Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Veränderliche und Fortdauernde.
die besondere Theorie der Kräfte erst im folgenden
werden vornehmen können, so mag es dermalen ge-
nug seyn, dieses hier nur überhaupt angemerkt zu
haben.

§. 222.

So fern ein Indiuiduum Veränderungen leidet,
ohne daß es aufhöre, eben dasselbe zu seyn, werden
solche Veränderungen mit einem besondern Namen
Modificationen, Zufälligkeiten oder zufällige
Bestimmungen
genennet. Diese dehnen sich dem-
nach so weit aus, als das gemeinsame Band nicht
dadurch wegfällt, (§. 220. No. 11-15.). Hingegen
nennet man das gemeinsame Band, nebst allem dem-
jenigen, ohne welches dieses Band ganz oder zum
Theil wegfallen würde, die wesentlichen Stücke,
welche demnach in einem Indiuiduo beysammen blei-
ben, so lange das gemeinsame Band nicht wegfällt,
oder durch größere Kräfte getrennet wird. Man
sieht aus den bißherigen Betrachtungen, daß diese
Benennungen nur abgekürzte Ausdrücke sind, wo-
durch man sich weitläuftigere ersparet. Die Be-
griffe, so man sich darunter vorzustellen hat, werden
aber dadurch nicht abgekürzet, und man muß sie in
aller Ausführlichkeit beybehalten, wenn man das
Wesentliche von dem Zufälligen genau unterschei-
den will.

§. 223.

Wir können ferner anmerken, daß dieser Unter-
schied zwischen dem Wesentlichen und Zufälligen in
so ferne hypothetisch ist, als man dabey von den grö-
ßern Kräften abstrahirt, wodurch das gemeinsame
Band getrennet werden kann. Denn nur in so ferne
bleiben die Stücke, welche vermittelst des ihnen ge-

mein-

Das Veraͤnderliche und Fortdauernde.
die beſondere Theorie der Kraͤfte erſt im folgenden
werden vornehmen koͤnnen, ſo mag es dermalen ge-
nug ſeyn, dieſes hier nur uͤberhaupt angemerkt zu
haben.

§. 222.

So fern ein Indiuiduum Veraͤnderungen leidet,
ohne daß es aufhoͤre, eben daſſelbe zu ſeyn, werden
ſolche Veraͤnderungen mit einem beſondern Namen
Modificationen, Zufaͤlligkeiten oder zufaͤllige
Beſtimmungen
genennet. Dieſe dehnen ſich dem-
nach ſo weit aus, als das gemeinſame Band nicht
dadurch wegfaͤllt, (§. 220. Nº. 11-15.). Hingegen
nennet man das gemeinſame Band, nebſt allem dem-
jenigen, ohne welches dieſes Band ganz oder zum
Theil wegfallen wuͤrde, die weſentlichen Stuͤcke,
welche demnach in einem Indiuiduo beyſammen blei-
ben, ſo lange das gemeinſame Band nicht wegfaͤllt,
oder durch groͤßere Kraͤfte getrennet wird. Man
ſieht aus den bißherigen Betrachtungen, daß dieſe
Benennungen nur abgekuͤrzte Ausdruͤcke ſind, wo-
durch man ſich weitlaͤuftigere erſparet. Die Be-
griffe, ſo man ſich darunter vorzuſtellen hat, werden
aber dadurch nicht abgekuͤrzet, und man muß ſie in
aller Ausfuͤhrlichkeit beybehalten, wenn man das
Weſentliche von dem Zufaͤlligen genau unterſchei-
den will.

§. 223.

Wir koͤnnen ferner anmerken, daß dieſer Unter-
ſchied zwiſchen dem Weſentlichen und Zufaͤlligen in
ſo ferne hypothetiſch iſt, als man dabey von den groͤ-
ßern Kraͤften abſtrahirt, wodurch das gemeinſame
Band getrennet werden kann. Denn nur in ſo ferne
bleiben die Stuͤcke, welche vermittelſt des ihnen ge-

