gungen näher einschränken. Ein Zeichen muß nämlich in die Sinnen fallen, hingegen muß die Sache, die es anzeiget, nicht zugleich mit in die Sinnen fallen, und uns schlechthin nur durch das Zeichen bekannt werden. Denn fiele das Zeichen nicht in die Sinnen, so müßte es aus etwas anderm geschlossen werden, und dieses würde sodann eigentlich das Zeichen seyn, (Semiot. §. 10.). Fiele aber die Sache zugleich mit in die Sinnen, oder wäre sie uns an sich schon bekannt, so würde das Zeichen überflüßig seyn, weil wir seiner Bedeutung nicht bedürften.
§. 652.
Hiebey wird nun der Ausdruck, die Sache müsse nicht zugleich mit in die Sinnen fallen, so ge- nommen, daß sie entweder bereits vorgegangen, oder erst noch folge, oder dergestalt zugleich mit sey, daß die unmittelbare Empfindung derselben durch ande- res verhindert werde, oder auf irgend eine andere Art, z. E. wegen der Kleinheit der Theile etc. nicht gesehen oder empfunden werden könne. Dadurch un- terscheiden sich auch die Zeichen von den eigentlich sogenannten Kennzeichen und Merkmalen. Denn bey diesen kann die Sache selbst zugleich mit in die Sinnen fallen, und das Kennzeichen, welches sich auch gemeiniglich an derselben befindet, dienet nur, um uns anzuzeigen, daß es diejenige Sache sey, die wir bereits dem Namen nach kennen, oder aus an- dern Umständen einigen Begriff davon haben. Auf solche Kennzeichen oder Merkmale, die an der Sache selbst sind, sieht man, wenn man durch Definitio- nen, oder auch nur durch Beschreibungen eine Sache kenntlich machen will, so daß man, wenn und wo
sie
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Zeichen und Bedeutungen.
gungen naͤher einſchraͤnken. Ein Zeichen muß naͤmlich in die Sinnen fallen, hingegen muß die Sache, die es anzeiget, nicht zugleich mit in die Sinnen fallen, und uns ſchlechthin nur durch das Zeichen bekannt werden. Denn fiele das Zeichen nicht in die Sinnen, ſo muͤßte es aus etwas anderm geſchloſſen werden, und dieſes wuͤrde ſodann eigentlich das Zeichen ſeyn, (Semiot. §. 10.). Fiele aber die Sache zugleich mit in die Sinnen, oder waͤre ſie uns an ſich ſchon bekannt, ſo wuͤrde das Zeichen uͤberfluͤßig ſeyn, weil wir ſeiner Bedeutung nicht beduͤrften.
§. 652.
Hiebey wird nun der Ausdruck, die Sache muͤſſe nicht zugleich mit in die Sinnen fallen, ſo ge- nommen, daß ſie entweder bereits vorgegangen, oder erſt noch folge, oder dergeſtalt zugleich mit ſey, daß die unmittelbare Empfindung derſelben durch ande- res verhindert werde, oder auf irgend eine andere Art, z. E. wegen der Kleinheit der Theile ꝛc. nicht geſehen oder empfunden werden koͤnne. Dadurch un- terſcheiden ſich auch die Zeichen von den eigentlich ſogenannten Kennzeichen und Merkmalen. Denn bey dieſen kann die Sache ſelbſt zugleich mit in die Sinnen fallen, und das Kennzeichen, welches ſich auch gemeiniglich an derſelben befindet, dienet nur, um uns anzuzeigen, daß es diejenige Sache ſey, die wir bereits dem Namen nach kennen, oder aus an- dern Umſtaͤnden einigen Begriff davon haben. Auf ſolche Kennzeichen oder Merkmale, die an der Sache ſelbſt ſind, ſieht man, wenn man durch Definitio- nen, oder auch nur durch Beſchreibungen eine Sache kenntlich machen will, ſo daß man, wenn und wo
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Zeichen und Bedeutungen.
gungen naͤher einſchraͤnken. Ein Zeichen muß
naͤmlich in die Sinnen fallen, hingegen muß
die Sache, die es anzeiget, nicht zugleich mit
in die Sinnen fallen, und uns ſchlechthin nur
durch das Zeichen bekannt werden. Denn fiele
das Zeichen nicht in die Sinnen, ſo muͤßte es aus
etwas anderm geſchloſſen werden, und dieſes wuͤrde
ſodann eigentlich das Zeichen ſeyn, (Semiot. §. 10.).
Fiele aber die Sache zugleich mit in die Sinnen,
oder waͤre ſie uns an ſich ſchon bekannt, ſo wuͤrde das
Zeichen uͤberfluͤßig ſeyn, weil wir ſeiner Bedeutung
nicht beduͤrften.
§. 652.
Hiebey wird nun der Ausdruck, die Sache muͤſſe
nicht zugleich mit in die Sinnen fallen, ſo ge-
nommen, daß ſie entweder bereits vorgegangen, oder
erſt noch folge, oder dergeſtalt zugleich mit ſey, daß
die unmittelbare Empfindung derſelben durch ande-
res verhindert werde, oder auf irgend eine andere
Art, z. E. wegen der Kleinheit der Theile ꝛc. nicht
geſehen oder empfunden werden koͤnne. Dadurch un-
terſcheiden ſich auch die Zeichen von den eigentlich
ſogenannten Kennzeichen und Merkmalen. Denn
bey dieſen kann die Sache ſelbſt zugleich mit in die
Sinnen fallen, und das Kennzeichen, welches ſich
auch gemeiniglich an derſelben befindet, dienet nur,
um uns anzuzeigen, daß es diejenige Sache ſey, die
wir bereits dem Namen nach kennen, oder aus an-
dern Umſtaͤnden einigen Begriff davon haben. Auf
ſolche Kennzeichen oder Merkmale, die an der Sache
ſelbſt ſind, ſieht man, wenn man durch Definitio-
nen, oder auch nur durch Beſchreibungen eine Sache
kenntlich machen will, ſo daß man, wenn und wo
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/287>, abgerufen am 21.11.2024.
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