Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 97. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit. sachen 1); was nicht unter diese beiden Kategorien fällt, ist vonihr ausgeschlossen. a) In der Reichsgesetzgebung wird der Begriff der bürger- Den Gegensatz zur bürgerlichen Rechtsstreitigkeit bildet in der 1) Gerichtsverf.Ges. §. 13. 2) Hahn Materialien S. 47. 3) Auch die Kommission des Reichstages lehnte es ab, in das Gerichtsverf. Ges. eine Bestimmung aufzunehmen, durch welche der Begriff der bürgerlichen Rechtsstreitigkeit definirt würde. Vgl. Protok. I. Les. S. 469 ff. (Hahn S. 672 ff.) 4) Vgl. das Urth. des Reichsgerichts v. 15. Febr. 1881. Entscheidungen
in Civilsachen Bd. 3 S. 410 ff. Eine eingehende und beachtenswerthe Unter- suchung über den Begriff der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten giebt Hauser Gerichtsverfassung S. 51 ff. §. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit. ſachen 1); was nicht unter dieſe beiden Kategorien fällt, iſt vonihr ausgeſchloſſen. a) In der Reichsgeſetzgebung wird der Begriff der bürger- Den Gegenſatz zur bürgerlichen Rechtsſtreitigkeit bildet in der 1) Gerichtsverf.Geſ. §. 13. 2) Hahn Materialien S. 47. 3) Auch die Kommiſſion des Reichstages lehnte es ab, in das Gerichtsverf. Geſ. eine Beſtimmung aufzunehmen, durch welche der Begriff der bürgerlichen Rechtsſtreitigkeit definirt würde. Vgl. Protok. I. Leſ. S. 469 ff. (Hahn S. 672 ff.) 4) Vgl. das Urth. des Reichsgerichts v. 15. Febr. 1881. Entſcheidungen
in Civilſachen Bd. 3 S. 410 ff. Eine eingehende und beachtenswerthe Unter- ſuchung über den Begriff der bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten giebt Hauſer Gerichtsverfaſſung S. 51 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0039" n="29"/><fw place="top" type="header">§. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit.</fw><lb/><hi rendition="#g">ſachen</hi><note place="foot" n="1)">Gerichtsverf.Geſ. §. 13.</note>; was nicht unter dieſe beiden Kategorien fällt, iſt von<lb/> ihr ausgeſchloſſen.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a</hi>) In der Reichsgeſetzgebung wird der Begriff der <hi rendition="#g">bürger-<lb/> lichen Rechtsſtreitigkeit</hi> nirgends definirt; vielmehr wird<lb/> in den Motiven zum Gerichtsverf.-Geſ. S. 32 <note place="foot" n="2)">Hahn Materialien S. 47.</note> ausdrücklich be-<lb/> merkt, „daß dieſer Begriff keine oder doch nur eine durchaus un-<lb/> genügende Definition leide und daß es unausführbar ſei, ihn ge-<lb/> meinſam für alle deutſchen Staaten zu präziſiren, daß dieſer Be-<lb/> griff aber ungeachtet ſeiner Verſchiedenheit in den verſchiedenen<lb/> Gebieten des deutſchen Reichs überall geſetzlich — ſei es im ge-<lb/> ſchriebenen oder ungeſchriebenen Rechte — fixirt ſei und daß dem-<lb/> nach für die Beſtimmung einer Sache als bürgerliche Rechtsſtrei-<lb/> tigkeit in erſter Linie die Reichsgeſetze, in weiterer Linie aber das<lb/> Landesrecht des einzelnen Staates maßgebend ſei <note place="foot" n="3)">Auch die Kommiſſion des Reichstages lehnte es ab, in das Gerichtsverf.<lb/> Geſ. eine Beſtimmung aufzunehmen, durch welche der Begriff der bürgerlichen<lb/> Rechtsſtreitigkeit definirt würde. Vgl. Protok. <hi rendition="#aq">I.</hi> Leſ. S. 469 ff. (Hahn S. 672 ff.)</note>.