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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Seyn und das Nicht seyn.
Wir bleiben aber bey der Vergleichung mehrerer Din-
ge nicht so schlechthin bey dem Aehnlichen und Ver-
schiedenen stehen, sondern das in und unter einander
enthalten seyn (§. 170. 174.), giebt uns noch eine an-
dere Art von Vergleichung an, worauf sich die Theorie
der Urtheile und Sätze gründet, deren Form zwar
in der Vernunftlehre betrachtet wird, die Quellen und
Entstehensart, imgleichen die so genannte objective Be-
stimmung ihrer Ausdehnung eigentlich in die Grund-
lehre gehöret. Die Vernunftlehre nämlich begnügt
sich damit, daß die Form der Sätze, die sie betrach-
tet, möglich sey, und um die bloße Möglichkeit zu
beweisen, sind einzelne Beyspiele hinreichend. Hin-
gegen abstrahirt sie ganz von der Materie, und be-
stimmet daher auch nicht, wo solche Form zu finden,
und welche Arten von Materien zu jeder Art der Form
gehören. Dieses gehöret für die Grundlehre. Daher
werden wir nun die Quellen zu jeder Art von Sätzen
aufzudecken und gleichsam vorzuzählen suchen. Das
Symbolische unserer Erkenntniß mengt sich hier mit
ein, weil wir die Urtheile durch Sätze vorstellen, und
da die Widersprüche weder im Reiche der Wahr-
heiten, noch im Reiche der Möglichkeiten, noch im
Reiche der Wirklichkeiten vorkommen, und daher
schlechthin nur symbolisch sind; so können wir auch
die Theorie davon nicht ehender vortragen, bis wir
die Gründe zu ihrer Entstehensart aus einander ge-
setzet haben, und bis dahin müssen wir auch die
Theorie des Nothwendigen verschieben, weil die
Theorie des Gegentheils und der Opposition eben-
falls viel Symbolisches hat, und aus der Theorie
der Entstehensart der Sätze füglicher hergeleitet wird.
Denn bey allem diesen haben wir nicht so fest auf die
bloße Möglichkeit dieser Begriffe, wozu einzelne Bey-

spiele
N 3

Das Seyn und das Nicht ſeyn.
Wir bleiben aber bey der Vergleichung mehrerer Din-
ge nicht ſo ſchlechthin bey dem Aehnlichen und Ver-
ſchiedenen ſtehen, ſondern das in und unter einander
enthalten ſeyn (§. 170. 174.), giebt uns noch eine an-
dere Art von Vergleichung an, worauf ſich die Theorie
der Urtheile und Saͤtze gruͤndet, deren Form zwar
in der Vernunftlehre betrachtet wird, die Quellen und
Entſtehensart, imgleichen die ſo genannte objective Be-
ſtimmung ihrer Ausdehnung eigentlich in die Grund-
lehre gehoͤret. Die Vernunftlehre naͤmlich begnuͤgt
ſich damit, daß die Form der Saͤtze, die ſie betrach-
tet, moͤglich ſey, und um die bloße Moͤglichkeit zu
beweiſen, ſind einzelne Beyſpiele hinreichend. Hin-
gegen abſtrahirt ſie ganz von der Materie, und be-
ſtimmet daher auch nicht, wo ſolche Form zu finden,
und welche Arten von Materien zu jeder Art der Form
gehoͤren. Dieſes gehoͤret fuͤr die Grundlehre. Daher
werden wir nun die Quellen zu jeder Art von Saͤtzen
aufzudecken und gleichſam vorzuzaͤhlen ſuchen. Das
Symboliſche unſerer Erkenntniß mengt ſich hier mit
ein, weil wir die Urtheile durch Saͤtze vorſtellen, und
da die Widerſpruͤche weder im Reiche der Wahr-
heiten, noch im Reiche der Moͤglichkeiten, noch im
Reiche der Wirklichkeiten vorkommen, und daher
ſchlechthin nur ſymboliſch ſind; ſo koͤnnen wir auch
die Theorie davon nicht ehender vortragen, bis wir
die Gruͤnde zu ihrer Entſtehensart aus einander ge-
ſetzet haben, und bis dahin muͤſſen wir auch die
Theorie des Nothwendigen verſchieben, weil die
Theorie des Gegentheils und der Oppoſition eben-
falls viel Symboliſches hat, und aus der Theorie
der Entſtehensart der Saͤtze fuͤglicher hergeleitet wird.
Denn bey allem dieſen haben wir nicht ſo feſt auf die
bloße Moͤglichkeit dieſer Begriffe, wozu einzelne Bey-

ſpiele
N 3
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[197/0233] Das Seyn und das Nicht ſeyn. Wir bleiben aber bey der Vergleichung mehrerer Din- ge nicht ſo ſchlechthin bey dem Aehnlichen und Ver- ſchiedenen ſtehen, ſondern das in und unter einander enthalten ſeyn (§. 170. 174.), giebt uns noch eine an- dere Art von Vergleichung an, worauf ſich die Theorie der Urtheile und Saͤtze gruͤndet, deren Form zwar in der Vernunftlehre betrachtet wird, die Quellen und Entſtehensart, imgleichen die ſo genannte objective Be- ſtimmung ihrer Ausdehnung eigentlich in die Grund- lehre gehoͤret. Die Vernunftlehre naͤmlich begnuͤgt ſich damit, daß die Form der Saͤtze, die ſie betrach- tet, moͤglich ſey, und um die bloße Moͤglichkeit zu beweiſen, ſind einzelne Beyſpiele hinreichend. Hin- gegen abſtrahirt ſie ganz von der Materie, und be- ſtimmet daher auch nicht, wo ſolche Form zu finden, und welche Arten von Materien zu jeder Art der Form gehoͤren. Dieſes gehoͤret fuͤr die Grundlehre. Daher werden wir nun die Quellen zu jeder Art von Saͤtzen aufzudecken und gleichſam vorzuzaͤhlen ſuchen. Das Symboliſche unſerer Erkenntniß mengt ſich hier mit ein, weil wir die Urtheile durch Saͤtze vorſtellen, und da die Widerſpruͤche weder im Reiche der Wahr- heiten, noch im Reiche der Moͤglichkeiten, noch im Reiche der Wirklichkeiten vorkommen, und daher ſchlechthin nur ſymboliſch ſind; ſo koͤnnen wir auch die Theorie davon nicht ehender vortragen, bis wir die Gruͤnde zu ihrer Entſtehensart aus einander ge- ſetzet haben, und bis dahin muͤſſen wir auch die Theorie des Nothwendigen verſchieben, weil die Theorie des Gegentheils und der Oppoſition eben- falls viel Symboliſches hat, und aus der Theorie der Entſtehensart der Saͤtze fuͤglicher hergeleitet wird. Denn bey allem dieſen haben wir nicht ſo feſt auf die bloße Moͤglichkeit dieſer Begriffe, wozu einzelne Bey- ſpiele N 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/233>, abgerufen am 24.11.2024.