Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
XXI. Hauptstück.
§. 675.

Sofern nun dasjenige, dessen Grade man durch
Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Ursache
ist, so sind jede Dinge, worinn sie ihre Wirkung
nach ihren Stufen sichtbar oder empfindbar äußert,
dazu dienlich, die Unterschiede dieser Grade anzuzei-
gen. Man nimmt aber gewöhnlich solche dazu, die
bey dem gewählten oder vorgegebenen Grad eine be-
merkbare Veränderung leiden. Z. E. man läßt et-
was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis
es eingesotten, geschmolzen, so lang es gebraucht,
ein Ey hart zu sieden etc. Jm Winter schließt man
von den Graden der Kälte aus dem Zufrieren der ste-
henden und fließenden Wasser, aus dem Bersten der
Bäume etc. die dauerhafte Wärme des Frühlings
aus dem Ausschlagen des Maulbeerbaumes, welcher
von der Art zu seyn scheint, daß die Wärme sich bis
ganz unter seine Wurzel in die Erde dringen, und so
tief einen gewissen Grad haben muß, ehe der Saft
in denselben eindringen und steigen kann. Wenn
aber das Erdreich einmal so tief erwärmt ist, so
mögen ein paar Regentage zwar die oberste Fläche
des Bodens erkälten, aber ohne, daß es von
Dauer wäre etc. Uebrigens sind die meisten von
diesen Zeichen der Wärme und Kälte von der Art,
daß sie mit andern Umständen in Verbindung ste-
hen, und daher von dem, was das Thermometer
zeiget, verschieden sind.

§. 676.

Da ferner die Ursache der Wirkung immer vor-
geht, so zeigen solche Zeichen nicht genau den Grad,
den die Ursache in dem Augenblicke hat, sondern einen

andern,
XXI. Hauptſtuͤck.
§. 675.

Sofern nun dasjenige, deſſen Grade man durch
Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Urſache
iſt, ſo ſind jede Dinge, worinn ſie ihre Wirkung
nach ihren Stufen ſichtbar oder empfindbar aͤußert,
dazu dienlich, die Unterſchiede dieſer Grade anzuzei-
gen. Man nimmt aber gewoͤhnlich ſolche dazu, die
bey dem gewaͤhlten oder vorgegebenen Grad eine be-
merkbare Veraͤnderung leiden. Z. E. man laͤßt et-
was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis
es eingeſotten, geſchmolzen, ſo lang es gebraucht,
ein Ey hart zu ſieden ꝛc. Jm Winter ſchließt man
von den Graden der Kaͤlte aus dem Zufrieren der ſte-
henden und fließenden Waſſer, aus dem Berſten der
Baͤume ꝛc. die dauerhafte Waͤrme des Fruͤhlings
aus dem Ausſchlagen des Maulbeerbaumes, welcher
von der Art zu ſeyn ſcheint, daß die Waͤrme ſich bis
ganz unter ſeine Wurzel in die Erde dringen, und ſo
tief einen gewiſſen Grad haben muß, ehe der Saft
in denſelben eindringen und ſteigen kann. Wenn
aber das Erdreich einmal ſo tief erwaͤrmt iſt, ſo
moͤgen ein paar Regentage zwar die oberſte Flaͤche
des Bodens erkaͤlten, aber ohne, daß es von
Dauer waͤre ꝛc. Uebrigens ſind die meiſten von
dieſen Zeichen der Waͤrme und Kaͤlte von der Art,
daß ſie mit andern Umſtaͤnden in Verbindung ſte-
hen, und daher von dem, was das Thermometer
zeiget, verſchieden ſind.

§. 676.

Da ferner die Urſache der Wirkung immer vor-
geht, ſo zeigen ſolche Zeichen nicht genau den Grad,
den die Urſache in dem Augenblicke hat, ſondern einen

