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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 101. Die Gerichte.
waltung berufen; aber nur auf die Dauer des Geschäftsjahres.
Dagegen finden hinsichtlich der Mitglieder des Landgerichts, welche
der auswärtigen Strafkammer zugewiesen werden sollen, die Vor-
schriften des Gerichtsverfassungsgesetzes Anwendung; sie werden
also durch das "Präsidium" des Landgerichts bezeichnet.

d) Eine andere anomale Bildung bei den Landgerichten sind
die Kammern für Handelssachen. Dieselben können bei
den Landgerichten errichtet werden, soweit die Landesjustizverwal-
tung ein Bedürfniß als vorhanden annimmt; ihre Zuständigkeit
kann für den ganzen Bezirk des Landgerichts oder für örtlich ab-
gegrenzte Theile desselben normirt werden; sie können am Sitz
des Landgerichts oder an andern Orten des Landgerichtsbezirks
ihren Sitz erhalten 1). Ihnen gehört nur ein berufsmäßiger
Richter an, der zugleich den Vorsitz führt. Ueber die Art und
Weise, wie derselbe bestellt wird, hat das Reichsgesetz Nichts be-
stimmt; es hat nur die negative Bestimmung getroffen, daß die
für die Bildung der Civilkammern und die Bestellung ihrer Vor-
sitzenden in den §§. 61--66 gegebenen Vorschriften auf die Kam-
mern für Handelssachen keine Anwendung finden 2) und es hat zu-
gelassen, daß für eine außerhalb des Landgerichtssitzes errichtete
Kammer auch ein Amtsrichter zum Vorsitzenden ernannt werde 3).
Auch über die Ernennung der Handelsrichter hat das Gesetz
keine andere Bestimmung, als daß dieselbe auf gutachtlichen Vor-
schlag des zur Vertretung des Handelsstandes berufenen Organes
für die Dauer von drei Jahren erfolgt 4); weder die Zahl, noch
die Reihenfolge der Dienstleistung, noch die Stellvertretung ist vom
Reiche geregelt. Den Einzelstaaten ist demnach eine fast unbeschränkte
Autonomie hinsichtlich der Einrichtung der Kammern für Handels-
sachen gewährt.

e) Endlich gehören auch die Schwurgerichte nach dem
System der Gerichtsbehörden zu den Landgerichten; ihre organi-
sche Verbindung mit den letzteren ist aber freilich eine sehr lose.
Sie unterscheiden sich von den bisher erörterten Spruchgerichten
schon dadurch, daß sie nicht ständig existiren, sondern nur perio-

1) Gerichtsverf.Ges. §. 100.
2) Gerichtsverf.Ges. §. 67.
3) Gerichtsverf.Ges. §. 110.
4) ebendas. §. 112.

§. 101. Die Gerichte.
waltung berufen; aber nur auf die Dauer des Geſchäftsjahres.
Dagegen finden hinſichtlich der Mitglieder des Landgerichts, welche
der auswärtigen Strafkammer zugewieſen werden ſollen, die Vor-
ſchriften des Gerichtsverfaſſungsgeſetzes Anwendung; ſie werden
alſo durch das „Präſidium“ des Landgerichts bezeichnet.

d) Eine andere anomale Bildung bei den Landgerichten ſind
die Kammern für Handelsſachen. Dieſelben können bei
den Landgerichten errichtet werden, ſoweit die Landesjuſtizverwal-
tung ein Bedürfniß als vorhanden annimmt; ihre Zuſtändigkeit
kann für den ganzen Bezirk des Landgerichts oder für örtlich ab-
gegrenzte Theile deſſelben normirt werden; ſie können am Sitz
des Landgerichts oder an andern Orten des Landgerichtsbezirks
ihren Sitz erhalten 1). Ihnen gehört nur ein berufsmäßiger
Richter an, der zugleich den Vorſitz führt. Ueber die Art und
Weiſe, wie derſelbe beſtellt wird, hat das Reichsgeſetz Nichts be-
ſtimmt; es hat nur die negative Beſtimmung getroffen, daß die
für die Bildung der Civilkammern und die Beſtellung ihrer Vor-
ſitzenden in den §§. 61—66 gegebenen Vorſchriften auf die Kam-
mern für Handelsſachen keine Anwendung finden 2) und es hat zu-
gelaſſen, daß für eine außerhalb des Landgerichtsſitzes errichtete
Kammer auch ein Amtsrichter zum Vorſitzenden ernannt werde 3).
Auch über die Ernennung der Handelsrichter hat das Geſetz
keine andere Beſtimmung, als daß dieſelbe auf gutachtlichen Vor-
ſchlag des zur Vertretung des Handelsſtandes berufenen Organes
für die Dauer von drei Jahren erfolgt 4); weder die Zahl, noch
die Reihenfolge der Dienſtleiſtung, noch die Stellvertretung iſt vom
Reiche geregelt. Den Einzelſtaaten iſt demnach eine faſt unbeſchränkte
Autonomie hinſichtlich der Einrichtung der Kammern für Handels-
ſachen gewährt.

