Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.§. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs. Freilich wird dieser Erfolg durch die Bestimmung des §. 511 Aber auch abgesehen von dieser Beschränkung der Tragweite außerdem aber in einem ausländischen Gebiet Geltung hat, was hinsicht- lich zahlreicher in Elsaß-Lothringen geltender französischer und der in Schles- wig-Holstein geltenden dänischen Gesetze zutrifft, so ist die Revision nicht be- gründet, obgleich der Wortlaut des §. 511 der Civilproz.O. einer andern Aus- legung Raum giebt. Denn in diesem Falle kann ein Widerstreit zwischen meh- reren Deutschen Oberlandesgerichten nicht entstehen. Vgl. auch Endemann II. S. 454. Dieses Prinzip hat auch Anerkennung gefunden in der V. v. 28. Septemb. 1879 §. 2. (R.G.Bl. S. 299.) 1) Vgl. Eccius in Gruchot's Beiträgen zur Erläuterung des Deutschen Rechts. Bd. 24 S. 23 ff. und Reuling, revisible und nichtrevisible Rechts- normen. Berlin 1880. (Separat-Abdr. aus der Jurist. Wochenschr. v. 1880.) 2) Einf.Ges. z. Civilproz.O. Art. 6. 3) In dieser Beziehung hat die V. v. 28. Sept. 1879 §. 1 (R.G.Bl.
S. 299) den Grundsatz aufgestellt, daß die Revision auf die Verletzung anderer Gesetze als derjenigen des gemeinen oder französ. Rechts nur gestützt werden kann, wenn dieselben über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus für den §. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs. Freilich wird dieſer Erfolg durch die Beſtimmung des §. 511 Aber auch abgeſehen von dieſer Beſchränkung der Tragweite außerdem aber in einem ausländiſchen Gebiet Geltung hat, was hinſicht- lich zahlreicher in Elſaß-Lothringen geltender franzöſiſcher und der in Schles- wig-Holſtein geltenden däniſchen Geſetze zutrifft, ſo iſt die Reviſion nicht be- gründet, obgleich der Wortlaut des §. 511 der Civilproz.O. einer andern Aus- legung Raum giebt. Denn in dieſem Falle kann ein Widerſtreit zwiſchen meh- reren Deutſchen Oberlandesgerichten nicht entſtehen. Vgl. auch Endemann II. S. 454. Dieſes Prinzip hat auch Anerkennung gefunden in der V. v. 28. Septemb. 1879 §. 2. (R.G.Bl. S. 299.) 1) Vgl. Eccius in Gruchot’s Beiträgen zur Erläuterung des Deutſchen Rechts. Bd. 24 S. 23 ff. und Reuling, reviſible und nichtreviſible Rechts- normen. Berlin 1880. (Separat-Abdr. aus der Juriſt. Wochenſchr. v. 1880.) 2) Einf.Geſ. z. Civilproz.O. Art. 6. 3) In dieſer Beziehung hat die V. v. 28. Sept. 1879 §. 1 (R.G.Bl.
S. 299) den Grundſatz aufgeſtellt, daß die Reviſion auf die Verletzung anderer Geſetze als derjenigen des gemeinen oder franzöſ. Rechts nur geſtützt werden kann, wenn dieſelben über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus für den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0067" n="57"/> <fw place="top" type="header">§. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.</fw><lb/> <p>Freilich wird dieſer Erfolg durch die Beſtimmung des §. 511<lb/> nicht vollſtändig erreicht, ſondern nur für den regelmäßigen Fall,<lb/> daß die Gerichte nach der <hi rendition="#aq">lex fori</hi> entſcheiden; wenn in einer<lb/> Rechtsſache ausländiſches Recht oder das Recht eines andern, wenn-<lb/> gleich zum Deutſchen Reich gehörenden, Rechtsgebietes von einem<lb/> Oberlandesgerichte in Anwendung zu bringen iſt, kann das letztere<lb/> von der Auslegung eines anderen Oberlandesgerichtes abweichen,<lb/> ohne daß durch das Rechtsmittel der Reviſion die Entſcheidung<lb/> des Reichsgerichts herbeigeführt werden kann <note place="foot" n="1)">Vgl. <hi rendition="#g">Eccius</hi> in Gruchot’s Beiträgen zur Erläuterung des Deutſchen<lb/> Rechts. Bd. 24 S. 23 ff. und <hi rendition="#g">Reuling</hi>, reviſible und nichtreviſible Rechts-<lb/> normen. Berlin 1880. (Separat-Abdr. aus der Juriſt. Wochenſchr. v. 1880.)</note>.</p><lb/> <p>Aber auch abgeſehen von dieſer Beſchränkung der Tragweite<lb/> des im §. 511 cit. aufgeſtellten Prinzips iſt das letztere ſelbſt<lb/> nicht ein abſolut durchgreifendes, ſondern es ſind Modifikationen<lb/> deſſelben nach beiden Richtungen geſtattet. Mit Zuſtimmung des<lb/> Bundesraths kann durch Kaiſerl. Verordnung beſtimmt werden,<lb/> ſowohl daß die Verletzung von Geſetzen, obgleich deren Geltungs-<lb/> bereich ſich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erſtreckt,<lb/> die Reviſion nicht begründe, als auch, daß die Verletzung von Ge-<lb/> ſetzen, obgleich deren Geltungsbereich ſich nicht über den Bezirk des<lb/> Berufungsgerichts hinaus erſtreckt, die Reviſion begründe <note place="foot" n="2)">Einf.Geſ. z. Civilproz.O. Art. 6.