“</p><lb/> <p>Den Gegenſatz zur bürgerlichen Rechtsſtreitigkeit bildet in der<lb/> hier in Rede ſtehenden Beziehung die Streitigkeit des öffentlichen<lb/> Rechts, d. h. die Streitigkeit über ein Rechtsverhältniß, welches gar<lb/> nicht oder nicht ausſchließlich zur Rechtsſphäre der Individuen ge-<lb/> hört, ſondern als ein Theil der öffentlichen Rechtsordnung, als<lb/> Ausfluß der ſtaatlichen Hoheitsrechte oder der Regierungs- und<lb/> Verwaltungsthätigkeit anzuſehen und aus dieſem Grunde der<lb/> Privatdispoſition der berechtigten oder verpflichteten Individuen<lb/> ganz oder theilweiſe entrückt iſt <note place="foot" n="4)">Vgl. das Urth. des Reichsgerichts v. 15. Febr. 1881. Entſcheidungen<lb/> in Civilſachen Bd. 3 S. 410 ff. Eine eingehende und beachtenswerthe Unter-<lb/> ſuchung über den Begriff der bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten giebt <hi rendition="#g">Hauſer</hi><lb/> Gerichtsverfaſſung S. 51 ff.</note>. Die Abgränzung des Privat-<lb/> rechts von dem öffentlichen Rechte iſt die Grundlage für den Gegen-<lb/> ſatz der bürgerlichen und der nicht bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten.<lb/> Dieſe Abgränzung iſt nicht <hi rendition="#aq">a priori</hi> zu finden, ſondern ſie iſt be-<lb/> dingt von dem in dem poſitiven Recht feſtgeſtellten Umfange und<lb/> der Art der Geltendmachung der ſtaatlichen Hoheitsrechte auf den<lb/> verſchiedenen Zweigen der ſtaatlichen Thätigkeit. Für einen Theil<lb/> dieſer Thätigkeit hat das <hi rendition="#g">Reich</hi> durch ſeine Geſetze die Normen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0039]
§. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit.
ſachen 1); was nicht unter dieſe beiden Kategorien fällt, iſt von
ihr ausgeſchloſſen.
a) In der Reichsgeſetzgebung wird der Begriff der bürger-
lichen Rechtsſtreitigkeit nirgends definirt; vielmehr wird
in den Motiven zum Gerichtsverf.-Geſ. S. 32 2) ausdrücklich be-
merkt, „daß dieſer Begriff keine oder doch nur eine durchaus un-
genügende Definition leide und daß es unausführbar ſei, ihn ge-
meinſam für alle deutſchen Staaten zu präziſiren, daß dieſer Be-
griff aber ungeachtet ſeiner Verſchiedenheit in den verſchiedenen
Gebieten des deutſchen Reichs überall geſetzlich — ſei es im ge-
ſchriebenen oder ungeſchriebenen Rechte — fixirt ſei und daß dem-
nach für die Beſtimmung einer Sache als bürgerliche Rechtsſtrei-
tigkeit in erſter Linie die Reichsgeſetze, in weiterer Linie aber das
Landesrecht des einzelnen Staates maßgebend ſei 3).“
Den Gegenſatz zur bürgerlichen Rechtsſtreitigkeit bildet in der
hier in Rede ſtehenden Beziehung die Streitigkeit des öffentlichen
Rechts, d. h. die Streitigkeit über ein Rechtsverhältniß, welches gar
nicht oder nicht ausſchließlich zur Rechtsſphäre der Individuen ge-
hört, ſondern als ein Theil der öffentlichen Rechtsordnung, als
Ausfluß der ſtaatlichen Hoheitsrechte oder der Regierungs- und
Verwaltungsthätigkeit anzuſehen und aus dieſem Grunde der
Privatdispoſition der berechtigten oder verpflichteten Individuen
ganz oder theilweiſe entrückt iſt 4). Die Abgränzung des Privat-
rechts von dem öffentlichen Rechte iſt die Grundlage für den Gegen-
ſatz der bürgerlichen und der nicht bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten.
Dieſe Abgränzung iſt nicht a priori zu finden, ſondern ſie iſt be-
dingt von dem in dem poſitiven Recht feſtgeſtellten Umfange und
der Art der Geltendmachung der ſtaatlichen Hoheitsrechte auf den
verſchiedenen Zweigen der ſtaatlichen Thätigkeit. Für einen Theil
dieſer Thätigkeit hat das Reich durch ſeine Geſetze die Normen
1) Gerichtsverf.Geſ. §. 13.
2) Hahn Materialien S. 47.
3) Auch die Kommiſſion des Reichstages lehnte es ab, in das Gerichtsverf.
Geſ. eine Beſtimmung aufzunehmen, durch welche der Begriff der bürgerlichen
Rechtsſtreitigkeit definirt würde. Vgl. Protok. I. Leſ. S. 469 ff. (Hahn S. 672 ff.)
4) Vgl. das Urth. des Reichsgerichts v. 15. Febr. 1881. Entſcheidungen
in Civilſachen Bd. 3 S. 410 ff. Eine eingehende und beachtenswerthe Unter-
ſuchung über den Begriff der bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten giebt Hauſer
Gerichtsverfaſſung S. 51 ff.
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