durch ein ausgeführteres Lob fast zu sehr über die anderen könne erhöhet haben 12).
8.
Es bleibt uns noch eine andere Untersuchung derselben Art zu führen übrig, nämlich ob auch noch jetzt Spuren in dem Liede anzutreffen sind, daß die Stadt Wien, die erst im Jahre 1162 erbaut worden, nur durch eine spätere Überarbeitung, wie auch schon A. W. Schlegel angenom- men, in dem Gedichte ihre Stelle gefunden habe.
Wien wird überhaupt nur zweimahl erwähnt. Zuerst, ehe Rüdiger, um Kriemhilden für Etzel zu werben, von Ungarn abreist, läßt er sich Kleider von Wien kommen. Dies wird in der folgenden Strophe erzählt (Z. 4661): Rüdeger von Ungern in siben tagen reit; Des was der kunic Etzel fro und gemeit. Da zer stat ze Wiene bereite man in wat; Done moht' er siner reise do niht langer haben rat. Dann wird uns weiter gesagt, wie ihn Gotelinde und ihre Tochter zu Bechlaren erwarteten, worauf die Erzählung also weiter fortgeht (Z. 4669): E daz der edel Rüdeger ze Bechelaren reit, Uz der stat ze Wiene do waren in ir kleit Rehte volleclichen uf den soumen komen; Die furen in der maze, daz in wart wenic iht ge- nomen. Do si ze Bechelaren komen in du stat, Die sinen reisgesellen herbergen do bat Der wirt vil minnecliche etc.
durch ein ausgeführteres Lob faſt zu ſehr über die anderen könne erhöhet haben 12).
8.
Es bleibt uns noch eine andere Unterſuchung derſelben Art zu führen übrig, nämlich ob auch noch jetzt Spuren in dem Liede anzutreffen ſind, daß die Stadt Wien, die erſt im Jahre 1162 erbaut worden, nur durch eine ſpätere Überarbeitung, wie auch ſchon A. W. Schlegel angenom- men, in dem Gedichte ihre Stelle gefunden habe.
Wien wird überhaupt nur zweimahl erwähnt. Zuerſt, ehe Rüdiger, um Kriemhilden für Etzel zu werben, von Ungarn abreiſt, läßt er ſich Kleider von Wien kommen. Dies wird in der folgenden Strophe erzählt (Z. 4661): Rüdeger von Ungern in ſiben tagen reit; Des was der ku̓nic Etzel fro und gemeit. Da zer ſtat ze Wiene bereite man in wat; Done moht’ er ſiner reiſe do niht langer haben rat. Dann wird uns weiter geſagt, wie ihn Gotelinde und ihre Tochter zu Bechlaren erwarteten, worauf die Erzählung alſo weiter fortgeht (Z. 4669): E daz der edel Rüdeger ze Bechelaren reit, Uz der ſtat ze Wiene do waren in ir kleit Rehte volleclichen uf den ſoͧmen komen; Die fůren in der maze, daz in wart wenic iht ge- nomen. Do ſi ze Bechelaren komen in du̓ ſtat, Die ſinen reisgeſellen herbergen do bat Der wirt vil minnecliche ꝛc.
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[22/0030]
durch ein ausgeführteres Lob faſt zu ſehr über die anderen
könne erhöhet haben
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8.
Es bleibt uns noch eine andere Unterſuchung derſelben
Art zu führen übrig, nämlich ob auch noch jetzt Spuren in
dem Liede anzutreffen ſind, daß die Stadt Wien, die erſt
im Jahre 1162 erbaut worden, nur durch eine ſpätere
Überarbeitung, wie auch ſchon A. W. Schlegel angenom-
men, in dem Gedichte ihre Stelle gefunden habe.
Wien wird überhaupt nur zweimahl erwähnt. Zuerſt,
ehe Rüdiger, um Kriemhilden für Etzel zu werben, von
Ungarn abreiſt, läßt er ſich Kleider von Wien kommen.
Dies wird in der folgenden Strophe erzählt (Z. 4661):
Rüdeger von Ungern in ſiben tagen reit;
Des was der ku̓nic Etzel fro und gemeit.
Da zer ſtat ze Wiene bereite man in wat;
Done moht’ er ſiner reiſe do niht langer haben rat.
Dann wird uns weiter geſagt, wie ihn Gotelinde und ihre
Tochter zu Bechlaren erwarteten, worauf die Erzählung
alſo weiter fortgeht (Z. 4669):
E daz der edel Rüdeger ze Bechelaren reit,
Uz der ſtat ze Wiene do waren in ir kleit
Rehte volleclichen uf den ſoͧmen komen;
Die fůren in der maze, daz in wart wenic iht ge-
nomen.
Do ſi ze Bechelaren komen in du̓ ſtat,
Die ſinen reisgeſellen herbergen do bat
Der wirt vil minnecliche ꝛc.
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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/30>, abgerufen am 11.01.2025.
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