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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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und das Nicht nothwendig seyn.
auch entgegengesetzt sind. Der absoluteste Gegensatz
hiebey findet sich zwischen den zweyen Extremis Alle,
Kein,
und dieser geht mit dem ist und ist nicht zu
Paaren, (§. 242.). So fern man aber in Beweisen
nicht an dem ist oder ist nicht, sondern an der All-
gemeinheit zweifelt, oder darauf sieht, wie es die
wissenschaftliche Erkenntniß erfordert, so setzet man das
Alle dem etliche nicht, und das Kein dem etliche
sind
entgegen. Und da ist der Satz allgemein wahr,
wenn es falsch ist, daß auch nur eines sollte ausge-
schlossen werden, und er ist nothwendig allgemein
wahr,
wenn das Ausschließen durchaus unmög-
lich
ist. Jn dieser Absicht nennet man überhaupt
dasjenige Nothwendig, dessen Gegentheil unmög-
lich ist.

§. 272.

Da das Alle so viel sagen will, als keines nicht,
und hinwieder das Kein so viel, als nicht ein ein-
ziges,
so ist auch hiebey das Nicht der Grund des
Entgegensetzens, wie es der Grund desselben bey dem
Bindewörtchen und bey den Bestimmungen ist.
Demnach hat das Entgegensetzen, eben so, wie
das Widersprechen, die Verschiedenheit zur
Grundlage, (§. 253. 268.). Das Widersprechen
äußert sich, wenn Bestimmungen, die einan-
der entgegengesetzt sind, in einen Begriff zu-
sammen genommen werden,
und folglich, wenn
man setzet, ein Ding sey A und Nicht - A zugleich,
oder es sey und sey (zugleich und in eben dem Sinne)
nicht. Uebrigens ist noch anzumerken, daß wenn
mehrere Dinge oder Bestimmungen in gewisser Ab-
sicht einander entgegengesetzt werden müssen, man es
zugleich mit allen müsse vornehmen, weil es sonst den

Anschein
Lamb. Archit. I. B. R

und das Nicht nothwendig ſeyn.
auch entgegengeſetzt ſind. Der abſoluteſte Gegenſatz
hiebey findet ſich zwiſchen den zweyen Extremis Alle,
Kein,
und dieſer geht mit dem iſt und iſt nicht zu
Paaren, (§. 242.). So fern man aber in Beweiſen
nicht an dem iſt oder iſt nicht, ſondern an der All-
gemeinheit zweifelt, oder darauf ſieht, wie es die
wiſſenſchaftliche Erkenntniß erfordert, ſo ſetzet man das
Alle dem etliche nicht, und das Kein dem etliche
ſind
entgegen. Und da iſt der Satz allgemein wahr,
wenn es falſch iſt, daß auch nur eines ſollte ausge-
ſchloſſen werden, und er iſt nothwendig allgemein
wahr,
wenn das Ausſchließen durchaus unmoͤg-
lich
iſt. Jn dieſer Abſicht nennet man uͤberhaupt
dasjenige Nothwendig, deſſen Gegentheil unmoͤg-
lich iſt.

§. 272.

Da das Alle ſo viel ſagen will, als keines nicht,
und hinwieder das Kein ſo viel, als nicht ein ein-
ziges,
ſo iſt auch hiebey das Nicht der Grund des
Entgegenſetzens, wie es der Grund deſſelben bey dem
Bindewoͤrtchen und bey den Beſtimmungen iſt.
Demnach hat das Entgegenſetzen, eben ſo, wie
das Widerſprechen, die Verſchiedenheit zur
Grundlage, (§. 253. 268.). Das Widerſprechen
aͤußert ſich, wenn Beſtimmungen, die einan-
der entgegengeſetzt ſind, in einen Begriff zu-
ſammen genommen werden,
und folglich, wenn
man ſetzet, ein Ding ſey A und NichtA zugleich,
oder es ſey und ſey (zugleich und in eben dem Sinne)
nicht. Uebrigens iſt noch anzumerken, daß wenn
mehrere Dinge oder Beſtimmungen in gewiſſer Ab-
ſicht einander entgegengeſetzt werden muͤſſen, man es
zugleich mit allen muͤſſe vornehmen, weil es ſonſt den

Anſchein
Lamb. Archit. I. B. R
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[257/0293] und das Nicht nothwendig ſeyn. auch entgegengeſetzt ſind. Der abſoluteſte Gegenſatz hiebey findet ſich zwiſchen den zweyen Extremis Alle, Kein, und dieſer geht mit dem iſt und iſt nicht zu Paaren, (§. 242.). So fern man aber in Beweiſen nicht an dem iſt oder iſt nicht, ſondern an der All- gemeinheit zweifelt, oder darauf ſieht, wie es die wiſſenſchaftliche Erkenntniß erfordert, ſo ſetzet man das Alle dem etliche nicht, und das Kein dem etliche ſind entgegen. Und da iſt der Satz allgemein wahr, wenn es falſch iſt, daß auch nur eines ſollte ausge- ſchloſſen werden, und er iſt nothwendig allgemein wahr, wenn das Ausſchließen durchaus unmoͤg- lich iſt. Jn dieſer Abſicht nennet man uͤberhaupt dasjenige Nothwendig, deſſen Gegentheil unmoͤg- lich iſt. §. 272. Da das Alle ſo viel ſagen will, als keines nicht, und hinwieder das Kein ſo viel, als nicht ein ein- ziges, ſo iſt auch hiebey das Nicht der Grund des Entgegenſetzens, wie es der Grund deſſelben bey dem Bindewoͤrtchen und bey den Beſtimmungen iſt. Demnach hat das Entgegenſetzen, eben ſo, wie das Widerſprechen, die Verſchiedenheit zur Grundlage, (§. 253. 268.). Das Widerſprechen aͤußert ſich, wenn Beſtimmungen, die einan- der entgegengeſetzt ſind, in einen Begriff zu- ſammen genommen werden, und folglich, wenn man ſetzet, ein Ding ſey A und Nicht ‒ A zugleich, oder es ſey und ſey (zugleich und in eben dem Sinne) nicht. Uebrigens iſt noch anzumerken, daß wenn mehrere Dinge oder Beſtimmungen in gewiſſer Ab- ſicht einander entgegengeſetzt werden muͤſſen, man es zugleich mit allen muͤſſe vornehmen, weil es ſonſt den Anſchein Lamb. Archit. I. B. R

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/293>, abgerufen am 22.11.2024.