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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 104. Der Gerichtsdienst.
nicht berufen werden sollen 1). Von dieser Ermächtigung haben
die meisten Staaten Gebrauch gemacht 2).

Die rechtliche Bedeutung dieses Verbotes ist dieselbe wie sie
unter b) dargethan worden ist.

d) In Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse sind befugt,
die Berufung zum Amte eines Schöffen oder Geschworenen ab-
zulehnen
: Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versamm-
lung; Aerzte; Apotheker, welche keine Gehülfen haben; Personen,
welche das 65te Lebensjahr vollendet haben; Personen, welche
glaubhaft machen, daß sie den mit der Ausübung des Amts ver-
bundenen Aufwand zu tragen nicht vermögen; sowie Personen,
welche im letzten Geschäftsjahre die Verpflichtung eines Geschwo-
renen oder an wenigstens 5 Sitzungstagen die Verpflichtung eines
Schöffen erfüllt haben 3). Die Einzelstaaten sind nicht befugt, an-
deren als den hier aufgeführten Klassen von Personen die gleiche
Berechtigung einzuräumen 4).

Hinsichtlich dieser Personen besteht weder ein prozeßrechtliches
Verbot ihrer Mitwirkung an der Urtheilsfindung, noch ein ver-
waltungsrechtliches Verbot ihrer Einberufung; sie genießen eine
Befreiung von der Gerichtspflicht, die lediglich auf einer
Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse beruht, deren Gel-
tendmachung daher auch von ihrem Belieben abhängt.


1) Gerichtsverf.Ges. § 34 Abs. 2.
2) Vgl. von den Ausführungsgesetzen zum Gerichtsverf.Gesetz Preußen
§. 33. Bayern §. 23. 34. Sachsen §. 24. Württemberg Art. 19.
Baden §. 4. Hessen Art. 15. Mecklenburg-Schwerin (und
Strelitz)
§. 7. 27. Großh. Sachsen §. 16. 24. Oldenburg Art. 1.
(Fürstenth. Lübeck Art. 13. Fürstenth. Birkenfeld Art. 16.) Sachsen-Mei-
ningen
§. 18. 27. Sachsen-Altenburg §. 20. 32. Coburg-
Gotha
§. 17. 25. Anhalt §. 21. 32. Sondershausen §. 18.
27. Rudolstadt §. 15. 23. Waldeck Art. 4. Reuß ä. L. §. 16. 24
Reuß j. L. §. 16. 24. Bremen §. 74. 81. -- Ueber die Bedenken, zu wel-
chen einige dieser Ausführungsgesetze, namentlich das Hessische, hinsichtlich
ihres Verhältnisses zu §. 34 des Gerichtsverfassungs-Gesetzes Anlaß geben,
vgl. Seuffert S. 44 ff., woselbst eine übersichtliche Darstellung der Ent-
stehungsgeschichte des §. 34 sich findet.
3) Gerichtsverf.Ges. §. 35. 85 Abs. 2.
4) Daher können sie z. B. auch den Häuptern und Angehörigen der ehe-
mals reichsständischen oder reichsritterschaftl. Familien Befreiung von der Pflicht
zum Schöffen- oder Geschworenendienst nicht gewähren.
9*

§. 104. Der Gerichtsdienſt.
nicht berufen werden ſollen 1). Von dieſer Ermächtigung haben
die meiſten Staaten Gebrauch gemacht 2).

Die rechtliche Bedeutung dieſes Verbotes iſt dieſelbe wie ſie
unter b) dargethan worden iſt.

d) In Berückſichtigung perſönlicher Verhältniſſe ſind befugt,
die Berufung zum Amte eines Schöffen oder Geſchworenen ab-
zulehnen
: Mitglieder einer deutſchen geſetzgebenden Verſamm-
lung; Aerzte; Apotheker, welche keine Gehülfen haben; Perſonen,
welche das 65te Lebensjahr vollendet haben; Perſonen, welche
glaubhaft machen, daß ſie den mit der Ausübung des Amts ver-
bundenen Aufwand zu tragen nicht vermögen; ſowie Perſonen,
welche im letzten Geſchäftsjahre die Verpflichtung eines Geſchwo-
renen oder an wenigſtens 5 Sitzungstagen die Verpflichtung eines
Schöffen erfüllt haben 3). Die Einzelſtaaten ſind nicht befugt, an-
deren als den hier aufgeführten Klaſſen von Perſonen die gleiche
Berechtigung einzuräumen 4).

Hinſichtlich dieſer Perſonen beſteht weder ein prozeßrechtliches
Verbot ihrer Mitwirkung an der Urtheilsfindung, noch ein ver-
waltungsrechtliches Verbot ihrer Einberufung; ſie genießen eine
Befreiung von der Gerichtspflicht, die lediglich auf einer
Berückſichtigung ihrer perſönlichen Verhältniſſe beruht, deren Gel-
tendmachung daher auch von ihrem Belieben abhängt.


