Die Gedenkbarkeit der Bewegung sollte natürlicher Weise keinen Schwierigkeiten unterworfen seyn. Jn- dessen hat Zeno, der alle Bewegung in Zweifel zog, solche Schwierigkeiten aufgesucht. Sie sind aber, wie überhaupt alles, was man wider Wahrheiten saget, theils aus Unwissenheit theils aus Sophiste- reyen zusammengesetzet, und wer die Mechanic ver- steht, wird sich dadurch, so scheinbar sie auch Bayle vorzutragen gesucht hat, nicht irre machen lassen. Ueberhaupt wer die Bewegung läugnet, wird die Frage, ob einerley Solides nach und nach an ver- schiedenen Orten existiren könne, nicht anders können zugeben, als wenn er zugiebt, daß es an jedem Orte vernichtet und am andern neu geschaffen werden müsse, wenn es nach und nach an allen seyn soll. Jn einer solchen Succession wäre aber höchstens nur eine locale Ordnung (§. 327.), welche, wenn die Bewe- gung geläugnet oder dabey nicht gebraucht wird, auf eine schlechthin willkührliche Art zu Stande gebracht werden muß, (§. 330.). Ob ferner die Kraft zu schaf- fen verständlicher sey, als die Kraft zu bewegen, be- darf keiner langen Untersuchung. Läugnet man aber beyde, so ist die Gedenkbarkeit, daß einerley Solides nach und nach an verschiedenen Orten seyn könne, und zugleich auch der an sich einfache und daher für sich gedenkbare Begriff der Continuität, ungeachtet in dieser Vorstellung schlechthin kein Widerspruch ist, ein leerer Traum, und ohne metaphysische Wahrheit. Dieses geht aber nicht an, (§. 297. 298.).
§. 380.
Die Lehre von der Mittheilung der Bewegung hat ähnliche Schwierigkeiten gefunden, allem Ansehen
nach
XIII. Hauptſtuͤck.
§. 379.
Die Gedenkbarkeit der Bewegung ſollte natuͤrlicher Weiſe keinen Schwierigkeiten unterworfen ſeyn. Jn- deſſen hat Zeno, der alle Bewegung in Zweifel zog, ſolche Schwierigkeiten aufgeſucht. Sie ſind aber, wie uͤberhaupt alles, was man wider Wahrheiten ſaget, theils aus Unwiſſenheit theils aus Sophiſte- reyen zuſammengeſetzet, und wer die Mechanic ver- ſteht, wird ſich dadurch, ſo ſcheinbar ſie auch Bayle vorzutragen geſucht hat, nicht irre machen laſſen. Ueberhaupt wer die Bewegung laͤugnet, wird die Frage, ob einerley Solides nach und nach an ver- ſchiedenen Orten exiſtiren koͤnne, nicht anders koͤnnen zugeben, als wenn er zugiebt, daß es an jedem Orte vernichtet und am andern neu geſchaffen werden muͤſſe, wenn es nach und nach an allen ſeyn ſoll. Jn einer ſolchen Succeſſion waͤre aber hoͤchſtens nur eine locale Ordnung (§. 327.), welche, wenn die Bewe- gung gelaͤugnet oder dabey nicht gebraucht wird, auf eine ſchlechthin willkuͤhrliche Art zu Stande gebracht werden muß, (§. 330.). Ob ferner die Kraft zu ſchaf- fen verſtaͤndlicher ſey, als die Kraft zu bewegen, be- darf keiner langen Unterſuchung. Laͤugnet man aber beyde, ſo iſt die Gedenkbarkeit, daß einerley Solides nach und nach an verſchiedenen Orten ſeyn koͤnne, und zugleich auch der an ſich einfache und daher fuͤr ſich gedenkbare Begriff der Continuitaͤt, ungeachtet in dieſer Vorſtellung ſchlechthin kein Widerſpruch iſt, ein leerer Traum, und ohne metaphyſiſche Wahrheit. Dieſes geht aber nicht an, (§. 297. 298.).
§. 380.
Die Lehre von der Mittheilung der Bewegung hat aͤhnliche Schwierigkeiten gefunden, allem Anſehen
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XIII. Hauptſtuͤck.
§. 379.
Die Gedenkbarkeit der Bewegung ſollte natuͤrlicher
Weiſe keinen Schwierigkeiten unterworfen ſeyn. Jn-
deſſen hat Zeno, der alle Bewegung in Zweifel zog,
ſolche Schwierigkeiten aufgeſucht. Sie ſind aber,
wie uͤberhaupt alles, was man wider Wahrheiten
ſaget, theils aus Unwiſſenheit theils aus Sophiſte-
reyen zuſammengeſetzet, und wer die Mechanic ver-
ſteht, wird ſich dadurch, ſo ſcheinbar ſie auch Bayle
vorzutragen geſucht hat, nicht irre machen laſſen.
Ueberhaupt wer die Bewegung laͤugnet, wird die
Frage, ob einerley Solides nach und nach an ver-
ſchiedenen Orten exiſtiren koͤnne, nicht anders koͤnnen
zugeben, als wenn er zugiebt, daß es an jedem
Orte vernichtet und am andern neu geſchaffen werden
muͤſſe, wenn es nach und nach an allen ſeyn ſoll. Jn
einer ſolchen Succeſſion waͤre aber hoͤchſtens nur eine
locale Ordnung (§. 327.), welche, wenn die Bewe-
gung gelaͤugnet oder dabey nicht gebraucht wird, auf
eine ſchlechthin willkuͤhrliche Art zu Stande gebracht
werden muß, (§. 330.). Ob ferner die Kraft zu ſchaf-
fen verſtaͤndlicher ſey, als die Kraft zu bewegen, be-
darf keiner langen Unterſuchung. Laͤugnet man aber
beyde, ſo iſt die Gedenkbarkeit, daß einerley Solides
nach und nach an verſchiedenen Orten ſeyn koͤnne, und
zugleich auch der an ſich einfache und daher fuͤr ſich
gedenkbare Begriff der Continuitaͤt, ungeachtet in
dieſer Vorſtellung ſchlechthin kein Widerſpruch iſt,
ein leerer Traum, und ohne metaphyſiſche Wahrheit.
Dieſes geht aber nicht an, (§. 297. 298.).
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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