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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchssteuern.
Zwecke haben sie das Recht, nach Belieben Einsicht in alle Acten,
Bücher, Rechnungen und Register sowohl der Directivbehörde,
welcher sie zugewiesen sind, als aller zum Bezirk derselben ge-
hörenden Zoll- und Steuererhebungs-Behörden zu nehmen. Sie
haben ferner das Recht, allen Sitzungen der Directivbehörde bei-
zuwohnen, und alle Verfügungen und Anweisungen, welche die
Directivbehörde oder deren Vorstand in Beziehung auf die Ver-
waltung der gemeinschaftlichen Abgaben an die ihr untergeord-
neten Behörden ergehen läßt, müssen vor der Ausfertigung dem
Reichsbevollmächtigten, sofern er am Orte anwesend ist, zur Ein-
sicht im Concepte vorgelegt und dürfen nicht eher ausgefertigt
werden, als nachdem er sein Visa beigesetzt hat. Sie sind ferner
befugt, den Grenz- und Revisionsdienst auf der Zolllinie, sowie
das Verfahren bei der Zoll- und Steuer-Erhebung in dem ihnen
überwiesenen Gebiete zu visitiren. Endlich haben sie die Rech-
nungen über die gemeinschaftlichen Abgaben zu prüfen 1).

Durch diese Anordnungen ist die vollständige Kenntnißnahme
der Bevollmächtigten von dem gesammten Geschäftsgange der Zoll-
und Steuerbehörden in dem ihnen überwiesenen Bezirke gesichert
und die Einzelstaaten führen die ihnen überlassene selbstständige
Zoll- und Steuerverwaltung gewissermaßen vor den Augen des
Reiches. Dagegen ist der Bevollmächtigte des Reiches nicht befugt,
in die Verwaltung selbst einzugreifen und bemerkten Mißständen
und Mängeln selbst abzuhelfen. Er darf sein Visa nicht verweigern
oder verzögern, selbst wenn ihm die vorgelegte Verfügung den
bestehenden Gesetzen nicht entsprechend zu sein scheint, sondern er
darf nur seine abweichende Ansicht motivirt auf dem Concepte
vermerken und verlangen, daß die Directivbehörde wenigstens
gleichzeitig mit dem Erlasse der fraglichen Verfügung an das ihr
vorgesetzte Ministerium Bericht erstatte. Ebensowenig darf er
bei seinen Revisionen der Grenzzoll- und Steuerämter Befehle an
die Zoll- oder Steuerbeamten ertheilen oder Administrativ-Anord-
nungen erlassen; er ist vielmehr darauf beschränkt, bei der be-
treffenden Directivbehörde die schleunige Abstellung der von ihm
etwa entdeckten Mängel in Antrag zu bringen. Findet der Be-

1) Schlußprotok. v. 8. Juli 1867 Nr. 15 Z. 2 (B.G.Bl. S. 110). Vgl.
v. Aufseß S. 803 ff.
Laband, Reichsstaatsrecht. III. 2. 19

§. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsſteuern.
Zwecke haben ſie das Recht, nach Belieben Einſicht in alle Acten,
Bücher, Rechnungen und Regiſter ſowohl der Directivbehörde,
welcher ſie zugewieſen ſind, als aller zum Bezirk derſelben ge-
hörenden Zoll- und Steuererhebungs-Behörden zu nehmen. Sie
haben ferner das Recht, allen Sitzungen der Directivbehörde bei-
zuwohnen, und alle Verfügungen und Anweiſungen, welche die
Directivbehörde oder deren Vorſtand in Beziehung auf die Ver-
waltung der gemeinſchaftlichen Abgaben an die ihr untergeord-
neten Behörden ergehen läßt, müſſen vor der Ausfertigung dem
Reichsbevollmächtigten, ſofern er am Orte anweſend iſt, zur Ein-
ſicht im Concepte vorgelegt und dürfen nicht eher ausgefertigt
werden, als nachdem er ſein Visa beigeſetzt hat. Sie ſind ferner
befugt, den Grenz- und Reviſionsdienſt auf der Zolllinie, ſowie
das Verfahren bei der Zoll- und Steuer-Erhebung in dem ihnen
überwieſenen Gebiete zu viſitiren. Endlich haben ſie die Rech-
nungen über die gemeinſchaftlichen Abgaben zu prüfen 1).

