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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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XI. Hauptstück.
§. 317.

So fern demnach bey Gesetzen des Zusammenhan-
ges und bey dem blinden Zufalle jede Ordnungen und
Unordnungen seyn können, so ferne gränzen beyde sehr
nahe an einander, ungeachtet, wo Gesetze und Auswahl
und Absichten sind, der Zufall, auch wenn er möglich
wäre, ausgeschlossen bleibt. Man setzet aber dem
blinden Zufalle nicht nur die Gesetze und Auswahl,
sondern auch die absolute oder fatale Nothwen-
digkeit
entgegen, ein Ausdruck, der sich eben so,
wie der Zufall, nur symbolisch definiren läßt, und
darinn besteht, daß, was in der Welt geschieht, eben
so nothwendig geschehe, als zwey mal zwey vier ist,
oder, daß Existenz und Folge der Dinge eine durchaus
geometrische Nothwendigkeit habe. Dieser Begriff
läßt demnach Gesetze zu, aber er schleußt alle Aus-
wahl
aus. Er ist aber von dem blinden Zufalle,
welcher Gesetze und Auswahl zugleich ausschleußt,
nicht so weit entfernt, daß nicht beyde öfters sollten
können vermenget werden, wenn man beyde nach der
Ordnung schätzet, in welcher die Dinge auf einander
folgen.

§. 318.

Um dieses umständlicher aus einander zu setzen,
wollen wir anmerken, daß ungeachtet bey dem blin-
den Zufall ebenfalls Ordnung in den Dingen
seyn kann, die Ordnung dennoch am unwahr-
scheinlichsten ist, weil unzählig mal mehr Un-
ordnungen als Ordnungen möglich sind.
Man
setze nun, jemand ziehe unter 9 Zetteln, die mit N°. 1,
2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 0 bezeichnet sind, immer einen
heraus, lege ihn wiederum hinein, um einen andern
zu ziehen, zeichne jedes gezogene N°. auf, und unge-

achtet
XI. Hauptſtuͤck.
§. 317.

So fern demnach bey Geſetzen des Zuſammenhan-
ges und bey dem blinden Zufalle jede Ordnungen und
Unordnungen ſeyn koͤnnen, ſo ferne graͤnzen beyde ſehr
nahe an einander, ungeachtet, wo Geſetze und Auswahl
und Abſichten ſind, der Zufall, auch wenn er moͤglich
waͤre, ausgeſchloſſen bleibt. Man ſetzet aber dem
blinden Zufalle nicht nur die Geſetze und Auswahl,
ſondern auch die abſolute oder fatale Nothwen-
digkeit
entgegen, ein Ausdruck, der ſich eben ſo,
wie der Zufall, nur ſymboliſch definiren laͤßt, und
darinn beſteht, daß, was in der Welt geſchieht, eben
ſo nothwendig geſchehe, als zwey mal zwey vier iſt,
oder, daß Exiſtenz und Folge der Dinge eine durchaus
geometriſche Nothwendigkeit habe. Dieſer Begriff
laͤßt demnach Geſetze zu, aber er ſchleußt alle Aus-
wahl
aus. Er iſt aber von dem blinden Zufalle,
welcher Geſetze und Auswahl zugleich ausſchleußt,
nicht ſo weit entfernt, daß nicht beyde oͤfters ſollten
koͤnnen vermenget werden, wenn man beyde nach der
Ordnung ſchaͤtzet, in welcher die Dinge auf einander
folgen.

§. 318.

Um dieſes umſtaͤndlicher aus einander zu ſetzen,
wollen wir anmerken, daß ungeachtet bey dem blin-
den Zufall ebenfalls Ordnung in den Dingen
ſeyn kann, die Ordnung dennoch am unwahr-
ſcheinlichſten iſt, weil unzaͤhlig mal mehr Un-
ordnungen als Ordnungen moͤglich ſind.
Man
ſetze nun, jemand ziehe unter 9 Zetteln, die mit N°. 1,
2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 0 bezeichnet ſind, immer einen
heraus, lege ihn wiederum hinein, um einen andern
zu ziehen, zeichne jedes gezogene N°. auf, und unge-

achtet
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[308/0344] XI. Hauptſtuͤck. §. 317. So fern demnach bey Geſetzen des Zuſammenhan- ges und bey dem blinden Zufalle jede Ordnungen und Unordnungen ſeyn koͤnnen, ſo ferne graͤnzen beyde ſehr nahe an einander, ungeachtet, wo Geſetze und Auswahl und Abſichten ſind, der Zufall, auch wenn er moͤglich waͤre, ausgeſchloſſen bleibt. Man ſetzet aber dem blinden Zufalle nicht nur die Geſetze und Auswahl, ſondern auch die abſolute oder fatale Nothwen- digkeit entgegen, ein Ausdruck, der ſich eben ſo, wie der Zufall, nur ſymboliſch definiren laͤßt, und darinn beſteht, daß, was in der Welt geſchieht, eben ſo nothwendig geſchehe, als zwey mal zwey vier iſt, oder, daß Exiſtenz und Folge der Dinge eine durchaus geometriſche Nothwendigkeit habe. Dieſer Begriff laͤßt demnach Geſetze zu, aber er ſchleußt alle Aus- wahl aus. Er iſt aber von dem blinden Zufalle, welcher Geſetze und Auswahl zugleich ausſchleußt, nicht ſo weit entfernt, daß nicht beyde oͤfters ſollten koͤnnen vermenget werden, wenn man beyde nach der Ordnung ſchaͤtzet, in welcher die Dinge auf einander folgen. §. 318. Um dieſes umſtaͤndlicher aus einander zu ſetzen, wollen wir anmerken, daß ungeachtet bey dem blin- den Zufall ebenfalls Ordnung in den Dingen ſeyn kann, die Ordnung dennoch am unwahr- ſcheinlichſten iſt, weil unzaͤhlig mal mehr Un- ordnungen als Ordnungen moͤglich ſind. Man ſetze nun, jemand ziehe unter 9 Zetteln, die mit N°. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 0 bezeichnet ſind, immer einen heraus, lege ihn wiederum hinein, um einen andern zu ziehen, zeichne jedes gezogene N°. auf, und unge- achtet

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/344>, abgerufen am 24.11.2024.