andern,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0306" n="298"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXI.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 675.</head><lb/>
            <p>Sofern nun dasjenige, de&#x017F;&#x017F;en Grade man durch<lb/>
Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Ur&#x017F;ache<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;ind jede Dinge, worinn &#x017F;ie ihre Wirkung<lb/>
nach ihren Stufen &#x017F;ichtbar oder empfindbar a&#x0364;ußert,<lb/>
dazu dienlich, die Unter&#x017F;chiede die&#x017F;er Grade anzuzei-<lb/>
gen. Man nimmt aber gewo&#x0364;hnlich &#x017F;olche dazu, die<lb/>
bey dem gewa&#x0364;hlten oder vorgegebenen Grad eine be-<lb/>
merkbare Vera&#x0364;nderung leiden. Z. E. man la&#x0364;ßt et-<lb/>
was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis<lb/>
es einge&#x017F;otten, ge&#x017F;chmolzen, &#x017F;o lang es gebraucht,<lb/>
ein Ey hart zu &#x017F;ieden &#xA75B;c. Jm Winter &#x017F;chließt man<lb/>
von den Graden der Ka&#x0364;lte aus dem Zufrieren der &#x017F;te-<lb/>
henden und fließenden Wa&#x017F;&#x017F;er, aus dem Ber&#x017F;ten der<lb/>
Ba&#x0364;ume &#xA75B;c. die dauerhafte Wa&#x0364;rme des Fru&#x0364;hlings<lb/>
aus dem Aus&#x017F;chlagen des Maulbeerbaumes, welcher<lb/>
von der Art zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint, daß die Wa&#x0364;rme &#x017F;ich bis<lb/>
ganz unter &#x017F;eine Wurzel in die Erde dringen, und &#x017F;o<lb/>
tief einen gewi&#x017F;&#x017F;en Grad haben muß, ehe der Saft<lb/>
in den&#x017F;elben eindringen und &#x017F;teigen kann. Wenn<lb/>
aber das Erdreich einmal &#x017F;o tief erwa&#x0364;rmt i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
mo&#x0364;gen ein paar Regentage zwar die ober&#x017F;te Fla&#x0364;che<lb/>
des Bodens erka&#x0364;lten, aber ohne, daß es von<lb/>
Dauer wa&#x0364;re &#xA75B;c. Uebrigens &#x017F;ind die mei&#x017F;ten von<lb/>
die&#x017F;en Zeichen der Wa&#x0364;rme und Ka&#x0364;lte von der Art,<lb/>
daß &#x017F;ie mit andern Um&#x017F;ta&#x0364;nden in Verbindung &#x017F;te-<lb/>
hen, und daher von dem, was das Thermometer<lb/>
zeiget, ver&#x017F;chieden &#x017F;ind.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 676.</head><lb/>
            <p>Da ferner die Ur&#x017F;ache der Wirkung immer vor-<lb/>
geht, &#x017F;o zeigen &#x017F;olche Zeichen nicht genau den Grad,<lb/>
den die Ur&#x017F;ache in dem Augenblicke hat, &#x017F;ondern einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0306] XXI. Hauptſtuͤck. §. 675. Sofern nun dasjenige, deſſen Grade man durch Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Urſache iſt, ſo ſind jede Dinge, worinn ſie ihre Wirkung nach ihren Stufen ſichtbar oder empfindbar aͤußert, dazu dienlich, die Unterſchiede dieſer Grade anzuzei- gen. Man nimmt aber gewoͤhnlich ſolche dazu, die bey dem gewaͤhlten oder vorgegebenen Grad eine be- merkbare Veraͤnderung leiden. Z. E. man laͤßt et- was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis es eingeſotten, geſchmolzen, ſo lang es gebraucht, ein Ey hart zu ſieden ꝛc. Jm Winter ſchließt man von den Graden der Kaͤlte aus dem Zufrieren der ſte- henden und fließenden Waſſer, aus dem Berſten der Baͤume ꝛc. die dauerhafte Waͤrme des Fruͤhlings aus dem Ausſchlagen des Maulbeerbaumes, welcher von der Art zu ſeyn ſcheint, daß die Waͤrme ſich bis ganz unter ſeine Wurzel in die Erde dringen, und ſo tief einen gewiſſen Grad haben muß, ehe der Saft in denſelben eindringen und ſteigen kann. Wenn aber das Erdreich einmal ſo tief erwaͤrmt iſt, ſo moͤgen ein paar Regentage zwar die oberſte Flaͤche des Bodens erkaͤlten, aber ohne, daß es von Dauer waͤre ꝛc. Uebrigens ſind die meiſten von dieſen Zeichen der Waͤrme und Kaͤlte von der Art, daß ſie mit andern Umſtaͤnden in Verbindung ſte- hen, und daher von dem, was das Thermometer zeiget, verſchieden ſind. §. 676. Da ferner die Urſache der Wirkung immer vor- geht, ſo zeigen ſolche Zeichen nicht genau den Grad, den die Urſache in dem Augenblicke hat, ſondern einen andern,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/306
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/306>, abgerufen am 22.11.2024.