bei Offizieren 5).

d) Die Degradation eines Unteroffiziers 6) und die Versetzung
in die zweite Klasse des Soldatenstandes 7) haben die Auflösung
des durch die Kapitulation begründeten Dienst verhältnisses zwar
nicht zur Rechtsfolge; dem Truppentheil steht aber die Befugniß
zu, vor Ablauf der Kapitulationszeit die Kapitulation aufzuheben,
wenn der Kapitulant zu einer der erwähnten Strafen oder zu
einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen oder zu einer höheren Strafe
gerichtlich verurtheilt wird 8).

e) Durch das Generalkommando kann die Kapitulation vor
Ablauf der Kapitulationszeit aufgehoben werden, wenn bei fort-

1) V. v. 8. Juni 1876 §. 11 in Verbindung mit der Kab.Ordre v. 22.
Juni 1873 Ausführungs-Bestimmung litt. f. Vgl. Militair-Gesetze des Deutschen
Reichs I, 2 S. 293.
2) V. v. 8. Juni 1876 §. 13.
3) V. v. 8. Juni 1876 §. 3 litt. b.
4) R.Milit.Straf-Gesetzb. §. 31.
5) ebendas. §. 32.
6) ebendas. §. 40. 41.
7) ebenda §. 37--39.
8) V. v. 8. Juni 1876 §. 3 litt. a.

§. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht.
Kommando’s hierzu eingeholt worden iſt 1). Kapitulanten, deren
Kapitulation während des mobilen Zuſtandes oder einer vom
Kaiſer angeordneten außergewöhnlichen Verſtärkung ihres Truppen-
theils abläuft, dürfen ihre Entlaſſung aus dem Dienſt erſt bei der
Demobilmachung oder Ueberführung ihres Truppentheils auf den
Friedensſtand fordern 2).

b) Durch Uebereinkunft zwiſchen dem Truppentheil und dem
Kapitulanten, wenn die häuslichen Verhältniſſe deſſelben ſeine Ent-
laſſung dringend wünſchenswerth machen. Eine ſolche Ueberein-
kunft bedarf aber der Beſtätigung Seitens des Generalkommandos 3).

c) Von Rechtswegen hört das Dienſtverhältniß auf durch
Verurtheilung des Kapitulanten zur Entfernung aus dem Heere
oder der Marine. Auf dieſe Strafe muß gegen Unteroffiziere und
Gemeine neben Zuchthaus ſtets, neben dem Verluſte der bürger-
lichen Ehrenrechte dann erkannt werden, wenn die Dauer dieſes
Verluſtes drei Jahre überſteigt. Auf dieſe Strafe kann erkannt
werden neben Gefängniß von längerer als fünfjähriger Dauer 4).
Die Wirkungen dieſer Strafe ſind bei Kapitulanten dieſelben wie
bei Offizieren 5).

d) Die Degradation eines Unteroffiziers 6) und die Verſetzung
in die zweite Klaſſe des Soldatenſtandes 7) haben die Auflöſung
des durch die Kapitulation begründeten Dienſt verhältniſſes zwar
nicht zur Rechtsfolge; dem Truppentheil ſteht aber die Befugniß
zu, vor Ablauf der Kapitulationszeit die Kapitulation aufzuheben,
wenn der Kapitulant zu einer der erwähnten Strafen oder zu
einer Freiheitsſtrafe von 6 Wochen oder zu einer höheren Strafe
gerichtlich verurtheilt wird 8).

e) Durch das Generalkommando kann die Kapitulation vor
Ablauf der Kapitulationszeit aufgehoben werden, wenn bei fort-

1) V. v. 8. Juni 1876 §. 11 in Verbindung mit der Kab.Ordre v. 22.
Juni 1873 Ausführungs-Beſtimmung litt. f. Vgl. Militair-Geſetze des Deutſchen
Reichs I, 2 S. 293.
2) V. v. 8. Juni 1876 §. 13.
3) V. v. 8. Juni 1876 §. 3 litt. b.
4) R.Milit.Straf-Geſetzb. §. 31.
5) ebendaſ. §. 32.
6) ebendaſ. §. 40. 41.
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[242/0252] §. 89. Die freiwillig übernommene Militairdienſtpflicht. Kommando’s hierzu eingeholt worden iſt 1). Kapitulanten, deren Kapitulation während des mobilen Zuſtandes oder einer vom Kaiſer angeordneten außergewöhnlichen Verſtärkung ihres Truppen- theils abläuft, dürfen ihre Entlaſſung aus dem Dienſt erſt bei der Demobilmachung oder Ueberführung ihres Truppentheils auf den Friedensſtand fordern 2). b) Durch Uebereinkunft zwiſchen dem Truppentheil und dem Kapitulanten, wenn die häuslichen Verhältniſſe deſſelben ſeine Ent- laſſung dringend wünſchenswerth machen. Eine ſolche Ueberein- kunft bedarf aber der Beſtätigung Seitens des Generalkommandos 3). c) Von Rechtswegen hört das Dienſtverhältniß auf durch Verurtheilung des Kapitulanten zur Entfernung aus dem Heere oder der Marine. Auf dieſe Strafe muß gegen Unteroffiziere und Gemeine neben Zuchthaus ſtets, neben dem Verluſte der bürger- lichen Ehrenrechte dann erkannt werden, wenn die Dauer dieſes Verluſtes drei Jahre überſteigt. Auf dieſe Strafe kann erkannt werden neben Gefängniß von längerer als fünfjähriger Dauer 4). Die Wirkungen dieſer Strafe ſind bei Kapitulanten dieſelben wie bei Offizieren 5). d) Die Degradation eines Unteroffiziers 6) und die Verſetzung in die zweite Klaſſe des Soldatenſtandes 7) haben die Auflöſung des durch die Kapitulation begründeten Dienſt verhältniſſes zwar nicht zur Rechtsfolge; dem Truppentheil ſteht aber die Befugniß zu, vor Ablauf der Kapitulationszeit die Kapitulation aufzuheben, wenn der Kapitulant zu einer der erwähnten Strafen oder zu einer Freiheitsſtrafe von 6 Wochen oder zu einer höheren Strafe gerichtlich verurtheilt wird 8). e) Durch das Generalkommando kann die Kapitulation vor Ablauf der Kapitulationszeit aufgehoben werden, wenn bei fort- 1) V. v. 8. Juni 1876 §. 11 in Verbindung mit der Kab.Ordre v. 22. Juni 1873 Ausführungs-Beſtimmung litt. f. Vgl. Militair-Geſetze des Deutſchen Reichs I, 2 S. 293. 2) V. v. 8. Juni 1876 §. 13. 3) V. v. 8. Juni 1876 §. 3 litt. b. 4) R.Milit.Straf-Geſetzb. §. 31. 5) ebendaſ. §. 32. 6) ebendaſ. §. 40. 41. 7) ebenda §. 37—39. 8) V. v. 8. Juni 1876 §. 3 litt. a.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/252>, abgerufen am 01.06.2024.