Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 97. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit. zur Entscheidung dieser Streitigkeiten bestellt wird 1). Von dieserBefugniß hat bisher nur Bremen Gebrauch gemacht 2). Da das Reichsgericht in dem in Rede stehenden Falle an Stelle 2. Der Grundsatz, daß die Gerichte über die Zulässigkeit des 1) Einführungsges. z. Gerichtsverf.Ges. §. 17 Abs. 1. 2) Verordn. v. 26. Sept. 1879. R.G.Bl. S. 298. 3) Vgl. hierüber die Aeußerungen der Abgg. von Puttkamer u. Dr. Bähr in der Reichstagskommission. Protok. S. 487 ff. (Hahn S. 686.) 4) Es ist dies nicht zu verwechseln mit der Autorisation zur Prozeßführung,
welche untergeordnete Behörden oder die Verwaltungen von Gemeinden, Kor- porationen, Stiftungen u. s. w. einholen müssen. Dieses Erforderniß ist ledig- §. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit. zur Entſcheidung dieſer Streitigkeiten beſtellt wird 1). Von dieſerBefugniß hat bisher nur Bremen Gebrauch gemacht 2). Da das Reichsgericht in dem in Rede ſtehenden Falle an Stelle 2. Der Grundſatz, daß die Gerichte über die Zuläſſigkeit des 1) Einführungsgeſ. z. Gerichtsverf.Geſ. §. 17 Abſ. 1. 2) Verordn. v. 26. Sept. 1879. R.G.Bl. S. 298. 3) Vgl. hierüber die Aeußerungen der Abgg. von Puttkamer u. Dr. Bähr in der Reichstagskommiſſion. Protok. S. 487 ff. (Hahn S. 686.) 4) Es iſt dies nicht zu verwechſeln mit der Autoriſation zur Prozeßführung,
welche untergeordnete Behörden oder die Verwaltungen von Gemeinden, Kor- porationen, Stiftungen u. ſ. w. einholen müſſen. Dieſes Erforderniß iſt ledig- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0046" n="36"/><fw place="top" type="header">§. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit.</fw><lb/> zur Entſcheidung dieſer Streitigkeiten beſtellt wird <note place="foot" n="1)">Einführungsgeſ. z. Gerichtsverf.Geſ. §. 17 Abſ. 1.</note>. Von dieſer<lb/> Befugniß hat bisher nur <hi rendition="#g">Bremen</hi> Gebrauch gemacht <note place="foot" n="2)">Verordn. v. 26. Sept. 1879. R.G.Bl. S. 298.</note>.</p><lb/> <p>Da das Reichsgericht in dem in Rede ſtehenden Falle an Stelle<lb/> einer beſonderen <hi rendition="#g">Landesb</hi>ehörde entſcheidet, ſo iſt ſeine Kompetenz<lb/> auch an dieſelben Vorausſetzungen und Schranken gebunden. Die<lb/> Landesbehörde kann nun ſelbſtverſtändlich nur Kompetenzſtreitig-<lb/> keiten unter den Behörden des betreffenden Staates erledigen, über<lb/> die Hoheitsrechte anderer Bundesſtaaten und die Art ihrer Geltend-<lb/> machung ſteht ihr keine Entſcheidung zu. Mithin kann die Aus-<lb/> nahme von dem Grundprinzip, daß die Gerichte über die Zuläſſig-<lb/> keit des Rechtswegs entſcheiden, überhaupt nur Platz greifen, wenn<lb/> der Kompetenzconflict von der Behörde desjenigen Staates erhoben<lb/> wird, dem das mit der Sache befaßte Gericht angehört. Dagegen<lb/> iſt weder die Behörde eines andern Bundesſtaates noch irgend eine<lb/> Reichsbehörde <note place="foot" n="3)">Vgl. hierüber die Aeußerungen der Abgg. von <hi rendition="#g">Puttkamer</hi> u. <hi rendition="#aq">Dr.</hi><lb/><hi rendition="#g">Bähr</hi> in der Reichstagskommiſſion. Protok. S. 487 ff. (Hahn S. 686.)</note> befugt, den Kompetenzconflict zu erheben und<lb/> andererſeits erſtreckt ſich die Rechtskraft der Urtheile einer zur<lb/> Entſcheidung von Kompetenzconflicten eingeſetzten Behörde nur auf<lb/> das Kompetenzverhältniß der Behörden des betreffenden Staates<lb/> und iſt für die Gerichte und Verwaltungsbehörden eines anderen<lb/> Staates unmaßgeblich. Dies Alles gilt auch dann, wenn das<lb/> Reichsgericht zum Kompetenzconflicts-Gericht beſtellt iſt.