1) Gerichtsverf.Geſ. § 34 Abſ. 2.
2) Vgl. von den Ausführungsgeſetzen zum Gerichtsverf.Geſetz Preußen
§. 33. Bayern §. 23. 34. Sachſen §. 24. Württemberg Art. 19.
Baden §. 4. Heſſen Art. 15. Mecklenburg-Schwerin (und
Strelitz)
§. 7. 27. Großh. Sachſen §. 16. 24. Oldenburg Art. 1.
(Fürſtenth. Lübeck Art. 13. Fürſtenth. Birkenfeld Art. 16.) Sachſen-Mei-
ningen
§. 18. 27. Sachſen-Altenburg §. 20. 32. Coburg-
Gotha
§. 17. 25. Anhalt §. 21. 32. Sondershauſen §. 18.
27. Rudolſtadt §. 15. 23. Waldeck Art. 4. Reuß ä. L. §. 16. 24
Reuß j. L. §. 16. 24. Bremen §. 74. 81. — Ueber die Bedenken, zu wel-
chen einige dieſer Ausführungsgeſetze, namentlich das Heſſiſche, hinſichtlich
ihres Verhältniſſes zu §. 34 des Gerichtsverfaſſungs-Geſetzes Anlaß geben,
vgl. Seuffert S. 44 ff., woſelbſt eine überſichtliche Darſtellung der Ent-
ſtehungsgeſchichte des §. 34 ſich findet.
3) Gerichtsverf.Geſ. §. 35. 85 Abſ. 2.
4) Daher können ſie z. B. auch den Häuptern und Angehörigen der ehe-
mals reichsſtändiſchen oder reichsritterſchaftl. Familien Befreiung von der Pflicht
zum Schöffen- oder Geſchworenendienſt nicht gewähren.
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[131/0141] §. 104. Der Gerichtsdienſt. nicht berufen werden ſollen 1). Von dieſer Ermächtigung haben die meiſten Staaten Gebrauch gemacht 2). Die rechtliche Bedeutung dieſes Verbotes iſt dieſelbe wie ſie unter b) dargethan worden iſt. d) In Berückſichtigung perſönlicher Verhältniſſe ſind befugt, die Berufung zum Amte eines Schöffen oder Geſchworenen ab- zulehnen: Mitglieder einer deutſchen geſetzgebenden Verſamm- lung; Aerzte; Apotheker, welche keine Gehülfen haben; Perſonen, welche das 65te Lebensjahr vollendet haben; Perſonen, welche glaubhaft machen, daß ſie den mit der Ausübung des Amts ver- bundenen Aufwand zu tragen nicht vermögen; ſowie Perſonen, welche im letzten Geſchäftsjahre die Verpflichtung eines Geſchwo- renen oder an wenigſtens 5 Sitzungstagen die Verpflichtung eines Schöffen erfüllt haben 3). Die Einzelſtaaten ſind nicht befugt, an- deren als den hier aufgeführten Klaſſen von Perſonen die gleiche Berechtigung einzuräumen 4). Hinſichtlich dieſer Perſonen beſteht weder ein prozeßrechtliches Verbot ihrer Mitwirkung an der Urtheilsfindung, noch ein ver- waltungsrechtliches Verbot ihrer Einberufung; ſie genießen eine Befreiung von der Gerichtspflicht, die lediglich auf einer Berückſichtigung ihrer perſönlichen Verhältniſſe beruht, deren Gel- tendmachung daher auch von ihrem Belieben abhängt. 1) Gerichtsverf.Geſ. § 34 Abſ. 2. 2) Vgl. von den Ausführungsgeſetzen zum Gerichtsverf.Geſetz Preußen §. 33. Bayern §. 23. 34. Sachſen §. 24. Württemberg Art. 19. Baden §. 4. Heſſen Art. 15. Mecklenburg-Schwerin (und Strelitz) §. 7. 27. Großh. Sachſen §. 16. 24. Oldenburg Art. 1. (Fürſtenth. Lübeck Art. 13. Fürſtenth. Birkenfeld Art. 16.) Sachſen-Mei- ningen §. 18. 27. Sachſen-Altenburg §. 20. 32. Coburg- Gotha §. 17. 25. Anhalt §. 21. 32. Sondershauſen §. 18. 27. Rudolſtadt §. 15. 23. Waldeck Art. 4. Reuß ä. L. §. 16. 24 Reuß j. L. §. 16. 24. Bremen §. 74. 81. — Ueber die Bedenken, zu wel- chen einige dieſer Ausführungsgeſetze, namentlich das Heſſiſche, hinſichtlich ihres Verhältniſſes zu §. 34 des Gerichtsverfaſſungs-Geſetzes Anlaß geben, vgl. Seuffert S. 44 ff., woſelbſt eine überſichtliche Darſtellung der Ent- ſtehungsgeſchichte des §. 34 ſich findet. 3) Gerichtsverf.Geſ. §. 35. 85 Abſ. 2. 4) Daher können ſie z. B. auch den Häuptern und Angehörigen der ehe- mals reichsſtändiſchen oder reichsritterſchaftl. Familien Befreiung von der Pflicht zum Schöffen- oder Geſchworenendienſt nicht gewähren. 9*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/141>, abgerufen am 27.11.2024.