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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.
hält und ebenso alle anderen Bundesfürsten für ihre Kontin-
gente, daß die letzteren aber von diesem Verordnungsrecht nur in
der Art Gebrauch machen dürfen und müssen, daß sie dasjenige
für ihre Kontingente verordnen, was der König von Preußen für
das seinige verordnet hat. Mit klaren Worten hat der hier aus-
geführte Rechtssatz ferner Anerkennung gefunden in der Militair-
Konvention mit dem Königreich Sachsen vom 7. Febr. 1867
Art. 2, welche in dieser Beziehung keine besonderen Bestim-
mungen für Sachsen enthält, sondern nur dasjenige vertragsmäßig
feststellt, was in dem Entwurf der Bundesverf. als gesetzliche Regel
in Aussicht genommen war, und ebenso hat die Militair-Konvention
mit Württemberg vom 21/25. Nov. 1870 Art. 10 und Art. 15
das Militair-Verordnungsrecht nicht dem Kaiser, sondern dem
Könige von Württemberg zugewiesen, dabei aber die für die Preus-
sische Armee zur Zeit gültigen oder später zu erlassenden Normen,
Reglements u. s. w. als "maßgebend" erklärt und die Württemb.
Regierung "zur entsprechenden Ausführung" verpflichtet 1).

Endlich findet diese Interpretation darin eine Unterstützung,
daß bei der Aufzählung der Rechte des Kaisers in der R.V., ins-
besondere in Art. 63 Abs. 3 und 4 und Art. 64 fg. das aus-
schließliche Recht zum Erlaß der Verordnungen nicht erwähnt wird,
und daß ebensowenig das Militairgesetz vom 2. Mai 1874, welches
in den §§. 7--8 den Erlaß gewisser Vorschriften dem Kaiser über-
trägt, ein allgemeines Verordnungsrecht desselben anerkennt.

Auch die Praxis hat -- mit einer Ausnahme -- sich an die
hier entwickelten Grundsätze gehalten. Im Jahre 1867 und in
den darauf folgenden Jahren sind die Preußischen Verordnungen,
Reglements u. s. w. in den Staaten des Nordd. Bundes, wenig-
stens zum größten Theil, durch Anordnungen der Bundesregie-
rungen
zur Einführung gelangt; die seitdem neu erlassenen Vor-
schriften sind vom "König von Preußen" für die "Preußische"
Armee ergangen und im Preuß. Armee-Verordn.-Bl. verkündet
worden; in den übrigen Kontingenten -- soweit dieselben nicht mit
dem Preußischen verbunden sind -- haben sie durch Vermittlung
der Kontingentsherrn oder der Kommando-Behörden Geltung er-

1) Daher erscheint in Württemberg auch ein besonderes Militair-
Verordnungs-Blatt
, welches die Anordnungen des Königs, des Würt-
temberg. Kriegsministers u. s. w. enthält.

§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.
hält und ebenſo alle anderen Bundesfürſten für ihre Kontin-
gente, daß die letzteren aber von dieſem Verordnungsrecht nur in
der Art Gebrauch machen dürfen und müſſen, daß ſie dasjenige
für ihre Kontingente verordnen, was der König von Preußen für
das ſeinige verordnet hat. Mit klaren Worten hat der hier aus-
geführte Rechtsſatz ferner Anerkennung gefunden in der Militair-
Konvention mit dem Königreich Sachſen vom 7. Febr. 1867
Art. 2, welche in dieſer Beziehung keine beſonderen Beſtim-
mungen für Sachſen enthält, ſondern nur dasjenige vertragsmäßig
feſtſtellt, was in dem Entwurf der Bundesverf. als geſetzliche Regel
in Ausſicht genommen war, und ebenſo hat die Militair-Konvention
mit Württemberg vom 21/25. Nov. 1870 Art. 10 und Art. 15
das Militair-Verordnungsrecht nicht dem Kaiſer, ſondern dem
Könige von Württemberg zugewieſen, dabei aber die für die Preuſ-
ſiſche Armee zur Zeit gültigen oder ſpäter zu erlaſſenden Normen,
Reglements u. ſ. w. als „maßgebend“ erklärt und die Württemb.
Regierung „zur entſprechenden Ausführung“ verpflichtet 1).

