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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 103. Die Rechtsanwaltschaft.
des Landes zu fixiren oder den Antrag auf Zulassung wegen man-
gelnden Bedürfnisses zurückzuweisen 1). Demgemäß kann ein Rechts-
anwalt auch nach freiem Belieben das Gericht, bei dem er zuge-
lassen ist, mit einem andern Gericht desselben Staates vertauschen
und dort die Zulassung begehren, welche ihm nur versagt werden
kann, wenn gegen ihn eine Klage im ehrengerichtlichen Verfahren
erhoben ist oder gegen ihn innerhalb der letzten zwei Jahre im
ehrengerichtlichen Verfahren auf Verweis oder auf Geldstrafe von
mehr als 150 Mark erkannt worden ist 2). Unter diesen Be-
schränkungen ist daher die Freizügigkeit der Rechtsanwälte
anerkannt.

Die Zulassung bei dem Reichsgericht erfolgt durch das
"Präsidium des Reichsgerichts" 3), welches nach freiem Ermessen
entscheidet 4). Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei dem Reichs-
gericht ist mit der Zulassung bei einem andern Gericht unver-
einbar 5).

5. Nach der ersten Zulassung wird der Rechtsanwalt in öffent-
licher Sitzung des Gerichts auf die gewissenhafte Erfüllung seiner
Pflichten vereidigt 6). Bei jedem Gericht ist eine Liste der bei
demselben zugelassenen und vereidigten Rechtsanwälte zu führen;
erst mit der Eintragung beginnt die Befugniß zur Aus-
übung der Rechtsanwaltschaft 7). Stirbt der Rechtsanwalt oder
giebt er die Zulassung auf oder wird dieselbe zurückgenommen
(siehe unten) oder verliert er durch Urtheil die Fähigkeit zur Aus-
übung der Rechtsanwaltschaft, so ist die Eintragung in der Liste
zu löschen 8). Eintragungen und Löschungen sind von dem Gericht
durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen.


1) R.A.O. §. 13.
2) R.A.O. §. 15.
3) Siehe oben S. 95.
4) R.A.O. §. 99. Nur kann es Niemanden zulassen, dem die Befähigung
zum Richteramt mangelt oder ein gesetzlicher Ausschließungsgrund (§. 5) ent-
gegensteht.
5) R.A.O. §. 100 Abs. 1.
6) R.A.O. §. 17.
7) R.A.O. §. 20.
8) R.A.O. §. 24.

§. 103. Die Rechtsanwaltſchaft.
des Landes zu fixiren oder den Antrag auf Zulaſſung wegen man-
gelnden Bedürfniſſes zurückzuweiſen 1). Demgemäß kann ein Rechts-
anwalt auch nach freiem Belieben das Gericht, bei dem er zuge-
laſſen iſt, mit einem andern Gericht deſſelben Staates vertauſchen
und dort die Zulaſſung begehren, welche ihm nur verſagt werden
kann, wenn gegen ihn eine Klage im ehrengerichtlichen Verfahren
erhoben iſt oder gegen ihn innerhalb der letzten zwei Jahre im
ehrengerichtlichen Verfahren auf Verweis oder auf Geldſtrafe von
mehr als 150 Mark erkannt worden iſt 2). Unter dieſen Be-
ſchränkungen iſt daher die Freizügigkeit der Rechtsanwälte
anerkannt.

Die Zulaſſung bei dem Reichsgericht erfolgt durch das
„Präſidium des Reichsgerichts“ 3), welches nach freiem Ermeſſen
entſcheidet 4). Die Zulaſſung zur Rechtsanwaltſchaft bei dem Reichs-
gericht iſt mit der Zulaſſung bei einem andern Gericht unver-
einbar 5).

5. Nach der erſten Zulaſſung wird der Rechtsanwalt in öffent-
licher Sitzung des Gerichts auf die gewiſſenhafte Erfüllung ſeiner
Pflichten vereidigt 6). Bei jedem Gericht iſt eine Liſte der bei
demſelben zugelaſſenen und vereidigten Rechtsanwälte zu führen;
erſt mit der Eintragung beginnt die Befugniß zur Aus-
übung der Rechtsanwaltſchaft 7). Stirbt der Rechtsanwalt oder
giebt er die Zulaſſung auf oder wird dieſelbe zurückgenommen
(ſiehe unten) oder verliert er durch Urtheil die Fähigkeit zur Aus-
übung der Rechtsanwaltſchaft, ſo iſt die Eintragung in der Liſte
zu löſchen 8). Eintragungen und Löſchungen ſind von dem Gericht
durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen.


1) R.A.O. §. 13.
2) R.A.O. §. 15.
3) Siehe oben S. 95.
4) R.A.O. §. 99. Nur kann es Niemanden zulaſſen, dem die Befähigung
zum Richteramt mangelt oder ein geſetzlicher Ausſchließungsgrund (§. 5) ent-
gegenſteht.
5) R.A.O. §. 100 Abſ. 1.
6) R.A.O. §. 17.
7) R.A.O. §. 20.
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[117/0127] §. 103. Die Rechtsanwaltſchaft. des Landes zu fixiren oder den Antrag auf Zulaſſung wegen man- gelnden Bedürfniſſes zurückzuweiſen 1). Demgemäß kann ein Rechts- anwalt auch nach freiem Belieben das Gericht, bei dem er zuge- laſſen iſt, mit einem andern Gericht deſſelben Staates vertauſchen und dort die Zulaſſung begehren, welche ihm nur verſagt werden kann, wenn gegen ihn eine Klage im ehrengerichtlichen Verfahren erhoben iſt oder gegen ihn innerhalb der letzten zwei Jahre im ehrengerichtlichen Verfahren auf Verweis oder auf Geldſtrafe von mehr als 150 Mark erkannt worden iſt 2). Unter dieſen Be- ſchränkungen iſt daher die Freizügigkeit der Rechtsanwälte anerkannt. Die Zulaſſung bei dem Reichsgericht erfolgt durch das „Präſidium des Reichsgerichts“ 3), welches nach freiem Ermeſſen entſcheidet 4). Die Zulaſſung zur Rechtsanwaltſchaft bei dem Reichs- gericht iſt mit der Zulaſſung bei einem andern Gericht unver- einbar 5). 5. Nach der erſten Zulaſſung wird der Rechtsanwalt in öffent- licher Sitzung des Gerichts auf die gewiſſenhafte Erfüllung ſeiner Pflichten vereidigt 6). Bei jedem Gericht iſt eine Liſte der bei demſelben zugelaſſenen und vereidigten Rechtsanwälte zu führen; erſt mit der Eintragung beginnt die Befugniß zur Aus- übung der Rechtsanwaltſchaft 7). Stirbt der Rechtsanwalt oder giebt er die Zulaſſung auf oder wird dieſelbe zurückgenommen (ſiehe unten) oder verliert er durch Urtheil die Fähigkeit zur Aus- übung der Rechtsanwaltſchaft, ſo iſt die Eintragung in der Liſte zu löſchen 8). Eintragungen und Löſchungen ſind von dem Gericht durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen. 1) R.A.O. §. 13. 2) R.A.O. §. 15. 3) Siehe oben S. 95. 4) R.A.O. §. 99. Nur kann es Niemanden zulaſſen, dem die Befähigung zum Richteramt mangelt oder ein geſetzlicher Ausſchließungsgrund (§. 5) ent- gegenſteht. 5) R.A.O. §. 100 Abſ. 1. 6) R.A.O. §. 17. 7) R.A.O. §. 20. 8) R.A.O. §. 24.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/127>, abgerufen am 23.11.2024.