Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 82. Die Festungen und Kriegshäfen. 3. Die militairische Verfügung über die Festungen Die vorstehend aufgeführten Rechtssätze haben für Bayern und VII dieses Gesetzes die im Art. I aufgezählten Festungen, unter denen sich auch Ingolstadt befindet, als Reichsfestungen bezeichnet werden, beruht auf einem Irrthum. Art. VII enthält gar keine Bezugnahme auf Art. I, und Art. IV enthält eine Bestimmung lediglich über diejenigen im Art. I genannten Festungen, welche Reichsfestungen sind, sagt aber nicht, daß alle im Art. I aufgeführten Festungen diese Eigenschaft haben. 1) Soweit durch Milit.-Konventionen die Ausübung des Dislokationsrechtes eingeschränkt worden ist, sind grade die Festungen davon ausgenommen worden. Siehe oben S. 39 Note 1. 2) R.V. Art. 64 Abs. 2. Nur über die Ernennung der Kommandanten der in Württemberg gelegenen festen Plätze hat der Kaiser sich vorher mit dem König von W. in Vernehmen zu setzen. Mil.-Konv. Art. 7. Ueber Ulm siehe unten Nro. 5. 3) Ges. über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 §§. 1; 2 Abs. 3;
4; 7. Vgl. oben S. 44. §. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen. 3. Die militairiſche Verfügung über die Feſtungen Die vorſtehend aufgeführten Rechtsſätze haben für Bayern und VII dieſes Geſetzes die im Art. I aufgezählten Feſtungen, unter denen ſich auch Ingolſtadt befindet, als Reichsfeſtungen bezeichnet werden, beruht auf einem Irrthum. Art. VII enthält gar keine Bezugnahme auf Art. I, und Art. IV enthält eine Beſtimmung lediglich über diejenigen im Art. I genannten Feſtungen, welche Reichsfeſtungen ſind, ſagt aber nicht, daß alle im Art. I aufgeführten Feſtungen dieſe Eigenſchaft haben. 1) Soweit durch Milit.-Konventionen die Ausübung des Dislokationsrechtes eingeſchränkt worden iſt, ſind grade die Feſtungen davon ausgenommen worden. Siehe oben S. 39 Note 1. 2) R.V. Art. 64 Abſ. 2. Nur über die Ernennung der Kommandanten der in Württemberg gelegenen feſten Plätze hat der Kaiſer ſich vorher mit dem König von W. in Vernehmen zu ſetzen. Mil.-Konv. Art. 7. Ueber Ulm ſiehe unten Nro. 5. 3) Geſ. über den Belagerungszuſtand vom 4. Juni 1851 §§. 1; 2 Abſ. 3;
4; 7. Vgl. oben S. 44. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0085" n="75"/> <fw place="top" type="header">§. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen.</fw><lb/> <p>3. Die <hi rendition="#g">militairiſche Verfügung</hi> über die Feſtungen<lb/> und Kriegshäfen ſteht dem Kaiſer zu. Es ergiebt ſich dies ſchon<lb/> aus dem allgemeinen Grundſatz, daß alle Truppen, alſo auch die<lb/> Beſatzungstruppen, ſeinen Befehlen unbedingte Folge zu leiſten<lb/> haben. Das ihm zuſtehende Dislokationsrecht ermächtigt ihn, die<lb/> zur Beſatzung zu verwendenden Truppentheile aus allen Kontingen-<lb/> ten zu wählen <note place="foot" n="1)">Soweit durch Milit.-Konventionen die Ausübung des Dislokationsrechtes<lb/> eingeſchränkt worden iſt, ſind grade die Feſtungen davon ausgenommen worden.<lb/> Siehe oben S. 39 Note 1.</note> und der Art und Zahl nach zu beſtimmen. Ferner<lb/> erſtreckt ſich die ihm nach allgemeinen Verfaſſungsprinzipien obliegende<lb/> Beaufſichtigung (R.V. Art. 4 Ziff. 14), ſowie das ihm ſpeziell<lb/> eingeräumte Recht der Inſpektion und das Recht die Abſtellung<lb/> der vorgefundenen Mängel anzuordnen (R.V. Art. 63 Abſ. 3) nicht<lb/> nur auf die Truppen ſelbſt, ſondern auch auf die geſammte Aus-<lb/> rüſtung und alle militairiſchen Anſtalten, folglich auch auf die<lb/> Feſtungen, ihren baulichen Zuſtand, ihre Armirung, Verprovianti-<lb/> rung u. ſ. w. Wegen der Wichtigkeit der Feſtungen iſt zur Siche-<lb/> rung dieſer im militairiſchen Oberbefehl enthaltenen Befugniſſe dem<lb/> Kaiſer das Recht eingeräumt, alle <hi rendition="#g">Feſtungskommandanten</hi><lb/> zu ernennen <note place="foot" n="2)">R.V. Art. 64 Abſ. 2. Nur über die Ernennung der Kommandanten<lb/> der in <hi rendition="#g">Württemberg</hi> gelegenen feſten Plätze hat der Kaiſer ſich vorher mit<lb/> dem König von W. in Vernehmen zu ſetzen. Mil.-Konv. Art. 7. Ueber <hi rendition="#g">Ulm</hi><lb/> ſiehe unten Nro. 5.