Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

VIII. Hauptstück.
schieden, weil die Stelle des non den Unterschied
anzeiget, z. E.
A non est B.
A est non B.

Von diesen Sätzen ist der erstere verneinend, der an-
dere bejahend. Um nun diesen Unterschied im Deut-
schen, ohne Rücksicht auf den Zusammenhang der
Rede oder den Accent der Aussprache, vorzustellen,
werden wir diese beyden Sätze so geben:
A ist nicht B.
A
ist Nicht - B.

Jn dem ersten gehöret nun ist nicht zusammen,
und der Satz ist verneinend, in dem andern gehöret
Nicht - B zusammen, und der Satz ist bejahend,
und das Nicht - B stellet einen Begriff vor, von
welchem man so viel sagen kann, daß B nicht unter
seine Prädicate oder Merkmale gehöre. Da er aber
dadurch noch nicht auf eine positive oder bestimmte
Art kenntlich gemacht wird, so hat man das nicht - B
in den Vernunftlehren einen Terminum infinitum
genennet.

§. 255.

Nun kann, überhaupt betrachtet, das nicht - B
nicht die Bedeutung haben, als ob darunter alles das-
jenige begriffen werde, was B nicht zum Prädicate
hat, und folglich B allein ausgeschlossen sey. Denn
so wären die Sätze,

1°. A ist Nicht - B,
2°. A ist alles, was nicht B ist,
3°. A ist nicht B.

gleichgültig, und besonders der zweyte in den meisten
Fällen unmöglich, weil es außer dem B und außer

den

VIII. Hauptſtuͤck.
ſchieden, weil die Stelle des non den Unterſchied
anzeiget, z. E.
A non eſt B.
A eſt non B.

Von dieſen Saͤtzen iſt der erſtere verneinend, der an-
dere bejahend. Um nun dieſen Unterſchied im Deut-
ſchen, ohne Ruͤckſicht auf den Zuſammenhang der
Rede oder den Accent der Ausſprache, vorzuſtellen,
werden wir dieſe beyden Saͤtze ſo geben:
A iſt nicht B.
A
iſt Nicht ‒ B.

Jn dem erſten gehoͤret nun iſt nicht zuſammen,
und der Satz iſt verneinend, in dem andern gehoͤret
NichtB zuſammen, und der Satz iſt bejahend,
und das NichtB ſtellet einen Begriff vor, von
welchem man ſo viel ſagen kann, daß B nicht unter
ſeine Praͤdicate oder Merkmale gehoͤre. Da er aber
dadurch noch nicht auf eine poſitive oder beſtimmte
Art kenntlich gemacht wird, ſo hat man das nichtB
in den Vernunftlehren einen Terminum infinitum
genennet.

§. 255.

Nun kann, uͤberhaupt betrachtet, das nichtB
nicht die Bedeutung haben, als ob darunter alles das-
jenige begriffen werde, was B nicht zum Praͤdicate
hat, und folglich B allein ausgeſchloſſen ſey. Denn
ſo waͤren die Saͤtze,

1°. A iſt Nicht ‒ B,
2°. A iſt alles, was nicht B iſt,
3°. A iſt nicht B.

gleichguͤltig, und beſonders der zweyte in den meiſten
Faͤllen unmoͤglich, weil es außer dem B und außer

