Wenn nämlich eine Veränderung geschehen soll, und die eine Substanz ist in Ruhe, so muß in der andern vorerst eine Aenderung vorgehen, ehe sie in diese wirkt. Der Grund ist offenbar, weil sonst die Wirkung bereits vorgegangen wäre. Damit sie dem- nach anfangen könne, zu wirken, muß sie gleichsam zu diesem Anfange vorbereitet werden, oder wenn sie eine Kraft ist, das will sagen, den Grund ihrer Wirk- samkeit in sich, oder eine eigene Activität hat, sich selbst dazu anschicken. Dieses Anfangen macht, daß man sie Ursache nennet, (§. 584. 585.). Es ist aber gar nicht nothwendig, daß nur eine anfange, weil es bey beyden zugleich eben so gut möglich ist. Jn diesem Falle werden demnach beyde zugleich Ursa- chen genennet werden müssen, weil bey der Verän- derung, die sie, eine in der andern, verursachen, jede ihre Wirksamkeit und Gegenwirkung äußert. Da es nun hiebey nicht darauf ankömmt, wie viel oder wenig jede der beyden Substanzen sich zu der Verän- derung angeschickt hat, und man nur auf die Summe der Veränderungen selbst sieht, so kann die Summe der Veränderungen, die jede Substanz besonders er- litten, für sich eine Wirkung genennet werden.
§. 590.
Wir benennen nun mehrentheils sehr zusammen- gesetzte Veränderungen, und so auch die Ursachen, die sie hervorbringen, mit einem einzigen Worte, wel- ches gewöhnlich ein Zeitwort oder davon abgeleitet ist. Dieses zeiget folglich die Sache überhaupt an, ohne jede einzelne Theile zu benennen, und in so fern ist es nur ein abgekürzter Ausdruck, welcher statt einer Sacherklärung gebraucht wird, es sey, daß wir
diese
XIX. Hauptſtuͤck.
§. 589.
Wenn naͤmlich eine Veraͤnderung geſchehen ſoll, und die eine Subſtanz iſt in Ruhe, ſo muß in der andern vorerſt eine Aenderung vorgehen, ehe ſie in dieſe wirkt. Der Grund iſt offenbar, weil ſonſt die Wirkung bereits vorgegangen waͤre. Damit ſie dem- nach anfangen koͤnne, zu wirken, muß ſie gleichſam zu dieſem Anfange vorbereitet werden, oder wenn ſie eine Kraft iſt, das will ſagen, den Grund ihrer Wirk- ſamkeit in ſich, oder eine eigene Activitaͤt hat, ſich ſelbſt dazu anſchicken. Dieſes Anfangen macht, daß man ſie Urſache nennet, (§. 584. 585.). Es iſt aber gar nicht nothwendig, daß nur eine anfange, weil es bey beyden zugleich eben ſo gut moͤglich iſt. Jn dieſem Falle werden demnach beyde zugleich Urſa- chen genennet werden muͤſſen, weil bey der Veraͤn- derung, die ſie, eine in der andern, verurſachen, jede ihre Wirkſamkeit und Gegenwirkung aͤußert. Da es nun hiebey nicht darauf ankoͤmmt, wie viel oder wenig jede der beyden Subſtanzen ſich zu der Veraͤn- derung angeſchickt hat, und man nur auf die Summe der Veraͤnderungen ſelbſt ſieht, ſo kann die Summe der Veraͤnderungen, die jede Subſtanz beſonders er- litten, fuͤr ſich eine Wirkung genennet werden.
§. 590.
Wir benennen nun mehrentheils ſehr zuſammen- geſetzte Veraͤnderungen, und ſo auch die Urſachen, die ſie hervorbringen, mit einem einzigen Worte, wel- ches gewoͤhnlich ein Zeitwort oder davon abgeleitet iſt. Dieſes zeiget folglich die Sache uͤberhaupt an, ohne jede einzelne Theile zu benennen, und in ſo fern iſt es nur ein abgekuͤrzter Ausdruck, welcher ſtatt einer Sacherklaͤrung gebraucht wird, es ſey, daß wir
dieſe
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XIX. Hauptſtuͤck.
§. 589.
Wenn naͤmlich eine Veraͤnderung geſchehen ſoll,
und die eine Subſtanz iſt in Ruhe, ſo muß in der
andern vorerſt eine Aenderung vorgehen, ehe ſie in
dieſe wirkt. Der Grund iſt offenbar, weil ſonſt die
Wirkung bereits vorgegangen waͤre. Damit ſie dem-
nach anfangen koͤnne, zu wirken, muß ſie gleichſam
zu dieſem Anfange vorbereitet werden, oder wenn ſie
eine Kraft iſt, das will ſagen, den Grund ihrer Wirk-
ſamkeit in ſich, oder eine eigene Activitaͤt hat, ſich
ſelbſt dazu anſchicken. Dieſes Anfangen macht,
daß man ſie Urſache nennet, (§. 584. 585.). Es iſt
aber gar nicht nothwendig, daß nur eine anfange, weil
es bey beyden zugleich eben ſo gut moͤglich iſt. Jn
dieſem Falle werden demnach beyde zugleich Urſa-
chen genennet werden muͤſſen, weil bey der Veraͤn-
derung, die ſie, eine in der andern, verurſachen, jede
ihre Wirkſamkeit und Gegenwirkung aͤußert. Da
es nun hiebey nicht darauf ankoͤmmt, wie viel oder
wenig jede der beyden Subſtanzen ſich zu der Veraͤn-
derung angeſchickt hat, und man nur auf die Summe
der Veraͤnderungen ſelbſt ſieht, ſo kann die Summe
der Veraͤnderungen, die jede Subſtanz beſonders er-
litten, fuͤr ſich eine Wirkung genennet werden.
§. 590.
Wir benennen nun mehrentheils ſehr zuſammen-
geſetzte Veraͤnderungen, und ſo auch die Urſachen,
die ſie hervorbringen, mit einem einzigen Worte, wel-
ches gewoͤhnlich ein Zeitwort oder davon abgeleitet iſt.
Dieſes zeiget folglich die Sache uͤberhaupt an, ohne
jede einzelne Theile zu benennen, und in ſo fern iſt
es nur ein abgekuͤrzter Ausdruck, welcher ſtatt einer
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/218>, abgerufen am 23.11.2024.
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