Man frage demnach, z. E. ob sich Zeit und Raum in einander verwandeln lassen? Die Antwort wird leicht seyn, daß es schlechthin unmöglich sey; und diese Unmöglichkeit fällt nicht nur auf den Begriff, sondern geradehin auch auf die Sache selbst. Drü- cket man nun diese Unmöglichkeit so aus; das We- sen der Zeit lasse sich dem Raume, und hinwiederum das Wesen des Raumes lasse sich der Zeit schlecht- hin nicht mittheilen: so hat dieser Satz seine Rich- tigkeit, man mag nun durch das Wesen den Be- griff der Sache, oder die Sache selbst, oder auch nur ihre Möglichkeit verstehen. Man wird eben so finden, daß auch die übrigen einfachen Grundbe- griffe Dinge vorstellen, die sich nicht in einander verwandeln lassen, obwohl einige Bestimmungen von andern seyn und damit verbunden werden können, (§. 134. 135. 159. No. 4.)
§. 226.
Fraget man aber, ob sich Holz in Asche, Nah- rung in Fleisch und Blut, Stein in Glas oder Kalk, eine Regierungsform in eine andere, ein silberner Becher in eine silberne Schüssel etc. verwandeln lasse? so wird die Antwort ebenfalls leicht seyn, daß es an- gehe, daß diesen Möglichkeiten nichts im Wege ste- he etc. Will man nun hiebey dennoch sagen; das We- sen des Holzes lasse sich der Asche, oder das Wesen der Asche dem Holze nicht mittheilen: so versteht man dadurch offenbar nicht mehr, als daß das Holz, so lange es Holz ist, nicht Asche sey, oder daß, wenn auch die Verwandlung der Asche in Holz möglich ist, sie vorerst vorgehen müsse, ehe man sagen könne, daß die Asche in Holz verwandelt sey. Das Hypo-
thetische
Das Veraͤnderliche und Fortdauernde.
§. 225.
Man frage demnach, z. E. ob ſich Zeit und Raum in einander verwandeln laſſen? Die Antwort wird leicht ſeyn, daß es ſchlechthin unmoͤglich ſey; und dieſe Unmoͤglichkeit faͤllt nicht nur auf den Begriff, ſondern geradehin auch auf die Sache ſelbſt. Druͤ- cket man nun dieſe Unmoͤglichkeit ſo aus; das We- ſen der Zeit laſſe ſich dem Raume, und hinwiederum das Weſen des Raumes laſſe ſich der Zeit ſchlecht- hin nicht mittheilen: ſo hat dieſer Satz ſeine Rich- tigkeit, man mag nun durch das Weſen den Be- griff der Sache, oder die Sache ſelbſt, oder auch nur ihre Moͤglichkeit verſtehen. Man wird eben ſo finden, daß auch die uͤbrigen einfachen Grundbe- griffe Dinge vorſtellen, die ſich nicht in einander verwandeln laſſen, obwohl einige Beſtimmungen von andern ſeyn und damit verbunden werden koͤnnen, (§. 134. 135. 159. Nº. 4.)
§. 226.
Fraget man aber, ob ſich Holz in Aſche, Nah- rung in Fleiſch und Blut, Stein in Glas oder Kalk, eine Regierungsform in eine andere, ein ſilberner Becher in eine ſilberne Schuͤſſel ꝛc. verwandeln laſſe? ſo wird die Antwort ebenfalls leicht ſeyn, daß es an- gehe, daß dieſen Moͤglichkeiten nichts im Wege ſte- he ꝛc. Will man nun hiebey dennoch ſagen; das We- ſen des Holzes laſſe ſich der Aſche, oder das Weſen der Aſche dem Holze nicht mittheilen: ſo verſteht man dadurch offenbar nicht mehr, als daß das Holz, ſo lange es Holz iſt, nicht Aſche ſey, oder daß, wenn auch die Verwandlung der Aſche in Holz moͤglich iſt, ſie vorerſt vorgehen muͤſſe, ehe man ſagen koͤnne, daß die Aſche in Holz verwandelt ſey. Das Hypo-
thetiſche
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Das Veraͤnderliche und Fortdauernde.
§. 225.
Man frage demnach, z. E. ob ſich Zeit und Raum
in einander verwandeln laſſen? Die Antwort wird
leicht ſeyn, daß es ſchlechthin unmoͤglich ſey; und
dieſe Unmoͤglichkeit faͤllt nicht nur auf den Begriff,
ſondern geradehin auch auf die Sache ſelbſt. Druͤ-
cket man nun dieſe Unmoͤglichkeit ſo aus; das We-
ſen der Zeit laſſe ſich dem Raume, und hinwiederum
das Weſen des Raumes laſſe ſich der Zeit ſchlecht-
hin nicht mittheilen: ſo hat dieſer Satz ſeine Rich-
tigkeit, man mag nun durch das Weſen den Be-
griff der Sache, oder die Sache ſelbſt, oder auch
nur ihre Moͤglichkeit verſtehen. Man wird eben
ſo finden, daß auch die uͤbrigen einfachen Grundbe-
griffe Dinge vorſtellen, die ſich nicht in einander
verwandeln laſſen, obwohl einige Beſtimmungen von
andern ſeyn und damit verbunden werden koͤnnen,
(§. 134. 135. 159. Nº. 4.)
§. 226.
Fraget man aber, ob ſich Holz in Aſche, Nah-
rung in Fleiſch und Blut, Stein in Glas oder Kalk,
eine Regierungsform in eine andere, ein ſilberner
Becher in eine ſilberne Schuͤſſel ꝛc. verwandeln laſſe?
ſo wird die Antwort ebenfalls leicht ſeyn, daß es an-
gehe, daß dieſen Moͤglichkeiten nichts im Wege ſte-
he ꝛc. Will man nun hiebey dennoch ſagen; das We-
ſen des Holzes laſſe ſich der Aſche, oder das Weſen
der Aſche dem Holze nicht mittheilen: ſo verſteht man
dadurch offenbar nicht mehr, als daß das Holz, ſo
lange es Holz iſt, nicht Aſche ſey, oder daß, wenn
auch die Verwandlung der Aſche in Holz moͤglich iſt,
ſie vorerſt vorgehen muͤſſe, ehe man ſagen koͤnne,
daß die Aſche in Holz verwandelt ſey. Das Hypo-
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/225>, abgerufen am 24.11.2024.
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