Sofern nun dasjenige, dessen Grade man durch Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Ursache ist, so sind jede Dinge, worinn sie ihre Wirkung nach ihren Stufen sichtbar oder empfindbar äußert, dazu dienlich, die Unterschiede dieser Grade anzuzei- gen. Man nimmt aber gewöhnlich solche dazu, die bey dem gewählten oder vorgegebenen Grad eine be- merkbare Veränderung leiden. Z. E. man läßt et- was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis es eingesotten, geschmolzen, so lang es gebraucht, ein Ey hart zu sieden etc. Jm Winter schließt man von den Graden der Kälte aus dem Zufrieren der ste- henden und fließenden Wasser, aus dem Bersten der Bäume etc. die dauerhafte Wärme des Frühlings aus dem Ausschlagen des Maulbeerbaumes, welcher von der Art zu seyn scheint, daß die Wärme sich bis ganz unter seine Wurzel in die Erde dringen, und so tief einen gewissen Grad haben muß, ehe der Saft in denselben eindringen und steigen kann. Wenn aber das Erdreich einmal so tief erwärmt ist, so mögen ein paar Regentage zwar die oberste Fläche des Bodens erkälten, aber ohne, daß es von Dauer wäre etc. Uebrigens sind die meisten von diesen Zeichen der Wärme und Kälte von der Art, daß sie mit andern Umständen in Verbindung ste- hen, und daher von dem, was das Thermometer zeiget, verschieden sind.
§. 676.
Da ferner die Ursache der Wirkung immer vor- geht, so zeigen solche Zeichen nicht genau den Grad, den die Ursache in dem Augenblicke hat, sondern einen
andern,
XXI. Hauptſtuͤck.
§. 675.
Sofern nun dasjenige, deſſen Grade man durch Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Urſache iſt, ſo ſind jede Dinge, worinn ſie ihre Wirkung nach ihren Stufen ſichtbar oder empfindbar aͤußert, dazu dienlich, die Unterſchiede dieſer Grade anzuzei- gen. Man nimmt aber gewoͤhnlich ſolche dazu, die bey dem gewaͤhlten oder vorgegebenen Grad eine be- merkbare Veraͤnderung leiden. Z. E. man laͤßt et- was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis es eingeſotten, geſchmolzen, ſo lang es gebraucht, ein Ey hart zu ſieden ꝛc. Jm Winter ſchließt man von den Graden der Kaͤlte aus dem Zufrieren der ſte- henden und fließenden Waſſer, aus dem Berſten der Baͤume ꝛc. die dauerhafte Waͤrme des Fruͤhlings aus dem Ausſchlagen des Maulbeerbaumes, welcher von der Art zu ſeyn ſcheint, daß die Waͤrme ſich bis ganz unter ſeine Wurzel in die Erde dringen, und ſo tief einen gewiſſen Grad haben muß, ehe der Saft in denſelben eindringen und ſteigen kann. Wenn aber das Erdreich einmal ſo tief erwaͤrmt iſt, ſo moͤgen ein paar Regentage zwar die oberſte Flaͤche des Bodens erkaͤlten, aber ohne, daß es von Dauer waͤre ꝛc. Uebrigens ſind die meiſten von dieſen Zeichen der Waͤrme und Kaͤlte von der Art, daß ſie mit andern Umſtaͤnden in Verbindung ſte- hen, und daher von dem, was das Thermometer zeiget, verſchieden ſind.
§. 676.