Endlich findet dieſe Interpretation darin eine Unterſtützung,
daß bei der Aufzählung der Rechte des Kaiſers in der R.V., ins-
beſondere in Art. 63 Abſ. 3 und 4 und Art. 64 fg. das aus-
ſchließliche Recht zum Erlaß der Verordnungen nicht erwähnt wird,
und daß ebenſowenig das Militairgeſetz vom 2. Mai 1874, welches
in den §§. 7—8 den Erlaß gewiſſer Vorſchriften dem Kaiſer über-
trägt, ein allgemeines Verordnungsrecht deſſelben anerkennt.

Auch die Praxis hat — mit einer Ausnahme — ſich an die
hier entwickelten Grundſätze gehalten. Im Jahre 1867 und in
den darauf folgenden Jahren ſind die Preußiſchen Verordnungen,
Reglements u. ſ. w. in den Staaten des Nordd. Bundes, wenig-
ſtens zum größten Theil, durch Anordnungen der Bundesregie-
rungen
zur Einführung gelangt; die ſeitdem neu erlaſſenen Vor-
ſchriften ſind vom „König von Preußen“ für die „Preußiſche“
Armee ergangen und im Preuß. Armee-Verordn.-Bl. verkündet
worden; in den übrigen Kontingenten — ſoweit dieſelben nicht mit
dem Preußiſchen verbunden ſind — haben ſie durch Vermittlung
der Kontingentsherrn oder der Kommando-Behörden Geltung er-

1) Daher erſcheint in Württemberg auch ein beſonderes Militair-
Verordnungs-Blatt
, welches die Anordnungen des Königs, des Würt-
temberg. Kriegsminiſters u. ſ. w. enthält.
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[23/0033] §. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen. hält und ebenſo alle anderen Bundesfürſten für ihre Kontin- gente, daß die letzteren aber von dieſem Verordnungsrecht nur in der Art Gebrauch machen dürfen und müſſen, daß ſie dasjenige für ihre Kontingente verordnen, was der König von Preußen für das ſeinige verordnet hat. Mit klaren Worten hat der hier aus- geführte Rechtsſatz ferner Anerkennung gefunden in der Militair- Konvention mit dem Königreich Sachſen vom 7. Febr. 1867 Art. 2, welche in dieſer Beziehung keine beſonderen Beſtim- mungen für Sachſen enthält, ſondern nur dasjenige vertragsmäßig feſtſtellt, was in dem Entwurf der Bundesverf. als geſetzliche Regel in Ausſicht genommen war, und ebenſo hat die Militair-Konvention mit Württemberg vom 21/25. Nov. 1870 Art. 10 und Art. 15 das Militair-Verordnungsrecht nicht dem Kaiſer, ſondern dem Könige von Württemberg zugewieſen, dabei aber die für die Preuſ- ſiſche Armee zur Zeit gültigen oder ſpäter zu erlaſſenden Normen, Reglements u. ſ. w. als „maßgebend“ erklärt und die Württemb. Regierung „zur entſprechenden Ausführung“ verpflichtet 1). Endlich findet dieſe Interpretation darin eine Unterſtützung, daß bei der Aufzählung der Rechte des Kaiſers in der R.V., ins- beſondere in Art. 63 Abſ. 3 und 4 und Art. 64 fg. das aus- ſchließliche Recht zum Erlaß der Verordnungen nicht erwähnt wird, und daß ebenſowenig das Militairgeſetz vom 2. Mai 1874, welches in den §§. 7—8 den Erlaß gewiſſer Vorſchriften dem Kaiſer über- trägt, ein allgemeines Verordnungsrecht deſſelben anerkennt. Auch die Praxis hat — mit einer Ausnahme — ſich an die hier entwickelten Grundſätze gehalten. Im Jahre 1867 und in den darauf folgenden Jahren ſind die Preußiſchen Verordnungen, Reglements u. ſ. w. in den Staaten des Nordd. Bundes, wenig- ſtens zum größten Theil, durch Anordnungen der Bundesregie- rungen zur Einführung gelangt; die ſeitdem neu erlaſſenen Vor- ſchriften ſind vom „König von Preußen“ für die „Preußiſche“ Armee ergangen und im Preuß. Armee-Verordn.-Bl. verkündet worden; in den übrigen Kontingenten — ſoweit dieſelben nicht mit dem Preußiſchen verbunden ſind — haben ſie durch Vermittlung der Kontingentsherrn oder der Kommando-Behörden Geltung er- 1) Daher erſcheint in Württemberg auch ein beſonderes Militair- Verordnungs-Blatt, welches die Anordnungen des Königs, des Würt- temberg. Kriegsminiſters u. ſ. w. enthält.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/33>, abgerufen am 21.11.2024.