mein-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0223" n="187"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Vera&#x0364;nderliche und Fortdauernde.</hi></fw><lb/>
die be&#x017F;ondere Theorie der Kra&#x0364;fte er&#x017F;t im folgenden<lb/>
werden vornehmen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o mag es dermalen ge-<lb/>
nug &#x017F;eyn, die&#x017F;es hier nur u&#x0364;berhaupt angemerkt zu<lb/>
haben.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 222.</head><lb/>
            <p>So fern ein <hi rendition="#aq">Indiuiduum</hi> Vera&#x0364;nderungen leidet,<lb/>
ohne daß es aufho&#x0364;re, eben da&#x017F;&#x017F;elbe zu &#x017F;eyn, werden<lb/>
&#x017F;olche Vera&#x0364;nderungen mit einem be&#x017F;ondern Namen<lb/><hi rendition="#fr">Modificationen, Zufa&#x0364;lligkeiten</hi> oder <hi rendition="#fr">zufa&#x0364;llige<lb/>
Be&#x017F;timmungen</hi> genennet. Die&#x017F;e dehnen &#x017F;ich dem-<lb/>
nach &#x017F;o weit aus, als das gemein&#x017F;ame Band nicht<lb/>
dadurch wegfa&#x0364;llt, (§. 220. <hi rendition="#aq">Nº.</hi> 11-15.). Hingegen<lb/>
nennet man das gemein&#x017F;ame Band, neb&#x017F;t allem dem-<lb/>
jenigen, ohne welches die&#x017F;es Band ganz oder zum<lb/>
Theil wegfallen wu&#x0364;rde, die <hi rendition="#fr">we&#x017F;entlichen Stu&#x0364;cke,</hi><lb/>
welche demnach in einem <hi rendition="#aq">Indiuiduo</hi> bey&#x017F;ammen blei-<lb/>
ben, &#x017F;o lange das gemein&#x017F;ame Band nicht wegfa&#x0364;llt,<lb/>
oder durch gro&#x0364;ßere Kra&#x0364;fte getrennet wird. Man<lb/>
&#x017F;ieht aus den bißherigen Betrachtungen, daß die&#x017F;e<lb/>
Benennungen nur abgeku&#x0364;rzte Ausdru&#x0364;cke &#x017F;ind, wo-<lb/>
durch man &#x017F;ich weitla&#x0364;uftigere er&#x017F;paret. Die Be-<lb/>
griffe, &#x017F;o man &#x017F;ich darunter vorzu&#x017F;tellen hat, werden<lb/>
aber dadurch nicht abgeku&#x0364;rzet, und man muß &#x017F;ie in<lb/>
aller Ausfu&#x0364;hrlichkeit beybehalten, wenn man das<lb/><hi rendition="#fr">We&#x017F;entliche</hi> von dem <hi rendition="#fr">Zufa&#x0364;lligen</hi> genau unter&#x017F;chei-<lb/>
den will.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 223.</head><lb/>
            <p>Wir ko&#x0364;nnen ferner anmerken, daß die&#x017F;er Unter-<lb/>
&#x017F;chied zwi&#x017F;chen dem We&#x017F;entlichen und Zufa&#x0364;lligen in<lb/>
&#x017F;o ferne hypotheti&#x017F;ch i&#x017F;t, als man dabey von den gro&#x0364;-<lb/>
ßern Kra&#x0364;ften ab&#x017F;trahirt, wodurch das gemein&#x017F;ame<lb/>
Band getrennet werden kann. Denn nur in &#x017F;o ferne<lb/>
bleiben die Stu&#x0364;cke, welche vermittel&#x017F;t des ihnen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mein-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0223] Das Veraͤnderliche und Fortdauernde. die beſondere Theorie der Kraͤfte erſt im folgenden werden vornehmen koͤnnen, ſo mag es dermalen ge- nug ſeyn, dieſes hier nur uͤberhaupt angemerkt zu haben. §. 222. So fern ein Indiuiduum Veraͤnderungen leidet, ohne daß es aufhoͤre, eben daſſelbe zu ſeyn, werden ſolche Veraͤnderungen mit einem beſondern Namen Modificationen, Zufaͤlligkeiten oder zufaͤllige Beſtimmungen genennet. Dieſe dehnen ſich dem- nach ſo weit aus, als das gemeinſame Band nicht dadurch wegfaͤllt, (§. 220. Nº. 11-15.). Hingegen nennet man das gemeinſame Band, nebſt allem dem- jenigen, ohne welches dieſes Band ganz oder zum Theil wegfallen wuͤrde, die weſentlichen Stuͤcke, welche demnach in einem Indiuiduo beyſammen blei- ben, ſo lange das gemeinſame Band nicht wegfaͤllt, oder durch groͤßere Kraͤfte getrennet wird. Man ſieht aus den bißherigen Betrachtungen, daß dieſe Benennungen nur abgekuͤrzte Ausdruͤcke ſind, wo- durch man ſich weitlaͤuftigere erſparet. Die Be- griffe, ſo man ſich darunter vorzuſtellen hat, werden aber dadurch nicht abgekuͤrzet, und man muß ſie in aller Ausfuͤhrlichkeit beybehalten, wenn man das Weſentliche von dem Zufaͤlligen genau unterſchei- den will. §. 223. Wir koͤnnen ferner anmerken, daß dieſer Unter- ſchied zwiſchen dem Weſentlichen und Zufaͤlligen in ſo ferne hypothetiſch iſt, als man dabey von den groͤ- ßern Kraͤften abſtrahirt, wodurch das gemeinſame Band getrennet werden kann. Denn nur in ſo ferne bleiben die Stuͤcke, welche vermittelſt des ihnen ge- mein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/223
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/223>, abgerufen am 24.11.2024.