Da ferner die Urſache der Wirkung immer vor- geht, ſo zeigen ſolche Zeichen nicht genau den Grad, den die Urſache in dem Augenblicke hat, ſondern einen
andern,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0306"n="298"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XXI.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 675.</head><lb/><p>Sofern nun dasjenige, deſſen Grade man durch<lb/>
Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Urſache<lb/>
iſt, ſo ſind jede Dinge, worinn ſie ihre Wirkung<lb/>
nach ihren Stufen ſichtbar oder empfindbar aͤußert,<lb/>
dazu dienlich, die Unterſchiede dieſer Grade anzuzei-<lb/>
gen. Man nimmt aber gewoͤhnlich ſolche dazu, die<lb/>
bey dem gewaͤhlten oder vorgegebenen Grad eine be-<lb/>
merkbare Veraͤnderung leiden. Z. E. man laͤßt et-<lb/>
was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis<lb/>
es eingeſotten, geſchmolzen, ſo lang es gebraucht,<lb/>
ein Ey hart zu ſieden ꝛc. Jm Winter ſchließt man<lb/>
von den Graden der Kaͤlte aus dem Zufrieren der ſte-<lb/>
henden und fließenden Waſſer, aus dem Berſten der<lb/>
Baͤume ꝛc. die dauerhafte Waͤrme des Fruͤhlings<lb/>
aus dem Ausſchlagen des Maulbeerbaumes, welcher<lb/>
von der Art zu ſeyn ſcheint, daß die Waͤrme ſich bis<lb/>
ganz unter ſeine Wurzel in die Erde dringen, und ſo<lb/>
tief einen gewiſſen Grad haben muß, ehe der Saft<lb/>
in denſelben eindringen und ſteigen kann. Wenn<lb/>
aber das Erdreich einmal ſo tief erwaͤrmt iſt, ſo<lb/>
moͤgen ein paar Regentage zwar die oberſte Flaͤche<lb/>
des Bodens erkaͤlten, aber ohne, daß es von<lb/>
Dauer waͤre ꝛc. Uebrigens ſind die meiſten von<lb/>
dieſen Zeichen der Waͤrme und Kaͤlte von der Art,<lb/>
daß ſie mit andern Umſtaͤnden in Verbindung ſte-<lb/>
hen, und daher von dem, was das Thermometer<lb/>
zeiget, verſchieden ſind.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 676.</head><lb/><p>Da ferner die Urſache der Wirkung immer vor-<lb/>
geht, ſo zeigen ſolche Zeichen nicht genau den Grad,<lb/>
den die Urſache in dem Augenblicke hat, ſondern einen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">andern,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[298/0306]
XXI. Hauptſtuͤck.
§. 675.
Sofern nun dasjenige, deſſen Grade man durch
Zeichen kenntlich machen will, eine wirkende Urſache
iſt, ſo ſind jede Dinge, worinn ſie ihre Wirkung
nach ihren Stufen ſichtbar oder empfindbar aͤußert,
dazu dienlich, die Unterſchiede dieſer Grade anzuzei-
gen. Man nimmt aber gewoͤhnlich ſolche dazu, die
bey dem gewaͤhlten oder vorgegebenen Grad eine be-
merkbare Veraͤnderung leiden. Z. E. man laͤßt et-
was auf dem Feuer bis es nicht mehr rauchet, bis
es eingeſotten, geſchmolzen, ſo lang es gebraucht,
ein Ey hart zu ſieden ꝛc. Jm Winter ſchließt man
von den Graden der Kaͤlte aus dem Zufrieren der ſte-
henden und fließenden Waſſer, aus dem Berſten der
Baͤume ꝛc. die dauerhafte Waͤrme des Fruͤhlings
aus dem Ausſchlagen des Maulbeerbaumes, welcher
von der Art zu ſeyn ſcheint, daß die Waͤrme ſich bis
ganz unter ſeine Wurzel in die Erde dringen, und ſo
tief einen gewiſſen Grad haben muß, ehe der Saft
in denſelben eindringen und ſteigen kann. Wenn
aber das Erdreich einmal ſo tief erwaͤrmt iſt, ſo
moͤgen ein paar Regentage zwar die oberſte Flaͤche
des Bodens erkaͤlten, aber ohne, daß es von
Dauer waͤre ꝛc. Uebrigens ſind die meiſten von
dieſen Zeichen der Waͤrme und Kaͤlte von der Art,
daß ſie mit andern Umſtaͤnden in Verbindung ſte-
hen, und daher von dem, was das Thermometer
zeiget, verſchieden ſind.
§. 676.
Da ferner die Urſache der Wirkung immer vor-
geht, ſo zeigen ſolche Zeichen nicht genau den Grad,
den die Urſache in dem Augenblicke hat, ſondern einen
andern,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/306>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.