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0264" n="228"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chieden, weil die Stelle des <hi rendition="#aq">non</hi> den Unter&#x017F;chied<lb/>
anzeiget, z. E.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">A non e&#x017F;t B.<lb/>
A e&#x017F;t non B.</hi></hi><lb/>
Von die&#x017F;en Sa&#x0364;tzen i&#x017F;t der er&#x017F;tere verneinend, der an-<lb/>
dere bejahend. Um nun die&#x017F;en Unter&#x017F;chied im Deut-<lb/>
&#x017F;chen, ohne Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf den Zu&#x017F;ammenhang der<lb/>
Rede oder den Accent der Aus&#x017F;prache, vorzu&#x017F;tellen,<lb/>
werden wir die&#x017F;e beyden Sa&#x0364;tze &#x017F;o geben:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">B.<lb/>
A</hi> i&#x017F;t Nicht &#x2012; <hi rendition="#aq">B.</hi></hi><lb/>
Jn dem er&#x017F;ten geho&#x0364;ret nun <hi rendition="#fr">i&#x017F;t nicht</hi> zu&#x017F;ammen,<lb/>
und der Satz i&#x017F;t verneinend, in dem andern geho&#x0364;ret<lb/><hi rendition="#fr">Nicht</hi> &#x2012; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi></hi> zu&#x017F;ammen, und der Satz i&#x017F;t bejahend,<lb/>
und das <hi rendition="#fr">Nicht</hi> &#x2012; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi></hi> &#x017F;tellet einen Begriff vor, von<lb/>
welchem man &#x017F;o viel &#x017F;agen kann, daß <hi rendition="#aq">B</hi> nicht unter<lb/>
&#x017F;eine Pra&#x0364;dicate oder Merkmale geho&#x0364;re. Da er aber<lb/>
dadurch noch nicht auf eine po&#x017F;itive oder be&#x017F;timmte<lb/>
Art kenntlich gemacht wird, &#x017F;o hat man das <hi rendition="#fr">nicht</hi> &#x2012; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi></hi><lb/>
in den Vernunftlehren einen <hi rendition="#aq">Terminum infinitum</hi><lb/>
genennet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 255.</head><lb/>
            <p>Nun kann, u&#x0364;berhaupt betrachtet, das <hi rendition="#fr">nicht</hi> &#x2012; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">B</hi></hi><lb/>
nicht die Bedeutung haben, als ob darunter alles das-<lb/>
jenige begriffen werde, was <hi rendition="#aq">B</hi> nicht zum Pra&#x0364;dicate<lb/>
hat, und folglich <hi rendition="#aq">B</hi> allein ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ey. Denn<lb/>
&#x017F;o wa&#x0364;ren die Sa&#x0364;tze,</p><lb/>
            <list>
              <item>1°. <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t Nicht &#x2012; <hi rendition="#aq">B,</hi></item><lb/>
              <item>2°. <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t alles, was nicht <hi rendition="#aq">B</hi> i&#x017F;t,</item><lb/>
              <item>3°. <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">B.</hi></item>
            </list><lb/>
            <p>gleichgu&#x0364;ltig, und be&#x017F;onders der zweyte in den mei&#x017F;ten<lb/>
Fa&#x0364;llen unmo&#x0364;glich, weil es außer dem <hi rendition="#aq">B</hi> und außer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0264] VIII. Hauptſtuͤck. ſchieden, weil die Stelle des non den Unterſchied anzeiget, z. E. A non eſt B. A eſt non B. Von dieſen Saͤtzen iſt der erſtere verneinend, der an- dere bejahend. Um nun dieſen Unterſchied im Deut- ſchen, ohne Ruͤckſicht auf den Zuſammenhang der Rede oder den Accent der Ausſprache, vorzuſtellen, werden wir dieſe beyden Saͤtze ſo geben: A iſt nicht B. A iſt Nicht ‒ B. Jn dem erſten gehoͤret nun iſt nicht zuſammen, und der Satz iſt verneinend, in dem andern gehoͤret Nicht ‒ B zuſammen, und der Satz iſt bejahend, und das Nicht ‒ B ſtellet einen Begriff vor, von welchem man ſo viel ſagen kann, daß B nicht unter ſeine Praͤdicate oder Merkmale gehoͤre. Da er aber dadurch noch nicht auf eine poſitive oder beſtimmte Art kenntlich gemacht wird, ſo hat man das nicht ‒ B in den Vernunftlehren einen Terminum infinitum genennet. §. 255. Nun kann, uͤberhaupt betrachtet, das nicht ‒ B nicht die Bedeutung haben, als ob darunter alles das- jenige begriffen werde, was B nicht zum Praͤdicate hat, und folglich B allein ausgeſchloſſen ſey. Denn ſo waͤren die Saͤtze, 1°. A iſt Nicht ‒ B, 2°. A iſt alles, was nicht B iſt, 3°. A iſt nicht B. gleichguͤltig, und beſonders der zweyte in den meiſten Faͤllen unmoͤglich, weil es außer dem B und außer den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/264
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/264>, abgerufen am 25.11.2024.