Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen. der verfassungsmäßigen Normen enthält, wie jene 1). Mit der Sächs.Konvention stimmt auch überein die Tendenz, welche bei dem Ab- schluß der Württembergischen verfolgt wurde, nämlich daß dieselbe ein singuläres Recht gegenüber dem gemeinen Verfassungsrecht bilden und demgemäß demselben vorgehen solle. Während aber rück- sichtlich Sachsens dieses Ziel nicht erreicht wurde, ist rücksichtlich Württembergs seine vollständige und rechtlich unanfechtbare Ver- wirklichung eingetreten. Die Bestimmungen der Württemberg. Kon- vention sind durch die Schlußbestimmungen zum XI. Abschnitt der R.V. zum integrirenden Bestandtheil der R.V. erklärt worden; sie bilden ein verfassungsmäßiges Sonderrecht und die Beseitigung desselben ist nur nach den im Art. 78 der R.V. aufgestellten Regeln zulässig 2). Während durch die Sächsische Konvention der Kaiser sich selbst freiwillig in dem Gebrauch der ihm zustehenden verfassungsmäßigen Befugnisse Schranken auferlegt hat, stehen diese Befugnisse dem Kaiser in Württemberg von Rechtswegen nur in demjenigen Umfange zu, den die Württemb. Konvention aner- kannt hat; ihre Schranken wurzeln nicht in dem freien Willen des Kaisers, sondern in der Verfassungsvorschrift des Reiches. c) Mit Bayern ist eine Militairkonvention in einem beson- 1) Dahin gehört: der Vorbehalt der eigenen Militair-Strafgerichts-Ord- nung, die selbständige Bestimmung über die Bekleidung, die wesentliche Be- schränkung des Dislocirungsrechtes des Kaisers, das Recht des Königs von Württemberg den Höchstkommandirenden zu ernennen und bei der Ernennung der übrigen Generale nicht an die Zustimmung des Kaisers gebunden zu sein, das Zugeständniß, daß Ersparnisse am Württemb. Militairetat zur Verfügung Württembergs verbleiben, daß der Kaiser wegen der Anlage von Befestigungen in Württemberg sich vorher mit dem Könige von Württemberg in's Vernehmen zu setzen habe u. a. 2) Vgl. Bd. I §. 11. Laband, Reichsstaatsrecht. III. 3
§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen. der verfaſſungsmäßigen Normen enthält, wie jene 1). Mit der Sächſ.Konvention ſtimmt auch überein die Tendenz, welche bei dem Ab- ſchluß der Württembergiſchen verfolgt wurde, nämlich daß dieſelbe ein ſinguläres Recht gegenüber dem gemeinen Verfaſſungsrecht bilden und demgemäß demſelben vorgehen ſolle. Während aber rück- ſichtlich Sachſens dieſes Ziel nicht erreicht wurde, iſt rückſichtlich Württembergs ſeine vollſtändige und rechtlich unanfechtbare Ver- wirklichung eingetreten. Die Beſtimmungen der Württemberg. Kon- vention ſind durch die Schlußbeſtimmungen zum XI. Abſchnitt der R.V. zum integrirenden Beſtandtheil der R.V. erklärt worden; ſie bilden ein verfaſſungsmäßiges Sonderrecht und die Beſeitigung deſſelben iſt nur nach den im Art. 78 der R.V. aufgeſtellten Regeln zuläſſig 2). Während durch die Sächſiſche Konvention der Kaiſer ſich ſelbſt freiwillig in dem Gebrauch der ihm zuſtehenden verfaſſungsmäßigen Befugniſſe Schranken auferlegt hat, ſtehen dieſe Befugniſſe dem Kaiſer in Württemberg von Rechtswegen nur in demjenigen Umfange zu, den die Württemb. Konvention aner- kannt hat; ihre Schranken wurzeln nicht in dem freien Willen des Kaiſers, ſondern in der Verfaſſungsvorſchrift des Reiches. c) Mit Bayern iſt eine Militairkonvention in einem beſon- 1) Dahin gehört: der Vorbehalt der eigenen Militair-Strafgerichts-Ord- nung, die ſelbſtändige Beſtimmung über die Bekleidung, die weſentliche Be- ſchränkung des Dislocirungsrechtes des Kaiſers, das Recht des Königs von Württemberg den Höchſtkommandirenden zu ernennen und bei der Ernennung der übrigen Generale nicht an die Zuſtimmung des Kaiſers gebunden zu ſein, das Zugeſtändniß, daß Erſparniſſe am Württemb. Militairetat zur Verfügung Württembergs verbleiben, daß der Kaiſer wegen der Anlage von Befeſtigungen in Württemberg ſich vorher mit dem Könige von Württemberg in’s Vernehmen zu ſetzen habe u. a. 2) Vgl. Bd. I §. 11. Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 3
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§. 78. Die Einheitlichkeit des Militairrechts und der Heeres-Einrichtungen.