</note>. Hierdurch iſt aber in Verbindung mit Art. 68 der<lb/> R.V. noch ein weiteres, ſehr eingreifendes Recht gegeben. Mit<lb/> der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszuſtandes geht<lb/> nämlich die vollziehende Gewalt an den Feſtungskommandanten<lb/> über, und ebenſo die höhere Militairgerichtsbarkeit über ſämmtliche<lb/> zur Beſatzung gehörende Militairperſonen aller Kontingente <note place="foot" n="3)">Geſ. über den Belagerungszuſtand vom 4. Juni 1851 §§. 1; 2 Abſ. 3;<lb/> 4; 7. Vgl. oben S. 44.</note>.</p><lb/> <p>Die vorſtehend aufgeführten Rechtsſätze haben für <hi rendition="#g">Bayern</hi><lb/> keine Geltung; alle militairiſchen Oberbefehlshaber-Rechte des Kaiſers<lb/><note xml:id="seg2pn_9_2" prev="#seg2pn_9_1" place="foot" n="5)">und <hi rendition="#aq">VII</hi> dieſes Geſetzes die im Art. <hi rendition="#aq">I</hi> aufgezählten Feſtungen, unter denen<lb/> ſich auch <hi rendition="#g">Ingolſtadt</hi> befindet, als <hi rendition="#g">Reichsf</hi>eſtungen bezeichnet werden,<lb/> beruht auf einem Irrthum. Art. <hi rendition="#aq">VII</hi> enthält gar keine Bezugnahme auf Art. <hi rendition="#aq">I</hi>,<lb/> und Art. <hi rendition="#aq">IV</hi> enthält eine Beſtimmung lediglich über diejenigen im Art. <hi rendition="#aq">I</hi><lb/> genannten Feſtungen, <hi rendition="#g">welche Reichsfeſtungen ſind</hi>, ſagt aber nicht, daß<lb/><hi rendition="#g">alle</hi> im Art. <hi rendition="#aq">I</hi> aufgeführten Feſtungen dieſe Eigenſchaft haben.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0085]
§. 82. Die Feſtungen und Kriegshäfen.
3. Die militairiſche Verfügung über die Feſtungen
und Kriegshäfen ſteht dem Kaiſer zu. Es ergiebt ſich dies ſchon
aus dem allgemeinen Grundſatz, daß alle Truppen, alſo auch die
Beſatzungstruppen, ſeinen Befehlen unbedingte Folge zu leiſten
haben. Das ihm zuſtehende Dislokationsrecht ermächtigt ihn, die
zur Beſatzung zu verwendenden Truppentheile aus allen Kontingen-
ten zu wählen 1) und der Art und Zahl nach zu beſtimmen. Ferner
erſtreckt ſich die ihm nach allgemeinen Verfaſſungsprinzipien obliegende
Beaufſichtigung (R.V. Art. 4 Ziff. 14), ſowie das ihm ſpeziell
eingeräumte Recht der Inſpektion und das Recht die Abſtellung
der vorgefundenen Mängel anzuordnen (R.V. Art. 63 Abſ. 3) nicht
nur auf die Truppen ſelbſt, ſondern auch auf die geſammte Aus-
rüſtung und alle militairiſchen Anſtalten, folglich auch auf die
Feſtungen, ihren baulichen Zuſtand, ihre Armirung, Verprovianti-
rung u. ſ. w. Wegen der Wichtigkeit der Feſtungen iſt zur Siche-
rung dieſer im militairiſchen Oberbefehl enthaltenen Befugniſſe dem
Kaiſer das Recht eingeräumt, alle Feſtungskommandanten
zu ernennen 2). Hierdurch iſt aber in Verbindung mit Art. 68 der
R.V. noch ein weiteres, ſehr eingreifendes Recht gegeben. Mit
der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungszuſtandes geht
nämlich die vollziehende Gewalt an den Feſtungskommandanten
über, und ebenſo die höhere Militairgerichtsbarkeit über ſämmtliche
zur Beſatzung gehörende Militairperſonen aller Kontingente 3).
Die vorſtehend aufgeführten Rechtsſätze haben für Bayern
keine Geltung; alle militairiſchen Oberbefehlshaber-Rechte des Kaiſers
5)
1) Soweit durch Milit.-Konventionen die Ausübung des Dislokationsrechtes
eingeſchränkt worden iſt, ſind grade die Feſtungen davon ausgenommen worden.
Siehe oben S. 39 Note 1.
2) R.V. Art. 64 Abſ. 2. Nur über die Ernennung der Kommandanten
der in Württemberg gelegenen feſten Plätze hat der Kaiſer ſich vorher mit
dem König von W. in Vernehmen zu ſetzen. Mil.-Konv. Art. 7. Ueber Ulm
ſiehe unten Nro. 5.
3) Geſ. über den Belagerungszuſtand vom 4. Juni 1851 §§. 1; 2 Abſ. 3;
4; 7. Vgl. oben S. 44.
5) und VII dieſes Geſetzes die im Art. I aufgezählten Feſtungen, unter denen
ſich auch Ingolſtadt befindet, als Reichsfeſtungen bezeichnet werden,
beruht auf einem Irrthum. Art. VII enthält gar keine Bezugnahme auf Art. I,
und Art. IV enthält eine Beſtimmung lediglich über diejenigen im Art. I
genannten Feſtungen, welche Reichsfeſtungen ſind, ſagt aber nicht, daß
alle im Art. I aufgeführten Feſtungen dieſe Eigenſchaft haben.
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