</p><lb/> <p>2. Der Grundſatz, daß die Gerichte über die Zuläſſigkeit des<lb/> Rechtsweges entſcheiden, erſtreckt ſich nicht blos in materieller<lb/> Rückſicht auf die Frage, wie weit das Gebiet der ordentlichen<lb/> ſtreitigen Gerichtsbarkeit reicht, ſondern auch auf die formellen<lb/> Vorbedingungen, von denen das Beſchreiten des Rechtsweges ab-<lb/> hängig gemacht iſt. Soweit nicht in der Straf- und Civilprozeß-<lb/> Ordnung reichsgeſetzlich Ausnahmen anerkannt ſind, darf die Rechts-<lb/> verfolgung im Wege des Straf- und Civilprozeſſes nicht erſchwert<lb/> oder verſagt und namentlich nicht von der Vorprüfung einer Ver-<lb/> waltungsbehörde abhängig gemacht werden <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="4)">Es iſt dies nicht zu verwechſeln mit der Autoriſation zur Prozeßführung,<lb/> welche untergeordnete Behörden oder die Verwaltungen von Gemeinden, Kor-<lb/> porationen, Stiftungen u. ſ. w. einholen müſſen. Dieſes Erforderniß iſt ledig-</note>. Jede Anordnung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0046]
§. 97. Die ordentliche ſtreitige Gerichtsbarkeit.
zur Entſcheidung dieſer Streitigkeiten beſtellt wird 1). Von dieſer
Befugniß hat bisher nur Bremen Gebrauch gemacht 2).
Da das Reichsgericht in dem in Rede ſtehenden Falle an Stelle
einer beſonderen Landesbehörde entſcheidet, ſo iſt ſeine Kompetenz
auch an dieſelben Vorausſetzungen und Schranken gebunden. Die
Landesbehörde kann nun ſelbſtverſtändlich nur Kompetenzſtreitig-
keiten unter den Behörden des betreffenden Staates erledigen, über
die Hoheitsrechte anderer Bundesſtaaten und die Art ihrer Geltend-
machung ſteht ihr keine Entſcheidung zu. Mithin kann die Aus-
nahme von dem Grundprinzip, daß die Gerichte über die Zuläſſig-
keit des Rechtswegs entſcheiden, überhaupt nur Platz greifen, wenn
der Kompetenzconflict von der Behörde desjenigen Staates erhoben
wird, dem das mit der Sache befaßte Gericht angehört. Dagegen
iſt weder die Behörde eines andern Bundesſtaates noch irgend eine
Reichsbehörde 3) befugt, den Kompetenzconflict zu erheben und
andererſeits erſtreckt ſich die Rechtskraft der Urtheile einer zur
Entſcheidung von Kompetenzconflicten eingeſetzten Behörde nur auf
das Kompetenzverhältniß der Behörden des betreffenden Staates
und iſt für die Gerichte und Verwaltungsbehörden eines anderen
Staates unmaßgeblich. Dies Alles gilt auch dann, wenn das
Reichsgericht zum Kompetenzconflicts-Gericht beſtellt iſt.
2. Der Grundſatz, daß die Gerichte über die Zuläſſigkeit des
Rechtsweges entſcheiden, erſtreckt ſich nicht blos in materieller
Rückſicht auf die Frage, wie weit das Gebiet der ordentlichen
ſtreitigen Gerichtsbarkeit reicht, ſondern auch auf die formellen
Vorbedingungen, von denen das Beſchreiten des Rechtsweges ab-
hängig gemacht iſt. Soweit nicht in der Straf- und Civilprozeß-
Ordnung reichsgeſetzlich Ausnahmen anerkannt ſind, darf die Rechts-
verfolgung im Wege des Straf- und Civilprozeſſes nicht erſchwert
oder verſagt und namentlich nicht von der Vorprüfung einer Ver-
waltungsbehörde abhängig gemacht werden 4). Jede Anordnung
1) Einführungsgeſ. z. Gerichtsverf.Geſ. §. 17 Abſ. 1.
2) Verordn. v. 26. Sept. 1879. R.G.Bl. S. 298.
3) Vgl. hierüber die Aeußerungen der Abgg. von Puttkamer u. Dr.
Bähr in der Reichstagskommiſſion. Protok. S. 487 ff. (Hahn S. 686.)
4) Es iſt dies nicht zu verwechſeln mit der Autoriſation zur Prozeßführung,
welche untergeordnete Behörden oder die Verwaltungen von Gemeinden, Kor-
porationen, Stiftungen u. ſ. w. einholen müſſen. Dieſes Erforderniß iſt ledig-
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