der verfaſſungsmäßigen Normen enthält, wie jene 1). Mit der Sächſ.
Konvention ſtimmt auch überein die Tendenz, welche bei dem Ab-
ſchluß der Württembergiſchen verfolgt wurde, nämlich daß dieſelbe
ein ſinguläres Recht gegenüber dem gemeinen Verfaſſungsrecht
bilden und demgemäß demſelben vorgehen ſolle. Während aber rück-
ſichtlich Sachſens dieſes Ziel nicht erreicht wurde, iſt rückſichtlich
Württembergs ſeine vollſtändige und rechtlich unanfechtbare Ver-
wirklichung eingetreten. Die Beſtimmungen der Württemberg. Kon-
vention ſind durch die Schlußbeſtimmungen zum XI. Abſchnitt der
R.V. zum integrirenden Beſtandtheil der R.V. erklärt worden; ſie
bilden ein verfaſſungsmäßiges Sonderrecht und die Beſeitigung
deſſelben iſt nur nach den im Art. 78 der R.V. aufgeſtellten Regeln
zuläſſig 2). Während durch die Sächſiſche Konvention der Kaiſer
ſich ſelbſt freiwillig in dem Gebrauch der ihm zuſtehenden
verfaſſungsmäßigen Befugniſſe Schranken auferlegt hat, ſtehen dieſe
Befugniſſe dem Kaiſer in Württemberg von Rechtswegen nur
in demjenigen Umfange zu, den die Württemb. Konvention aner-
kannt hat; ihre Schranken wurzeln nicht in dem freien Willen des
Kaiſers, ſondern in der Verfaſſungsvorſchrift des Reiches.
c) Mit Bayern iſt eine Militairkonvention in einem beſon-
deren Aktenſtück zwar nicht abgeſchloſſen worden, der Bündnißver-
trag vom 23. Nov. 1870 unter III §. 5 und das dazu gehörige
Schlußprotokoll enthalten aber eine ſolche. Von derſelben gilt
Alles, was von der Württembergiſchen Konvention ſoeben ausge-
führt worden iſt; ſie iſt zum verfaſſungsmäßigen Spezialrecht er-
klärt, auf deſſen Aufrechterhaltung Bayern ein Sonderrecht (im
ſubjektiven Sinne) hat. Materiell freilich iſt dieſes Bayeriſche
Sonderrecht von dem Württembergiſchen ſehr erheblich verſchieden;
1) Dahin gehört: der Vorbehalt der eigenen Militair-Strafgerichts-Ord-
nung, die ſelbſtändige Beſtimmung über die Bekleidung, die weſentliche Be-
ſchränkung des Dislocirungsrechtes des Kaiſers, das Recht des Königs von
Württemberg den Höchſtkommandirenden zu ernennen und bei der Ernennung
der übrigen Generale nicht an die Zuſtimmung des Kaiſers gebunden zu ſein,
das Zugeſtändniß, daß Erſparniſſe am Württemb. Militairetat zur Verfügung
Württembergs verbleiben, daß der Kaiſer wegen der Anlage von Befeſtigungen
in Württemberg ſich vorher mit dem Könige von Württemberg in’s Vernehmen
zu ſetzen habe u. a.
2) Vgl. Bd. I §. 11.
Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 3
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