Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.Ursachen und Wirkungen. des Gleichgewichtes der Kräfte, wobey gleichsamalles in Ruhe bleibt, von der Ueberwucht unter- scheiden, welche eine Veränderung nach sich zieht. Man ist gewöhnt, mehrentheils nur da von Ursachen zu reden, wo die Wirkung in die Sinne fällt, und demnach vornehmlich nur, wo Veränderungen vor- gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht statt hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie sie waren, da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind- lichen Kräfte und des Gleichgewichtes, das dabey statt hat, fast immer nur durch Schlüsse heraus, und spricht daher eher von Gründen als von wir- kenden Ursachen, ungeachtet diese allerdings mit dabey sind. Nach diesen vorläufigen Anmerkungen werden wir anfangen, die Ursachen der Verände- rungen zu betrachten. §. 586. Die Ursachen und Wirkungen setzen immer chen
Urſachen und Wirkungen. des Gleichgewichtes der Kraͤfte, wobey gleichſamalles in Ruhe bleibt, von der Ueberwucht unter- ſcheiden, welche eine Veraͤnderung nach ſich zieht. Man iſt gewoͤhnt, mehrentheils nur da von Urſachen zu reden, wo die Wirkung in die Sinne faͤllt, und demnach vornehmlich nur, wo Veraͤnderungen vor- gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht ſtatt hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie ſie waren, da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind- lichen Kraͤfte und des Gleichgewichtes, das dabey ſtatt hat, faſt immer nur durch Schluͤſſe heraus, und ſpricht daher eher von Gruͤnden als von wir- kenden Urſachen, ungeachtet dieſe allerdings mit dabey ſind. Nach dieſen vorlaͤufigen Anmerkungen werden wir anfangen, die Urſachen der Veraͤnde- rungen zu betrachten. §. 586. Die Urſachen und Wirkungen ſetzen immer chen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0215" n="207"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Urſachen und Wirkungen.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">des Gleichgewichtes</hi> der Kraͤfte, wobey gleichſam<lb/> alles in Ruhe bleibt, von der <hi rendition="#fr">Ueberwucht</hi> unter-<lb/> ſcheiden, welche eine Veraͤnderung nach ſich zieht.<lb/> Man iſt gewoͤhnt, mehrentheils nur da von <hi rendition="#fr">Urſachen</hi><lb/> zu reden, wo die Wirkung in die Sinne faͤllt, und<lb/> demnach vornehmlich nur, wo <hi rendition="#fr">Veraͤnderungen</hi> vor-<lb/> gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht ſtatt<lb/> hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie ſie waren,<lb/> da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind-<lb/> lichen Kraͤfte und des Gleichgewichtes, das dabey<lb/> ſtatt hat, faſt immer nur durch Schluͤſſe heraus,<lb/> und ſpricht daher eher von <hi rendition="#fr">Gruͤnden</hi> als von <hi rendition="#fr">wir-<lb/> kenden Urſachen,</hi> ungeachtet dieſe allerdings mit<lb/> dabey ſind. Nach dieſen vorlaͤufigen Anmerkungen<lb/> werden wir anfangen, die <hi rendition="#fr">Urſachen der Veraͤnde-<lb/> rungen</hi> zu betrachten.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 586.</head><lb/> <p>Die <hi rendition="#fr">Urſachen</hi> und <hi rendition="#fr">Wirkungen</hi> ſetzen immer<lb/> wenigſtens zwo Subſtanzen voraus. Jn der einen<lb/> ſoll eine <hi rendition="#fr">Veraͤnderung</hi> vorgehen. Sie kann daher<lb/> auf zweyerley Arten betrachtet werden. 1°. Ehe die<lb/> Veraͤnderung vorgegangen. 2°. Nachdem ſie vorge-<lb/> gangen. Die Veraͤnderung ſelbſt macht, daß ſie nicht<lb/> mehr durchaus und in allen Abſichten eben dieſelbe<lb/> Subſtanz iſt, die ſie vor der Veraͤnderung war; und<lb/> alle Verſchiedenheit, die ſich bey der Vergleichung<lb/> des erſten und andern Zuſtandes befindet, ruͤhrt von<lb/> der geſchehenen Veraͤnderung her; und wenn man den<lb/> letztern Zuſtand mit dem erſtern identificiren will, ſo<lb/> muß man, was zu der Subſtanz bey der Veraͤnde-<lb/> rung hinzugekommen, in Gedanken wegnehmen,<lb/> und im Gegentheile wiederum hinzuſetzen, was weg-<lb/> gekommen war, es mag nun dieſes durch die Zei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [207/0215]
Urſachen und Wirkungen.
des Gleichgewichtes der Kraͤfte, wobey gleichſam
alles in Ruhe bleibt, von der Ueberwucht unter-
ſcheiden, welche eine Veraͤnderung nach ſich zieht.
Man iſt gewoͤhnt, mehrentheils nur da von Urſachen
zu reden, wo die Wirkung in die Sinne faͤllt, und
demnach vornehmlich nur, wo Veraͤnderungen vor-
gehen. Hingegen, wo ein bloßes Gleichgewicht ſtatt
hat, wo folglich die Sachen bleiben, wie ſie waren,
da bringt man den Begriff der dennoch dabey befind-
lichen Kraͤfte und des Gleichgewichtes, das dabey
ſtatt hat, faſt immer nur durch Schluͤſſe heraus,
und ſpricht daher eher von Gruͤnden als von wir-
kenden Urſachen, ungeachtet dieſe allerdings mit
dabey ſind. Nach dieſen vorlaͤufigen Anmerkungen
werden wir anfangen, die Urſachen der Veraͤnde-
rungen zu betrachten.
§. 586.
Die Urſachen und Wirkungen ſetzen immer
wenigſtens zwo Subſtanzen voraus. Jn der einen
ſoll eine Veraͤnderung vorgehen. Sie kann daher
auf zweyerley Arten betrachtet werden. 1°. Ehe die
Veraͤnderung vorgegangen. 2°. Nachdem ſie vorge-
gangen. Die Veraͤnderung ſelbſt macht, daß ſie nicht
mehr durchaus und in allen Abſichten eben dieſelbe
Subſtanz iſt, die ſie vor der Veraͤnderung war; und
alle Verſchiedenheit, die ſich bey der Vergleichung
des erſten und andern Zuſtandes befindet, ruͤhrt von
der geſchehenen Veraͤnderung her; und wenn man den
letztern Zuſtand mit dem erſtern identificiren will, ſo
muß man, was zu der Subſtanz bey der Veraͤnde-
rung hinzugekommen, in Gedanken wegnehmen,
und im Gegentheile wiederum hinzuſetzen, was weg-
gekommen war, es mag nun dieſes durch die Zei-
chen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |