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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Vor seyn und das Nach seyn.
vationen vor sich hat, durch verschiedene Vergleichun-
gen derselben unter sich zeigen, daß die Barometer-
höhe des einen Tages von den Höhen der vorhergehen-
den im geringsten nicht unabhängig ist.

§. 335.

Jn allen den Fällen, wo sich die Berechnung der
Wahrscheinlichkeit anbringen läßt, kömmt die Frage
nicht darauf an, ob ein blinder Zufall die gleiche
Möglichkeit der Fälle herfürbringe, sondern nur, ob
sie dergestalt statt habe, daß keine locale Ordnung
in der Art vorkomme, wie sie auf einander folgen?
Denn bey dem blinden Zufalle würden zum Beyspiele,
in Ansehung der Würfel, alle Fälle gleich möglich
bleiben, wenn schon die Seiten der Würfel ungleich,
und die breitere Seite mit Bley gefüttert, oder die
schmälere inwendig hohl wäre. Es ist aber niemand
in Abrede, daß bey solchen Würfeln die Möglichkeit
der Fälle ungleich sey, und daß die schmälere und
leichtere Seite häufiger oben zu fallen kömmt, als die
übrigen. Sind aber alle Seiten und Ecken gleich,
und der Würfel ist inwendig von einförmiger Dichtig-
keit, so sind, in Absicht auf den Würfel alle Fälle
gleich möglich, und die Ursachen, die ihn so und an-
ders fallen machen, laufen jede nach ihren eigenen
Gesetzen viel zu sehr durch einander, als daß nicht
auch jede Augen gleich vielmal fallen sollten, wenn
die Würfe unendlich wiederholt werden, und bey dem
Werfen alle Auswahl wegbleibt.

§. 336.

Nimmt man aber in der wirklichen Welt diejeni-
gen Veränderungen, wobey sich die Ordnung nicht
vorausbestimmen läßt, und theilt sie in Classen, um

die
X 4

Das Vor ſeyn und das Nach ſeyn.
vationen vor ſich hat, durch verſchiedene Vergleichun-
gen derſelben unter ſich zeigen, daß die Barometer-
hoͤhe des einen Tages von den Hoͤhen der vorhergehen-
den im geringſten nicht unabhaͤngig iſt.

§. 335.

Jn allen den Faͤllen, wo ſich die Berechnung der
Wahrſcheinlichkeit anbringen laͤßt, koͤmmt die Frage
nicht darauf an, ob ein blinder Zufall die gleiche
Moͤglichkeit der Faͤlle herfuͤrbringe, ſondern nur, ob
ſie dergeſtalt ſtatt habe, daß keine locale Ordnung
in der Art vorkomme, wie ſie auf einander folgen?
Denn bey dem blinden Zufalle wuͤrden zum Beyſpiele,
in Anſehung der Wuͤrfel, alle Faͤlle gleich moͤglich
bleiben, wenn ſchon die Seiten der Wuͤrfel ungleich,
und die breitere Seite mit Bley gefuͤttert, oder die
ſchmaͤlere inwendig hohl waͤre. Es iſt aber niemand
in Abrede, daß bey ſolchen Wuͤrfeln die Moͤglichkeit
der Faͤlle ungleich ſey, und daß die ſchmaͤlere und
leichtere Seite haͤufiger oben zu fallen koͤmmt, als die
uͤbrigen. Sind aber alle Seiten und Ecken gleich,
und der Wuͤrfel iſt inwendig von einfoͤrmiger Dichtig-
keit, ſo ſind, in Abſicht auf den Wuͤrfel alle Faͤlle
gleich moͤglich, und die Urſachen, die ihn ſo und an-
ders fallen machen, laufen jede nach ihren eigenen
Geſetzen viel zu ſehr durch einander, als daß nicht
auch jede Augen gleich vielmal fallen ſollten, wenn
die Wuͤrfe unendlich wiederholt werden, und bey dem
Werfen alle Auswahl wegbleibt.

§. 336.

Nimmt man aber in der wirklichen Welt diejeni-
gen Veraͤnderungen, wobey ſich die Ordnung nicht
vorausbeſtimmen laͤßt, und theilt ſie in Claſſen, um

die
X 4
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[327/0363] Das Vor ſeyn und das Nach ſeyn. vationen vor ſich hat, durch verſchiedene Vergleichun- gen derſelben unter ſich zeigen, daß die Barometer- hoͤhe des einen Tages von den Hoͤhen der vorhergehen- den im geringſten nicht unabhaͤngig iſt. §. 335. Jn allen den Faͤllen, wo ſich die Berechnung der Wahrſcheinlichkeit anbringen laͤßt, koͤmmt die Frage nicht darauf an, ob ein blinder Zufall die gleiche Moͤglichkeit der Faͤlle herfuͤrbringe, ſondern nur, ob ſie dergeſtalt ſtatt habe, daß keine locale Ordnung in der Art vorkomme, wie ſie auf einander folgen? Denn bey dem blinden Zufalle wuͤrden zum Beyſpiele, in Anſehung der Wuͤrfel, alle Faͤlle gleich moͤglich bleiben, wenn ſchon die Seiten der Wuͤrfel ungleich, und die breitere Seite mit Bley gefuͤttert, oder die ſchmaͤlere inwendig hohl waͤre. Es iſt aber niemand in Abrede, daß bey ſolchen Wuͤrfeln die Moͤglichkeit der Faͤlle ungleich ſey, und daß die ſchmaͤlere und leichtere Seite haͤufiger oben zu fallen koͤmmt, als die uͤbrigen. Sind aber alle Seiten und Ecken gleich, und der Wuͤrfel iſt inwendig von einfoͤrmiger Dichtig- keit, ſo ſind, in Abſicht auf den Wuͤrfel alle Faͤlle gleich moͤglich, und die Urſachen, die ihn ſo und an- ders fallen machen, laufen jede nach ihren eigenen Geſetzen viel zu ſehr durch einander, als daß nicht auch jede Augen gleich vielmal fallen ſollten, wenn die Wuͤrfe unendlich wiederholt werden, und bey dem Werfen alle Auswahl wegbleibt. §. 336. Nimmt man aber in der wirklichen Welt diejeni- gen Veraͤnderungen, wobey ſich die Ordnung nicht vorausbeſtimmen laͤßt, und theilt ſie in Claſſen, um die X 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/363>, abgerufen am 25.11.2024.