Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Zusammensetzen.
können, so giebt es letzte oder kleinste Theile, und
diese haben, wie die epicurischen Atomen (§. 207.)
eine Härtigkeit, die durch keine Kraft, so groß man
sich auch gedenken will, überwunden werden kann,
und sie lassen sich weder ganz noch theilsweise vernich-
ten. Wir haben daher schon oben (§. 90.) ange-
merket, daß wer die Möglichkeit der Vernichtung
und der Schöpfung aus Nichts zugiebt, an der
unendlichen Theilbarkeit der Materie keine große
Schwierigkeit finden werde, und daß man hiebey
nur die Zeit nicht mit einmengen müsse. Das will
nun so viel sagen.

§. 537.

Wenn das Solide vernichtet, und so auch aus
Nichts erschaffen
werden kann, so lassen sich ab-
gesonderte Theile des Soliden von jeder Größe ge-
denken, die in sich eine absolute Continuität haben,
die sich mit eben der Continuität an anderes ansetzen
lassen, und mit demselben, so lange sie nicht wieder
getrennet werden, ein Ganzes ausmachen können,
welches ebenfalls eine durchgängige und absolute Con-
tinuität hat. Die Möglichkeit, die Theilung dieses
Ganzen, so weit man will, fortzusetzen, und damit
immer kleinere Theile abzusondern, ist dabey positiv
und uneingeschränkt. Sie geht aber nicht anders bis
zur Vernichtung, als wenn ein Theil, der eine wirk-
liche Größe hat, so klein diese auch seyn mag, mit
einem Male vernichtet, folglich, nicht ,
sondern wird. Denn bey bleibt im-
mer noch etwas, welches aber zu 1 keine bestimmte
Verhältniß hat, weil \infty die Möglichkeit weiter zu

theilen

Das Zuſammenſetzen.
koͤnnen, ſo giebt es letzte oder kleinſte Theile, und
dieſe haben, wie die epicuriſchen Atomen (§. 207.)
eine Haͤrtigkeit, die durch keine Kraft, ſo groß man
ſich auch gedenken will, uͤberwunden werden kann,
und ſie laſſen ſich weder ganz noch theilsweiſe vernich-
ten. Wir haben daher ſchon oben (§. 90.) ange-
merket, daß wer die Moͤglichkeit der Vernichtung
und der Schoͤpfung aus Nichts zugiebt, an der
unendlichen Theilbarkeit der Materie keine große
Schwierigkeit finden werde, und daß man hiebey
nur die Zeit nicht mit einmengen muͤſſe. Das will
nun ſo viel ſagen.

§. 537.

Wenn das Solide vernichtet, und ſo auch aus
Nichts erſchaffen
werden kann, ſo laſſen ſich ab-
geſonderte Theile des Soliden von jeder Groͤße ge-
denken, die in ſich eine abſolute Continuitaͤt haben,
die ſich mit eben der Continuitaͤt an anderes anſetzen
laſſen, und mit demſelben, ſo lange ſie nicht wieder
getrennet werden, ein Ganzes ausmachen koͤnnen,
welches ebenfalls eine durchgaͤngige und abſolute Con-
tinuitaͤt hat. Die Moͤglichkeit, die Theilung dieſes
Ganzen, ſo weit man will, fortzuſetzen, und damit
immer kleinere Theile abzuſondern, iſt dabey poſitiv
und uneingeſchraͤnkt. Sie geht aber nicht anders bis
zur Vernichtung, als wenn ein Theil, der eine wirk-
liche Groͤße hat, ſo klein dieſe auch ſeyn mag, mit
einem Male vernichtet, folglich, nicht ,
ſondern wird. Denn bey bleibt im-
mer noch etwas, welches aber zu 1 keine beſtimmte
Verhaͤltniß hat, weil \infty die Moͤglichkeit weiter zu