e) Endlich gehören auch die Schwurgerichte nach dem
Syſtem der Gerichtsbehörden zu den Landgerichten; ihre organi-
ſche Verbindung mit den letzteren iſt aber freilich eine ſehr loſe.
Sie unterſcheiden ſich von den bisher erörterten Spruchgerichten
ſchon dadurch, daß ſie nicht ſtändig exiſtiren, ſondern nur perio-

1) Gerichtsverf.Geſ. §. 100.
2) Gerichtsverf.Geſ. §. 67.
3) Gerichtsverf.Geſ. §. 110.
4) ebendaſ. §. 112.
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[91/0101] §. 101. Die Gerichte. waltung berufen; aber nur auf die Dauer des Geſchäftsjahres. Dagegen finden hinſichtlich der Mitglieder des Landgerichts, welche der auswärtigen Strafkammer zugewieſen werden ſollen, die Vor- ſchriften des Gerichtsverfaſſungsgeſetzes Anwendung; ſie werden alſo durch das „Präſidium“ des Landgerichts bezeichnet. d) Eine andere anomale Bildung bei den Landgerichten ſind die Kammern für Handelsſachen. Dieſelben können bei den Landgerichten errichtet werden, ſoweit die Landesjuſtizverwal- tung ein Bedürfniß als vorhanden annimmt; ihre Zuſtändigkeit kann für den ganzen Bezirk des Landgerichts oder für örtlich ab- gegrenzte Theile deſſelben normirt werden; ſie können am Sitz des Landgerichts oder an andern Orten des Landgerichtsbezirks ihren Sitz erhalten 1). Ihnen gehört nur ein berufsmäßiger Richter an, der zugleich den Vorſitz führt. Ueber die Art und Weiſe, wie derſelbe beſtellt wird, hat das Reichsgeſetz Nichts be- ſtimmt; es hat nur die negative Beſtimmung getroffen, daß die für die Bildung der Civilkammern und die Beſtellung ihrer Vor- ſitzenden in den §§. 61—66 gegebenen Vorſchriften auf die Kam- mern für Handelsſachen keine Anwendung finden 2) und es hat zu- gelaſſen, daß für eine außerhalb des Landgerichtsſitzes errichtete Kammer auch ein Amtsrichter zum Vorſitzenden ernannt werde 3). Auch über die Ernennung der Handelsrichter hat das Geſetz keine andere Beſtimmung, als daß dieſelbe auf gutachtlichen Vor- ſchlag des zur Vertretung des Handelsſtandes berufenen Organes für die Dauer von drei Jahren erfolgt 4); weder die Zahl, noch die Reihenfolge der Dienſtleiſtung, noch die Stellvertretung iſt vom Reiche geregelt. Den Einzelſtaaten iſt demnach eine faſt unbeſchränkte Autonomie hinſichtlich der Einrichtung der Kammern für Handels- ſachen gewährt. e) Endlich gehören auch die Schwurgerichte nach dem Syſtem der Gerichtsbehörden zu den Landgerichten; ihre organi- ſche Verbindung mit den letzteren iſt aber freilich eine ſehr loſe. Sie unterſcheiden ſich von den bisher erörterten Spruchgerichten ſchon dadurch, daß ſie nicht ſtändig exiſtiren, ſondern nur perio- 1) Gerichtsverf.Geſ. §. 100. 2) Gerichtsverf.Geſ. §. 67. 3) Gerichtsverf.Geſ. §. 110. 4) ebendaſ. §. 112.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/101>, abgerufen am 23.11.2024.