Durch dieſe Anordnungen iſt die vollſtändige Kenntnißnahme
der Bevollmächtigten von dem geſammten Geſchäftsgange der Zoll-
und Steuerbehörden in dem ihnen überwieſenen Bezirke geſichert
und die Einzelſtaaten führen die ihnen überlaſſene ſelbſtſtändige
Zoll- und Steuerverwaltung gewiſſermaßen vor den Augen des
Reiches. Dagegen iſt der Bevollmächtigte des Reiches nicht befugt,
in die Verwaltung ſelbſt einzugreifen und bemerkten Mißſtänden
und Mängeln ſelbſt abzuhelfen. Er darf ſein Visa nicht verweigern
oder verzögern, ſelbſt wenn ihm die vorgelegte Verfügung den
beſtehenden Geſetzen nicht entſprechend zu ſein ſcheint, ſondern er
darf nur ſeine abweichende Anſicht motivirt auf dem Concepte
vermerken und verlangen, daß die Directivbehörde wenigſtens
gleichzeitig mit dem Erlaſſe der fraglichen Verfügung an das ihr
vorgeſetzte Miniſterium Bericht erſtatte. Ebenſowenig darf er
bei ſeinen Reviſionen der Grenzzoll- und Steuerämter Befehle an
die Zoll- oder Steuerbeamten ertheilen oder Adminiſtrativ-Anord-
nungen erlaſſen; er iſt vielmehr darauf beſchränkt, bei der be-
treffenden Directivbehörde die ſchleunige Abſtellung der von ihm
etwa entdeckten Mängel in Antrag zu bringen. Findet der Be-

1) Schlußprotok. v. 8. Juli 1867 Nr. 15 Z. 2 (B.G.Bl. S. 110). Vgl.
v. Aufſeß S. 803 ff.
Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 2. 19
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[289/0299] §. 114. Die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsſteuern. Zwecke haben ſie das Recht, nach Belieben Einſicht in alle Acten, Bücher, Rechnungen und Regiſter ſowohl der Directivbehörde, welcher ſie zugewieſen ſind, als aller zum Bezirk derſelben ge- hörenden Zoll- und Steuererhebungs-Behörden zu nehmen. Sie haben ferner das Recht, allen Sitzungen der Directivbehörde bei- zuwohnen, und alle Verfügungen und Anweiſungen, welche die Directivbehörde oder deren Vorſtand in Beziehung auf die Ver- waltung der gemeinſchaftlichen Abgaben an die ihr untergeord- neten Behörden ergehen läßt, müſſen vor der Ausfertigung dem Reichsbevollmächtigten, ſofern er am Orte anweſend iſt, zur Ein- ſicht im Concepte vorgelegt und dürfen nicht eher ausgefertigt werden, als nachdem er ſein Visa beigeſetzt hat. Sie ſind ferner befugt, den Grenz- und Reviſionsdienſt auf der Zolllinie, ſowie das Verfahren bei der Zoll- und Steuer-Erhebung in dem ihnen überwieſenen Gebiete zu viſitiren. Endlich haben ſie die Rech- nungen über die gemeinſchaftlichen Abgaben zu prüfen 1). Durch dieſe Anordnungen iſt die vollſtändige Kenntnißnahme der Bevollmächtigten von dem geſammten Geſchäftsgange der Zoll- und Steuerbehörden in dem ihnen überwieſenen Bezirke geſichert und die Einzelſtaaten führen die ihnen überlaſſene ſelbſtſtändige Zoll- und Steuerverwaltung gewiſſermaßen vor den Augen des Reiches. Dagegen iſt der Bevollmächtigte des Reiches nicht befugt, in die Verwaltung ſelbſt einzugreifen und bemerkten Mißſtänden und Mängeln ſelbſt abzuhelfen. Er darf ſein Visa nicht verweigern oder verzögern, ſelbſt wenn ihm die vorgelegte Verfügung den beſtehenden Geſetzen nicht entſprechend zu ſein ſcheint, ſondern er darf nur ſeine abweichende Anſicht motivirt auf dem Concepte vermerken und verlangen, daß die Directivbehörde wenigſtens gleichzeitig mit dem Erlaſſe der fraglichen Verfügung an das ihr vorgeſetzte Miniſterium Bericht erſtatte. Ebenſowenig darf er bei ſeinen Reviſionen der Grenzzoll- und Steuerämter Befehle an die Zoll- oder Steuerbeamten ertheilen oder Adminiſtrativ-Anord- nungen erlaſſen; er iſt vielmehr darauf beſchränkt, bei der be- treffenden Directivbehörde die ſchleunige Abſtellung der von ihm etwa entdeckten Mängel in Antrag zu bringen. Findet der Be- 1) Schlußprotok. v. 8. Juli 1867 Nr. 15 Z. 2 (B.G.Bl. S. 110). Vgl. v. Aufſeß S. 803 ff. Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 2. 19

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/299>, abgerufen am 21.11.2024.