Hauptwerke, damit er so wenig, als möglich ist, auf den Erfolg müsse ankommen lassen, und in Zeiten beytragen oder vorbeugen könne. Seine Erkenntniß soll nicht bloß historisch, sondern mehr wissenschaftlich seyn, (§. 610. Dianoiol.).
§. 493.
Dieses Relative in den Anfängen finden wir in allen drey Arten von Zusammenhange. Bey der An- ordnung der Mittel und Absichten ist gewöhnlich eine, die wir als die letzte ansehen, und deren zu Gefallen die übrigen gewählt und angeordnet werden. Bey dieser fängt der Entwurf an. Jn den Wissenschaf- ten suchen wir ebenfalls für jede, und öfters auch für jeden Theil derselben, einen Anfang fest zu setzen, und sie daher auf ein Principium zu bringen, und man sieht es für einen Fehler und Mangel der Er- kenntniß an, wenn ein Lehrgebäud nicht auf ein, son- dern auf mehrere Principia gebauet ist, die wir als von einander unabhängig annehmen, und jedes für sich zugeben müssen. Denn hängen sie von einander ab, so ist es ein Fehler, daß man diese Abhänglichkeit nicht zeiget, oder ein Mangel der Erkenntniß, wenn man sie nicht zeigen kann. Sind sie aber in der That von einander unabhängig, so schließen wir dennoch, daß man ein allgemeinerPrincipium müsse finden können, von welchem sie sich, und vielleicht noch meh- rere andere könnten herleiten lassen. Und dieses hat auch allen Anschein der Richtigkeit. Denn da diese mehrern Principia zu einem Lehrgebäude dienen, und eben diese Einheit es zu einem Ganzen macht, das sich für sich soll können betrachten lassen, so werden sie in demselben mit einander combinirt und verfloch- ten. Dieses würde nun nicht angehen, wenn sie nicht
bey-
XV. Hauptſtuͤck.
Hauptwerke, damit er ſo wenig, als moͤglich iſt, auf den Erfolg muͤſſe ankommen laſſen, und in Zeiten beytragen oder vorbeugen koͤnne. Seine Erkenntniß ſoll nicht bloß hiſtoriſch, ſondern mehr wiſſenſchaftlich ſeyn, (§. 610. Dianoiol.).
§. 493.
Dieſes Relative in den Anfaͤngen finden wir in allen drey Arten von Zuſammenhange. Bey der An- ordnung der Mittel und Abſichten iſt gewoͤhnlich eine, die wir als die letzte anſehen, und deren zu Gefallen die uͤbrigen gewaͤhlt und angeordnet werden. Bey dieſer faͤngt der Entwurf an. Jn den Wiſſenſchaf- ten ſuchen wir ebenfalls fuͤr jede, und oͤfters auch fuͤr jeden Theil derſelben, einen Anfang feſt zu ſetzen, und ſie daher auf ein Principium zu bringen, und man ſieht es fuͤr einen Fehler und Mangel der Er- kenntniß an, wenn ein Lehrgebaͤud nicht auf ein, ſon- dern auf mehrere Principia gebauet iſt, die wir als von einander unabhaͤngig annehmen, und jedes fuͤr ſich zugeben muͤſſen. Denn haͤngen ſie von einander ab, ſo iſt es ein Fehler, daß man dieſe Abhaͤnglichkeit nicht zeiget, oder ein Mangel der Erkenntniß, wenn man ſie nicht zeigen kann. Sind ſie aber in der That von einander unabhaͤngig, ſo ſchließen wir dennoch, daß man ein allgemeinerPrincipium muͤſſe finden koͤnnen, von welchem ſie ſich, und vielleicht noch meh- rere andere koͤnnten herleiten laſſen. Und dieſes hat auch allen Anſchein der Richtigkeit. Denn da dieſe mehrern Principia zu einem Lehrgebaͤude dienen, und eben dieſe Einheit es zu einem Ganzen macht, das ſich fuͤr ſich ſoll koͤnnen betrachten laſſen, ſo werden ſie in demſelben mit einander combinirt und verfloch- ten. Dieſes wuͤrde nun nicht angehen, wenn ſie nicht
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XV. Hauptſtuͤck.
Hauptwerke, damit er ſo wenig, als moͤglich iſt, auf
den Erfolg muͤſſe ankommen laſſen, und in Zeiten
beytragen oder vorbeugen koͤnne. Seine Erkenntniß
ſoll nicht bloß hiſtoriſch, ſondern mehr wiſſenſchaftlich
ſeyn, (§. 610. Dianoiol.).
§. 493.
Dieſes Relative in den Anfaͤngen finden wir in
allen drey Arten von Zuſammenhange. Bey der An-
ordnung der Mittel und Abſichten iſt gewoͤhnlich eine,
die wir als die letzte anſehen, und deren zu Gefallen
die uͤbrigen gewaͤhlt und angeordnet werden. Bey
dieſer faͤngt der Entwurf an. Jn den Wiſſenſchaf-
ten ſuchen wir ebenfalls fuͤr jede, und oͤfters auch fuͤr
jeden Theil derſelben, einen Anfang feſt zu ſetzen,
und ſie daher auf ein Principium zu bringen, und
man ſieht es fuͤr einen Fehler und Mangel der Er-
kenntniß an, wenn ein Lehrgebaͤud nicht auf ein, ſon-
dern auf mehrere Principia gebauet iſt, die wir als
von einander unabhaͤngig annehmen, und jedes fuͤr
ſich zugeben muͤſſen. Denn haͤngen ſie von einander
ab, ſo iſt es ein Fehler, daß man dieſe Abhaͤnglichkeit
nicht zeiget, oder ein Mangel der Erkenntniß, wenn
man ſie nicht zeigen kann. Sind ſie aber in der That
von einander unabhaͤngig, ſo ſchließen wir dennoch,
daß man ein allgemeiner Principium muͤſſe finden
koͤnnen, von welchem ſie ſich, und vielleicht noch meh-
rere andere koͤnnten herleiten laſſen. Und dieſes hat
auch allen Anſchein der Richtigkeit. Denn da dieſe
mehrern Principia zu einem Lehrgebaͤude dienen, und
eben dieſe Einheit es zu einem Ganzen macht, das
ſich fuͤr ſich ſoll koͤnnen betrachten laſſen, ſo werden
ſie in demſelben mit einander combinirt und verfloch-
ten. Dieſes wuͤrde nun nicht angehen, wenn ſie nicht
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/118>, abgerufen am 24.11.2024.
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