theilen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0163" n="155"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzen.</hi></fw><lb/>
ko&#x0364;nnen, &#x017F;o giebt es <hi rendition="#fr">letzte</hi> oder <hi rendition="#fr">klein&#x017F;te</hi> Theile, und<lb/>
die&#x017F;e haben, wie die epicuri&#x017F;chen Atomen (§. 207.)<lb/>
eine Ha&#x0364;rtigkeit, die durch keine Kraft, &#x017F;o groß man<lb/>
&#x017F;ich auch gedenken will, u&#x0364;berwunden werden kann,<lb/>
und &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich weder ganz noch theilswei&#x017F;e vernich-<lb/>
ten. Wir haben daher &#x017F;chon oben (§. 90.) ange-<lb/>
merket, daß wer die Mo&#x0364;glichkeit der <hi rendition="#fr">Vernichtung</hi><lb/>
und der <hi rendition="#fr">Scho&#x0364;pfung aus Nichts</hi> zugiebt, an der<lb/>
unendlichen Theilbarkeit der Materie keine große<lb/>
Schwierigkeit finden werde, und daß man hiebey<lb/>
nur die <hi rendition="#fr">Zeit</hi> nicht mit einmengen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Das will<lb/>
nun &#x017F;o viel &#x017F;agen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 537.</head><lb/>
            <p>Wenn das Solide <hi rendition="#fr">vernichtet,</hi> und &#x017F;o auch <hi rendition="#fr">aus<lb/>
Nichts er&#x017F;chaffen</hi> werden kann, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich ab-<lb/>
ge&#x017F;onderte Theile des Soliden von jeder Gro&#x0364;ße ge-<lb/>
denken, die in &#x017F;ich eine ab&#x017F;olute Continuita&#x0364;t haben,<lb/>
die &#x017F;ich mit eben der Continuita&#x0364;t an anderes an&#x017F;etzen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und mit dem&#x017F;elben, &#x017F;o lange &#x017F;ie nicht wieder<lb/>
getrennet werden, ein Ganzes ausmachen ko&#x0364;nnen,<lb/>
welches ebenfalls eine durchga&#x0364;ngige und ab&#x017F;olute Con-<lb/>
tinuita&#x0364;t hat. Die Mo&#x0364;glichkeit, die Theilung die&#x017F;es<lb/>
Ganzen, &#x017F;o weit man will, fortzu&#x017F;etzen, und damit<lb/>
immer kleinere Theile abzu&#x017F;ondern, i&#x017F;t dabey po&#x017F;itiv<lb/>
und uneinge&#x017F;chra&#x0364;nkt. Sie geht aber nicht anders bis<lb/>
zur Vernichtung, als wenn ein Theil, der eine wirk-<lb/>
liche Gro&#x0364;ße hat, &#x017F;o klein die&#x017F;e auch &#x017F;eyn mag, mit<lb/>
einem Male vernichtet, folglich, nicht <formula notation="TeX"> \frac {1} {\infty} = 0</formula>,<lb/>
&#x017F;ondern <formula notation="TeX">1 - 1 = 0</formula> wird. Denn bey <formula notation="TeX"> \frac {1} {\infty}</formula> bleibt im-<lb/>
mer noch etwas, welches aber zu 1 keine <hi rendition="#fr">be&#x017F;timmte</hi><lb/>
Verha&#x0364;ltniß hat, weil \infty die Mo&#x0364;glichkeit weiter zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">theilen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0163] Das Zuſammenſetzen. koͤnnen, ſo giebt es letzte oder kleinſte Theile, und dieſe haben, wie die epicuriſchen Atomen (§. 207.) eine Haͤrtigkeit, die durch keine Kraft, ſo groß man ſich auch gedenken will, uͤberwunden werden kann, und ſie laſſen ſich weder ganz noch theilsweiſe vernich- ten. Wir haben daher ſchon oben (§. 90.) ange- merket, daß wer die Moͤglichkeit der Vernichtung und der Schoͤpfung aus Nichts zugiebt, an der unendlichen Theilbarkeit der Materie keine große Schwierigkeit finden werde, und daß man hiebey nur die Zeit nicht mit einmengen muͤſſe. Das will nun ſo viel ſagen. §. 537. Wenn das Solide vernichtet, und ſo auch aus Nichts erſchaffen werden kann, ſo laſſen ſich ab- geſonderte Theile des Soliden von jeder Groͤße ge- denken, die in ſich eine abſolute Continuitaͤt haben, die ſich mit eben der Continuitaͤt an anderes anſetzen laſſen, und mit demſelben, ſo lange ſie nicht wieder getrennet werden, ein Ganzes ausmachen koͤnnen, welches ebenfalls eine durchgaͤngige und abſolute Con- tinuitaͤt hat. Die Moͤglichkeit, die Theilung dieſes Ganzen, ſo weit man will, fortzuſetzen, und damit immer kleinere Theile abzuſondern, iſt dabey poſitiv und uneingeſchraͤnkt. Sie geht aber nicht anders bis zur Vernichtung, als wenn ein Theil, der eine wirk- liche Groͤße hat, ſo klein dieſe auch ſeyn mag, mit einem Male vernichtet, folglich, nicht [FORMEL], ſondern [FORMEL] wird. Denn bey [FORMEL] bleibt im- mer noch etwas, welches aber zu 1 keine beſtimmte Verhaͤltniß hat, weil \infty die Moͤglichkeit weiter zu theilen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/163
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/163>, abgerufen am 23.11.2024.