</note>. Die<lb/> erſte dieſer beiden Abweichungen betrifft namentlich die Partikular-<lb/> geſetze älterer Zeit, deren Geltungsgebiete in Folge der Territorial-<lb/> veränderungen oder der Umgeſtaltung der Gerichtsverfaſſung getheilt<lb/> worden ſind, ſo daß ſie gegenwärtig in den Bezirken mehrerer<lb/> Staaten bezieh. mehrerer Oberlandesgerichte liegen <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="3)">In dieſer Beziehung hat die V. v. 28. Sept. 1879 §. 1 (R.G.Bl.<lb/> S. 299) den Grundſatz aufgeſtellt, daß die Reviſion auf die Verletzung anderer<lb/> Geſetze als derjenigen des gemeinen oder franzöſ. Rechts nur geſtützt werden<lb/> kann, wenn dieſelben über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus <hi rendition="#g">für den</hi></note>.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="2)">außerdem aber in einem <hi rendition="#g">ausländiſchen</hi> Gebiet Geltung hat, was hinſicht-<lb/> lich zahlreicher in Elſaß-Lothringen geltender franzöſiſcher und der in Schles-<lb/> wig-Holſtein geltenden däniſchen Geſetze zutrifft, ſo iſt die Reviſion nicht be-<lb/> gründet, obgleich der Wortlaut des §. 511 der Civilproz.O. einer andern Aus-<lb/> legung Raum giebt. Denn in dieſem Falle kann ein Widerſtreit zwiſchen meh-<lb/> reren <hi rendition="#g">Deutſchen</hi> Oberlandesgerichten nicht entſtehen. Vgl. auch <hi rendition="#g">Endemann</hi><lb/><hi rendition="#aq">II.</hi> S. 454. Dieſes Prinzip hat auch Anerkennung gefunden in der V. v.<lb/> 28. Septemb. 1879 §. 2. (R.G.Bl. S. 299.)</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0067]
§. 99. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.
Freilich wird dieſer Erfolg durch die Beſtimmung des §. 511
nicht vollſtändig erreicht, ſondern nur für den regelmäßigen Fall,
daß die Gerichte nach der lex fori entſcheiden; wenn in einer
Rechtsſache ausländiſches Recht oder das Recht eines andern, wenn-
gleich zum Deutſchen Reich gehörenden, Rechtsgebietes von einem
Oberlandesgerichte in Anwendung zu bringen iſt, kann das letztere
von der Auslegung eines anderen Oberlandesgerichtes abweichen,
ohne daß durch das Rechtsmittel der Reviſion die Entſcheidung
des Reichsgerichts herbeigeführt werden kann 1).
Aber auch abgeſehen von dieſer Beſchränkung der Tragweite
des im §. 511 cit. aufgeſtellten Prinzips iſt das letztere ſelbſt
nicht ein abſolut durchgreifendes, ſondern es ſind Modifikationen
deſſelben nach beiden Richtungen geſtattet. Mit Zuſtimmung des
Bundesraths kann durch Kaiſerl. Verordnung beſtimmt werden,
ſowohl daß die Verletzung von Geſetzen, obgleich deren Geltungs-
bereich ſich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erſtreckt,
die Reviſion nicht begründe, als auch, daß die Verletzung von Ge-
ſetzen, obgleich deren Geltungsbereich ſich nicht über den Bezirk des
Berufungsgerichts hinaus erſtreckt, die Reviſion begründe 2). Die
erſte dieſer beiden Abweichungen betrifft namentlich die Partikular-
geſetze älterer Zeit, deren Geltungsgebiete in Folge der Territorial-
veränderungen oder der Umgeſtaltung der Gerichtsverfaſſung getheilt
worden ſind, ſo daß ſie gegenwärtig in den Bezirken mehrerer
Staaten bezieh. mehrerer Oberlandesgerichte liegen 3).
2)
1) Vgl. Eccius in Gruchot’s Beiträgen zur Erläuterung des Deutſchen
Rechts. Bd. 24 S. 23 ff. und Reuling, reviſible und nichtreviſible Rechts-
normen. Berlin 1880. (Separat-Abdr. aus der Juriſt. Wochenſchr. v. 1880.)
2) Einf.Geſ. z. Civilproz.O. Art. 6.
3) In dieſer Beziehung hat die V. v. 28. Sept. 1879 §. 1 (R.G.Bl.
S. 299) den Grundſatz aufgeſtellt, daß die Reviſion auf die Verletzung anderer
Geſetze als derjenigen des gemeinen oder franzöſ. Rechts nur geſtützt werden
kann, wenn dieſelben über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus für den
2) außerdem aber in einem ausländiſchen Gebiet Geltung hat, was hinſicht-
lich zahlreicher in Elſaß-Lothringen geltender franzöſiſcher und der in Schles-
wig-Holſtein geltenden däniſchen Geſetze zutrifft, ſo iſt die Reviſion nicht be-
gründet, obgleich der Wortlaut des §. 511 der Civilproz.O. einer andern Aus-
legung Raum giebt. Denn in dieſem Falle kann ein Widerſtreit zwiſchen meh-
reren Deutſchen Oberlandesgerichten nicht entſtehen. Vgl. auch Endemann
II. S. 454. Dieſes Prinzip hat auch Anerkennung gefunden in der V. v.
28. Septemb. 1879 §. 2. (R.G.Bl. S. 299.)
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